Die hohen Energiepreise machen viele Produktionen unrentabel.
(Foto: obs)
Brüssel, Berlin Garantien, subventionierte Kredite und Energiekostenzuschüsse: Die EU-Kommission will ihren Mitgliedstaaten ermöglichen, notleidende Unternehmen zu unterstützen. Wie in der Coronakrise sollen nun auch im Ukrainekrieg Staatshilfen möglich sein. Das geht aus einem Papier hervor, das gerade in der EU-Kommission fertiggestellt wird. Ein Entwurf dafür liegt dem Handelsblatt vor.
Im Falle „außergewöhnlich starker Erhöhungen der Fuel- und Strompreise“ könnten die Staaten mit „direkten Zuschüssen, Steuer- und Zahlungserleichterungen oder anderen Formen wie rückzahlbaren Vorschüssen, Bürgschaften, Darlehen und Beteiligungen“ eingreifen.
Vorgesehen sind dabei allerdings Obergrenzen. Im Entwurf ist von 30 Prozent der beihilfefähigen Kosten bis zu einem Höchstbetrag von zwei Millionen Euro die Rede. Beide Werte stehen in eckigen Klammern, was üblicherweise bedeutet, dass es dazu noch keine finale Entscheidung gibt.
Sollten Unternehmen darüber hinaus in Zahlungsschwierigkeiten geraten, können die Staaten Unternehmen in Kind von Garantien oder subventionierten Krediten auch direkt unterstützen. Auch hier wird es Grenzen geben. Im Entwurf ist von zehn Prozent des Jahresumsatzes die Rede oder von 30 Prozent der jährlichen Energiekosten. Sollten die Mitgliedstaaten darüber hinaus gehen wollen, müssen sie sich das von der Kommission genehmigen lassen.
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„Die Maßnahmen sind ein richtiger erster Schritt, müssen aber regelmäßig überprüft werden“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Wenn der Krieg in der Ukraine und die Energiepreiskrise länger andauern, werden sich die erlaubten Beihilfebeträge schnell als zu niedrig herausstellen.“
Bundesregierung steht schon in den Startlöchern
Das EU-Papier wird in Berlin dringend erwartet. In der Bundesregierung gibt es einige Ideen für Wirtschaftshilfen. Was umgesetzt werden kann, hänge aber davon ab, welche Möglichkeiten Brüssel eröffnet, bestätigten mehrere Regierungsvertreter dem Handelsblatt. Diskutiert wird demnach über Schadensersatzzahlungen oder direkte Hilfen. Außerdem könnte der vereinfachte Zugang zum Kurzarbeitergeld verlängert werden.
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Für die gebeutelte Energiewirtschaft wird zudem an einem eigenen Hilfspaket gearbeitet. Dafür könnte der 600 Milliarden Euro umfassende Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) aus der Coronakrise umgewidmet werden, mit dem unter anderem die Lufthansa gerettet worden struggle. Der WSF wäre aktuell das größte vorstellbare Hilfsinstrument.
Das Geld aus dem Fonds kann für direkte Beteiligungen wie auch für Kreditgarantien eingesetzt werden. Allerdings sind die rechtlichen Hürden für eine Umwidmung entsprechend hoch. Womöglich muss es strengere Auflagen geben.
Offiziell angekündigt hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits ein Kreditprogramm der staatlichen KfW-Förderbank. Das Programm soll „zeitnah“ starten. Auch das Kreditprogramm hängt von der Lockerung des beihilferechtlichen Rahmens durch die EU-Kommission ab.
Insbesondere die Energiewirtschaft leidet unter der aktuellen Lage. Bei der Bundesregierung ist nach Handelsblatt-Informationen bereits der Antrag des Energiekonzerns VNG auf ein KfW-Darlehen in Milliardenhöhe eingegangen, weil das Unternehmen fürchtet, einen Gaslieferstopp aus Russland nicht abfedern zu können.
Auch in der Industrie mehren sich die Rufe nach breit angelegten Staatshilfen. In energieintensiven Branchen wie Metall, Glas, Papier und Chemie wird eine Pleitewelle befürchtet.
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