Frankfurt Immer mehr Fluggesellschaften aus Europa reagieren auf die wachsende Kriegsgefahr in der Ukraine. Nachdem am Wochenende die niederländische Fluggesellschaft KLM erklärt hatte, die Ukraine nicht mehr ansteuern zu wollen, informierte zu Wochenbeginn die Billig-Airline Norwegian, dass sie den Schwarzmeer-Staat nicht mehr überfliegen wird.
Auch British Airways scheint das Krisengebiet bereits zu umfliegen. Darauf deutet jedenfalls ein Twitter-Publish eines Frachtpiloten hin, der von einem längeren Flug wegen des Ukrainekonflikts berichtet hat. Auch Daten von Flightradar zeigen die Umwege. Ein offizielles Assertion der Fluggesellschaft gibt es bislang nicht.
Lufthansa hält aktuell an Ukraineflügen fest und verweist unter anderem darauf, dass es noch keine entsprechende Warnung der europäischen Luftfahraufsicht Easa gibt. Doch in der Branche geht man davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch die deutsche Airline-Gruppe Konsequenzen zieht.
Eines hat niemand in der Branche vergessen: den tragischen Abschuss von MH 17, einem Flug von Malaysian Airways. Der Jet wurde am 17. Juli 2014 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur über der Ostukraine abgeschossen. Dabei kamen alle 298 Insassen ums Leben. Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Lenkwaffe russischen Typs von prorussischen Rebellen abgefeuert wurde, auch wenn der Kreml das bis heute bestreitet.
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Hinzu kommt: Für Airways wird es immer schwieriger, gegenüber Leasinggesellschaften und Versicherungen Flüge in oder über das Gebiet zu rechtfertigen. Das hat zunächst der nationale Anbieter Ukraine Worldwide Airways (UIA) zu spüren bekommen. Aus Sorge um die eigenen Maschinen hat das Unternehmen zu Wochenbeginn mehrere seiner Flugzeuge außer Landes und in sicheres Terrain gebracht. Der Versicherungsschutz sei wegen der Krise erloschen, hieß es zur Begründung.
Leasingfirmen und Versicherungen werden nervös
Auch Leasingunternehmen reagieren zunehmend nervös. So musste der ukrainische Billiganbieter Flüge aussetzen oder umrouten, weil die die Maschinen verleasende Firma darauf bestanden hatte. Auch ein speziell für solche Fälle initiiertes Hilfsprogramm der Regierung in Kiew, das Garantien für die Luftfahrt mit einem Volumen von 500 Millionen Euro bereitstellt, ändert an der schwierigen Scenario nichts.
Für eine Airline ist es eine heikle Entscheidung, eine Flugverbindung in ein Land umgehend einzustellen. Aktuell haben zahlreiche Regierungen ihre Landsleute aufgefordert, die Ukraine zu verlassen. Dafür braucht es Flüge. Auf diesen Punkt wird bei Airways wie Lufthansa stets bei der Frage verwiesen, warum das Administration zuweilen später als andere entscheidet, ein Land wegen einer geopolitischen Krise vorerst aus dem Flugplan zu streichen.
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Wirtschaftlich dürften die Folgen der Krise vorerst gering sein. Nach dem Abschuss von MH17 dürfen kommerzielle Flüge schon seit 2014 nicht mehr die Ostukraine und die Krim überfliegen. Generell meiden Airways so weit wie möglich die Ukraine wegen des seit Jahren dauernden Konflikts mit Russland. Das zeigen Daten von Flightradar. Im Westen des Landes befanden sich am Montagabend zwar noch Jets, aber nur wenige.
Der Verkehr direkt in die Ukraine machte bei den großen europäischen Airways bisher zudem nur einen kleinen Teil des Geschäfts aus. Selbst bei der auf den Osten fokussierten ungarischen Wizz Air entfallen weniger als fünf Prozent der gesamten Kapazität auf diese Strecken.
Größere Folgen kann es allerdings geben, sollte tatsächlich ein Krieg ausbrechen. Erfahrungsgemäß wird dann ein größeres Gebiet zur Sperrzone erklärt. Die Airways müssten längere Umwege in Kauf nehmen.
Betroffen wären davon vor allem Flüge Richtung Asien. Die konkreten Folgen sind schwer abzuschätzen. Einerseits ist der Passagierverkehr nach Asien wegen der Pandemie immer noch auf geringem Niveau – anders als etwa in Richtung Nordamerika. Andererseits gibt es einen regen Frachtverkehr zwischen Asien und Europa. Hier wären die Folgen eines Krieges spürbar und für die derzeit ohnehin fragilen Lieferketten ein weiterer Rückschlag.
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