Von außen wirkt die „Grönland“ unscheinbar, doch das Segelschiff ist vollgepackt mit Rekorden und Historie. Wird sie Gast bei der „Sail Bremerhaven“ sein?
Keine wärmende Thermowäsche, kein Solarstrom und auch keine ausgeklügelten Navigationssysteme, geschweige denn Notfallassistenten, falls doch mal etwas gehörig schiefgeht: Die Welt vor mehr als 150 Jahren war eine vollkommen andere. Das hielt einen unerschrockenen Forscher jedoch nicht davon ab, in die entlegensten Ecken des Globus zu reisen – und das nur mit einem Segelschiff. Doch genau das tat Carl Koldewey.
Am 24. Mai 1868 brach der Hamburger zusammen mit seiner zwölfköpfigen Crew auf in die Arktis. Er wollte einen Weg durch das Packeis zum Nordpol und zu eisfreiem Wasser finden. Gelungen ist ihm dies zwar nicht, dennoch konnten Koldewey und seine Unterstützer Daten zu Luft- und Wassertemperatur, Windstärken, Meeresströmungen und Eisdicken sammeln. Viele der wissenschaftlichen Ergebnisse hätten bis heute ihre Gültigkeit, schreibt die Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung, kurz BIS.
Drei Monate Forschung unter den widrigsten Bedingungen
Drei Monate waren die Forscher unterwegs, erst am 10. Oktober 1868 kehrte die „Grönland“ von der ersten deutschen Arktisexpedition zurück. Unter dem Jubel der Menschen lief das Schiff in Bremerhaven ein. Heute gehört die „Grönland“ zum Bestand des Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) der Seestadt. Ein Rekordhalter, dessen Existenz an ein „Wunder grenzt“, sagt Dr. Lars Kröger.
Kröger ist Schiffsarchäologe am DSM und sagte 2018, anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Seglers: „Normalerweise werden solche Schiffe für eine Nutzung von 30 bis 40 Jahren gebaut.“ Dass die „Grönland“ nicht bereits am Boden des Meeresgrunds liege oder verschrottet wurde, sei einmalig.
Segler galt lange Zeit als verschollen
Doch bis die „Grönland“ zum DSM gehörte, sollten noch viele Jahre vergehen. Erst 1973 wurde sie in den Bestand aufgenommen. Zuvor führte ihr Weg ab 1871 nach Norwegen, erst rund 100 Jahre später, im Jahr 1973, wurde das Segelschiff durch Zufall aufgespürt, nach Bremerhaven gebracht und dort wieder in Schuss gesetzt.
Trotz seiner robusten Bauweise – Koldewey ließ die Außenhaut zum Beispiel zusätzlich mit extra dickem Holz auskleiden – nagt auch an der „Grönland“ der Zahn der Zeit. Seit fast vier Jahren liegt das Schiff nun schon in einer dänischen Spezialwerft und wird dort restauriert.
Das älteste, noch segelnde Schiff Deutschlands wird dort wieder flott gemacht. Langsam, aber sicher mache sich jedoch die Sorge breit, dass die „Grönland“ nicht rechtzeitig zur „Sail Bremerhaven“ im August 2025 zurückkehren könnte. Das schreibt die „Nordsee-Zeitung“.
Segler wird in Dänemark flott gemacht – rechtzeitig zur „Sail“?
Erst in diesem Sommer sollen die Arbeiten fortgesetzt werden, dann bliebe noch etwa ein Jahr, bis eines der größten Windjammer-Festivals Europas in der Seestadt beginnt. DSM und Förderverein sind optimistisch, dass das klappt. Doch es wird „sportlich“, zitiert die Zeitung den Fördervereinsvorsitzenden Jörg Schulz.
Zurzeit werde ein ausführliches Leistungsverzeichnis erstellt, schilderte DSM-Sprecher Thomas Joppig. Es sei die Basis für den finalen Zuwendungsbescheid und die spätere Ausschreibung. Die Sanierung des Schiffs werde wohl mehrere Millionen Euro kosten. Eine Million Euro komme vom Förderverein, zwei weitere sollen von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM), Claudia Roth (Grüne), kommen. Dann heißt es: Daumen drücken und hoffen, dass die Bremerhavener eines ihrer segelnden Wahrzeichen bald wieder im Hafen bestaunen können.