Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M), Hendrik Wüst (CDU, 2.v.l), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Franziska Giffey (SPD, 2.v.r), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, kommen zur
Pressekonferenz nach einem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung.
(Foto: dpa)
Einigkeit sollte die Bund-Länder-Runde am Freitag vielleicht am deutlichsten signalisieren. Doch sie bröckelt in zentralen Fragen. „Es gibt Einigkeit in der deutschen Politik, was als Nächstes zu tun ist“, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Ministerpräsidentenkonferenz am Freitag.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ergänzte: „Wir haben sehr, sehr viel Einigkeit zwischen Bund und Ländern in der Pandemie-Bekämpfung.“ Und für Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) waren die vergleichsweise zügigen Beratungen ein Zeichen dafür, dass – Sie ahnen es – man sich sehr, sehr einig struggle.
Das klingt intestine, denn was bringen diese Corona-Gipfel schon, wenn man Ende ohnehin jeder macht, was er will? Bei Treffen während der ersten drei Wellen torpedierten Länderchefs in eigenen Erklärungen die Beschlüsse, noch bevor sie verkündet waren. Ausgerechnet vor der sich auftürmenden Omikron-Welle ist dies wieder der Fall.
Kurz nach dem Ende der Videoschalte erklärte Sachsen-Anhalts Länderchef Reiner Haseloff (CDU), dass er die beschlossene 2G-Plus-Regel in Eating places, Bars und Cafes nicht umsetzen wolle. Auch Bayern erklärte, die Regel erst sorgfältig prüfen zu wollen.
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Gleiches gilt bei der allgemeinen Impfpflicht: Scholz erklärte, alle 16 Bundesländer seien dafür. Darüber müsse nun zügig im Bundestag beraten werden. Gleichzeitig aber ist seine Ampel-Koalition in der Frage bislang uneins, insbesondere die FDP macht mit einem Antrag gegen die Impfpflicht mobil, Ende offen.
Einigkeit ist kein Selbstzweck
Auch in der Frage, ob die epidemische Lage wieder festgestellt werden müsse, sind sich die Pandemiepolitiker nicht einig. Die unionsgeführten Länder warben – wie schon vor vorangegangenen Gipfeln – dafür in einem gemeinsamen Papier vor den Bund-Länder-Beratungen, auch das von den Grünen geführte Baden-Württemberg ist dafür. Damit wären weitreichende Schließungen von Geschäften und Schulen möglich. Die Frage spaltet offenbar die Länderchefs.
Einigkeit ist kein Selbstzweck, sie ist ein wichtiges Sign an die Bevölkerung und die Wirtschaft. Wenn nicht einmal die von den Maßnahmen überzeugt sind, die sie verantworten – wie können es dann jene sein, die sie ganz entscheidend mittragen müssen? Die Frustration und Wut bei Betroffenen ist so schon groß. Der Handel oder das Gastrogewerbe fürchten wegen der 2G- oder 2G-Plus-Regel um ihre Existenz – trotz der Coronahilfen.
Gleichzeitig gehen manchen Fachleuten die beschlossenen Maßnahmen noch nicht weit genug. Sie wollen am liebsten wieder Teile der Wirtschaft dichtmachen, um das Gesundheitssystem zu schützen. Die regierende Politik muss beide Lager einbinden – und nicht selbst in Lager zerfallen. Sonst drängt sich der Eindruck auf, dass die Maßnahmen willkürlich sind und eine einheitliche Strategie fehlt. Und das ist Present in der Pandemie.
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