New York Russland und die Ukraine wollen ihre Friedensverhandlungen am Dienstag fortsetzen. Die Delegationen hatten sich am Montag wegen einer „technischen Pause“ vertagt. Seine Delegation habe gute Arbeit geleistet, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in der Nacht zum Dienstag.
Die Ukraine strebt bei den Verhandlungen mit Russland vor allem Sicherheitsgarantien für die Zukunft an. „Wir wollen, dass sich diese Scenario nie wiederholen kann“, sagte Ihor Showkwa, der außenpolitische Berater des ukrainischen Präsidenten, am Montag in den ARD-„Tagesthemen“ laut Übersetzung des Senders. In den Verhandlungsrunden seien zuletzt Überlegungen angestellt worden „über eine mögliche friedliche Lösung, mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach Beendigung der Kriegshandlungen“.
Selenski sagte, er habe am Montag den israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett gebeten, für den Frieden auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin einzuwirken. Die russischen Soldaten forderte er auf, den Kampf zu beenden. Er kündigte an, die Schuldigen für die Kriegshandlungen in der Ukraine ohne Nachsicht zur Verantwortung ziehen zu wollen.
„Wir arbeiten mit den Partnern an neuen Strafmaßnahmen gegen den russischen Staat“, sagte er in einer in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten Videobotschaft. „Jeder, der für den Krieg verantwortlich ist. Jeder, der für die Zerstörung der Demokratie verantwortlich ist. Jeder, der für Repressionen gegen Menschen verantwortlich ist. Jeder bekommt eine Antwort.“
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Das russische Militär sei definitiv verantwortlich für Kriegsverbrechen, für eine „bewusst geschaffene humanitäre Katastrophe“ in ukrainischen Städten, sagte Selenski in dem Clip, der ihn in Militärkluft im Präsidialamt in Kiew zeigt.
Nach der Ansicht Selenski beginne Russland zu erkennen, dass es mit dem Krieg nichts erreichen werde. „Einen solchen Widerstand hatten sie nicht erwartet. Sie glaubten ihrer Propaganda, die seit Jahrzehnten über uns lügt.“ Die russische Armee habe binnen 19 Kriegstagen in der Ukraine höhere Verluste erlitten als während der beiden Tschetschenien-Kriege, sagte Selenski. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
Auch säht Selenski Zweifel an der Ethical der russischen Streitkräfte. Aus abgehörten Telefonaten russischer Soldaten mit ihren Familien zuhause wisse man, was viele „wirklich über diesen Krieg“ denken. „Ich weiß, dass ihr überleben wollt.“
Aktivistin unterbricht Fernsehsendung
Er sei jenen Russen dankbar, „die nicht aufhören, die Wahrheit zu sagen“, meinte Selenski unter Verweis auf Anti-Kriegs-Proteste in Russland. Als Beispiel nannte er eine Frau, die am Montagabend das russische Staatsfernsehen mit einer Anti-Kriegs-Botschaft unterbrochen hatte.
In einer Stay-Sendung im staatlichen russischen Fernsehsender Kanal 1 am Montagabend tauchte plötzlich eine Frau hinter der Studiomoderatorin auf, die ein Schild mit der Aufschrift „Kein Krieg. Stoppt den Krieg. Glauben Sie nicht der Propaganda. Sie belügen Sie hier“ hochhielt.
Bei der Aktivistin handelt es sich offenbar um einer Mitarbeiterin des Senders. Nach wenigen Sekunden schaltete der Sender auf einen Bericht um. Kanal 1 erklärte später, man führe eine interne Überprüfung des Vorfalls durch. Das Staatsfernsehen ist die Hauptnachrichtenquelle für viele Millionen Russen und hält sich eng an die Kreml-Linie.
In einem Video, das vor dem Vorfall aufgezeichnet worden sein soll und anschließend on-line gestellt wurde, beschrieb sich eine Frau, die die Aktivistin zu schein schien, als Mitarbeiterin des Senders. Sie sagte, dass sie sich dafür schäme, jahrelang Kreml-Propaganda verbreitet zu haben. Ihr Vater sei Ukrainer, ihre Mutter Russin. Was derzeit in der Ukraine passiere, sei ein Verbrechen und Russland sei der Aggressor. Die Verantwortung liege bei einem Mann und dieser sei Präsident Wladimir Putin. Sie rief das russische Volk auf, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren.
Fluchtkorridore scheitern zum Teil erneut
In der Ukraine spitzt sich die Lage unterdessen weiter zu. Über Fluchtkorridore sollen weiterhin Zivilisten in Sicherheit gebracht werden – bislang klappt das mit nur mäßigem Erfolg. Am Montag hätten nur sieben von zehn geplanten Korridoren aus besonders umkämpften Städten oder Dörfer funktioniert. Dabei seien insgesamt rund 4000 Menschen in sicherere Gebiete gebracht worden, sagte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der ukrainischen Agentur Unian am Abend. Die meisten Zivilisten kamen aus der Area Kiew (2028).
Hingegen scheiterten Evakuierungen aus Mariupol auch am 19. Kriegstag weitgehend. Auch eine Hilfskolonne mit Medikamenten und Wasser für die belagerte Hafenstadt werde weiter blockiert, sagte Wereschtschuk. Die Stadt meldet besonders hohe Opferzahlen. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden in Mariupol seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2357 Menschen getötet.
So berichtet das Handelsblatt über den Ukrainekrieg:
Mariupol mit etwa 400.000 Einwohnern ist seit Tagen von russischen Einheiten umzingelt und vom Relaxation des Landes abgeschnitten. Ein Berater des Bürgermeisters von Mariupol, Petro Andrjuschtschenko, nannte die Lage in der Stadt „unmenschlich“: „Kein Essen, kein Wasser, kein Licht, keine Wärme.“ Er befürchte viel mehr Tote – mit zunehmender Intensität der Angriffe könnte die Zahl der Opfer auf bis zu 20.000 betragen.
Der ukrainische Präsident Selenski sagte, bereits drei Tage lang würden 100 Tonnen Lebensmittel, Wasser und Medikamente für Mariupol nicht zur Stadt durchgelassen. Die Regierung in Kiew werde jedoch alles versuchen, um den Menschen zu helfen. Auch Evakuierungsversuche scheiterten bisher weitgehend.
Die ukrainischen Behörden warfen Russland zudem vor, Fahrzeuge mit flüchtenden Zivilisten aus dem Ort Hostomel bei Kiew mit Mörsern beschossen zu haben. Dabei seien eine Frau getötet und zwei Männer verletzt worden. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
Russland könnte zudem weiterhin den Einsatz chemischer oder biologischer Waffen planen, so die Ansicht des britischen Verteidigungsministeriums. Großbritannien und auch die USA hatten bereits vergangene Woche solche Befürchtungen geäußert. Russland könne einen vorgetäuschten Angriff auf russische Truppen als Anlass nehmen, solche Waffen einzusetzen, twitterte die britische Behörde am Montagabend.
Mit Agenturmaterial
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