Viele Kunden schließen Stromtarife ab, die ohne fossile Brennstoffe auskommen. Trotzdem wirkt sich der CO2-Preis auf sie aus. Woran liegt das?
Bei der Wahl des Stromtarifs setzen immer mehr Kunden auf Angebote, die 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien versprechen. Neben der Überzeugung, etwas Gutes fürs Klima zu tun, spielt bei einigen auch das Kalkül mit hinein, damit günstiger wegzukommen. Schließlich dürften sie dann nicht mit dem steigenden CO2-Preis belastet werden – oder etwa doch?
Das fragt sich ein t-online-Leser, der Anfang des Jahres einen Ökostromtarif bei Vattenfall abgeschlossen hat. „Dann dürften mir keine CO2-Kosten in Rechnung gestellt werden, weil ich keine fossilen Brennstoffe verwende, oder?“, schreibt der Kunde. Doch so einfach ist es nicht.
CO2-Preis verteuert Ökostrom indirekt
Richtig ist, dass der CO2-Preis normalerweise nicht als separater Posten auf der Stromrechnung für private Haushalte ausgewiesen wird. „Lediglich die Zusammensetzung des Strommixes und die möglichen Umweltauswirkungen, also die Menge an CO2, die bei der Stromproduktion entstanden ist, werden auf der Rechnung angegeben“, erklärt Henning Herbst, Referent Strommarkt und Erneuerbare Energien beim Verbraucherzentrale Bundesverband.
Trotzdem verteuert ein steigender CO2-Preis auch Ökostrom, obwohl dieser offiziell als CO2-frei gilt. Das liegt an der Art, wie Strompreise gebildet werden. Und da spielen fossile Energien eine große Rolle.
„Der Strompreis orientiert sich am Stromerzeugungsmix, also an den Anteilen an erneuerbarer und fossiler Energie, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden“, sagt Herbst. „Steigt der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromerzeugungsmix, können Kraftwerke, welche nur zu hohen Kosten produzieren können, aus dem Markt verdrängt werden. Dies senkt den Strompreis und umgekehrt.“
Teuerstes Kraftwerk bestimmt den Preis
Je weniger Strom aus erneuerbaren Energien am Markt vorhanden ist, desto wahrscheinlicher ist es also, dass Gas- oder Kohlekraftwerke den Preis nach oben treiben. Denn die Energieversorger decken sich an den Strombörsen mit dem Strom ein, den sie ihren Kunden später liefern. Und dort gilt das sogenannte Merit-Order-Prinzip: Den Preis setzt einheitlich für alle Abnehmer das Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten, also das Werk, das gerade noch nötig ist, um die Nachfrage zu decken. Und das sind eben häufig Gas- oder Kohlekraftwerke, die den CO2-Preis zahlen müssen.
Gut zu wissen
Energieversorger können Strom auch in außerbörslichen Geschäften erwerben. Der Preis orientiert sich aber in der Regel am Preis der Strombörsen.
Wann der CO2-Preis keine Rolle spielt
Wer als Ökostromkunde also denkt, er bleibe von CO2-bedingten Preiserhöhungen verschont, irrt sich. „Die Verbraucherstrompreise werden indirekt von der Höhe des CO2-Preises beeinflusst“, sagt Energieexperte Herbst. Bereits heute gebe es aber einzelne Stunden am Spotmarkt, in denen die Stromnachfrage komplett aus erneuerbaren Energien gedeckt werden könne. „In diesen Zeiten hat der CO2-Preis bereits heute keinen Einfluss mehr auf das Niveau des Strompreises.“
Erst wenn überhaupt keine fossilen Energien mehr benötigt werden, um den Strombedarf zu decken, verteuert der CO2-Preis die Ökostromtarife nicht mehr.
Wichtig
Der CO2-Preis, den Gas- und Kohlekraftwerke zahlen, ergibt sich aus dem EU-Emissionshandel (ETS). Der deutsche CO2-Preis nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz, der 2024 auf 45 Euro pro Tonne gestiegen ist, hat auf den Strompreis keinen Einfluss – wohl aber auf die Kosten fürs Tanken und Heizen (mehr dazu hier).