Barrikade auf dem Maidan-Platz in Kiew.
(Foto: AP)
New York Wie geht es weiter in Kiew? In der Nacht blieb die ukrainische Hauptstadt von Angriffen verschont. Doch vor Kiew baut sich die russische Drohkulisse weiter auf: Satellitenbilder zeigen einen Militärkonvoi von 64 Kilometern Länge, der sich nähert.
Militärstrategen erwarten, dass die Stadt möglicherweise eingekesselt wird. Russlands Kriegserfahrungen in Syrien könnten das Vorbild sein: Dort wurden Großstädte wie Aleppo und Idlib umzingelt und sturmreif gebombt.
Im ostukrainischen Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, griffen russische Soldaten nach einem Medienbericht ein medizinisches Zentrum des Militärs an. Es sei zum Kampf mit ukrainischen Einheiten gekommen, meldete die Agentur Unian. Bei Charkiw sei es den Ukrainern gelungen, sechs neue russische Panzer vom Typ T-80BWM zu erbeuten.
In der südukrainischen Stadt Cherson feuerte ein russischer Panzer nach Angaben der Agentur Ukrinform in ein Gebäude des ukrainischen Geheimdienstes SBU.
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Aus der ukrainischen Großstadt Schytomyr ist am Dienstagabend ein Luftangriff gemeldet worden. Marschflugkörper haben dort offenbar zahlreiche Wohnhäuser getroffen, sowie ein Krankenhaus. Die Angaben ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
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Biden spricht zur Nation
In den USA hat Präsident Joe Biden seine mit Spannung erwartete Rede zur Lage der Nation gehalten. Die Ukrainekrise warfare darin das Hauptthema. Biden betonte die Einigkeit des Westens und lobte die ergriffenen Maßnahmen, die Russland weiter isolieren würden.
„Wenn Diktatoren keinen Preis für ihre Aggression zahlen, verursachen sie mehr Chaos“, sagte der US-Präsident. „Putin magazine Kiew mit Panzern einkreisen, aber er wird niemals die Herzen und Seelen der Ukrainer gewinnen.“ Auch werde der russische Präsident „niemals die Entschlossenheit der freien Welt schwächen.“
Der US-Präsident kündigte an, dass die USA ihren Luftraum für alle russischen Flugzeuge sperren werde. Zuvor hatten bereits die EU und Kanada diesen Schritt angekündigt.
Biden rief die Abgeordneten und Senatoren des US-Kongresses dazu auf, sich zu erheben, und „ein unmissverständliches Sign an die Ukraine und die Welt zu senden“. Über Putin sagte der US-Präsident: „Er hat keine Ahnung, was auf ihn zukommt.“
>>> Lesen Sie hier: Bidens Rede zur Lage der Nation: Putin hat sich bei der Ukraine „verkalkuliert“
Bundesaußenminister Annalena Baerbock forderte bei den Vereinten Nationen eine Decision gegen Russland. In ihrer Rede in New York sagte Baerbock: „Heute müssen wir uns alle zwischen Frieden und Aggression, zwischen Gerechtigkeit und dem Willen des Stärkeren, zwischen Handeln und Wegschauen entscheiden.“
Die UN-Vollversammlung warfare am Dienstagabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengetreten. Der Sicherheitsrat hatte auch gegen das Veto von Russland die Vollversammlung einberufen, um Russland wegen der Invasion mit einer Decision zu verurteilen. Die Abstimmung soll am Mittwoch erfolgen.
Baerbock sprach vor dem UN-Gremium von „dreisten Lügen“ Moskaus: „Sie sagen, sie handeln in Notwehr. Aber die ganze Welt hat zugesehen, wie sie monatelang Ihre Truppen aufgebaut haben, um sich auf diesen Angriff vorzubereiten.“
An den russischen Außenminister Sergej Lawrow gewandt sagte Baerbock: „Sie können sich selbst etwas vormachen. Aber Sie werden uns nicht täuschen. Und Sie werden ihre eigene Bevölkerung nicht täuschen.“
>>> Lesen Sie hier: Baerbock plädiert vor der N-Vollversammlung für Decision gegen Russland.
Warnung vor Cyberterrorismus
Experten fürchten einen Anstieg von Terroranschlägen in der Ukraine – vor allem im Bereich der Cyberkriminalität. Russland seien bereits eine ganze Reihe von Angriffen auf die Computersysteme der Ukraine und anderer Länder zugeschrieben worden, berichtete die Denkfabrik IEP (Institute for Economics and Peace) am Mittwoch bei der Vorstellung ihres Globalen Terrorismus-Index. „Es ist möglich, dass die Bedrohung durch Cyberterrorismus parallel zur Eskalation des Ukraine-Konflikts weltweit ansteigt“, hieß es.
Privatwirtschaft schließt sich Sanktionskurs an
Die Wirtschaft kehrt sich zusehends von Russland ab. Mehrere große US-amerikanische Konsumgüter-Konzerne kündigten am Dienstagabend an, ihre Produkte nicht mehr in Russland anbieten zu wollen. Darunter der iPhone-Hersteller Apple, Sportartikelhersteller Nike und der Autobauer Ford.
Ebenso kündigte der US-Ölriese ExxonMobil das Ende seiner Geschäftsbeziehungen mit Russland an. Öl-und Gasfördergeschäfte wolle man aufgeben. „Wir verurteilen Russlands militärische Aktionen“, erklärte der größte US-Ölmulti in einer Mitteilung in der Nacht. Das Unternehmen unterstütze die Menschen in der Ukraine und spreche sich für eine starke internationale Reaktion gegenüber Russland aus.
>> Lesen Sie dazu: Erste deutsche Unternehmen steigen aus dem Russland-Geschäft aus
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Deutsche Unternehmer in Russland in Sorge
„Auch für erfahrene und krisenerprobte Supervisor ist der Angriff auf die Ukraine ein Schock. Mit dem Krieg, dem unvorstellbaren menschlichen Leid und dem Vertrauensverlust auf vielen Ebenen wird das, was an jahrzehntelanger erfolgreicher wirtschaftlicher Zusammenarbeit erreicht worden ist, dramatisch zurückgeworfen“, sagte der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK), Matthias Schepp, der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Mittwoch.
Die Kammer hatte schon nach den bisherigen Sanktionen und angesichts der nicht einfachen Geschäftsbedingungen in Russland einen Rückgang an deutschen Unternehmen in Russland beklagt. Deren Zahl sank nach AHK-Angaben 2021 um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zuletzt waren noch 3651 Firmen mit deutschem Kapital im flächenmäßig größten Land der Erde tätig, hieß es unter Berufung auf Angaben der russischen Steuerbehörde. In den vergangenen rund zehn Jahren seien 42 Prozent der Unternehmen abgezogen – 2011 habe es noch 6300 Firmen mit deutschem Kapital in Russland gegeben.
Die deutsche Wirtschaft befürchtet, dass sich der Development, das Land zu verlassen, Kapital abzuziehen, nun massiv beschleunigen könnte. Einige Unternehmen hätten viel zu verlieren. „Diejenigen, die eine Fabrik besitzen, können diese nicht einfach in einen Koffer packen. Die Firmen schauen, wie sie die Dinge am Laufen halten können, um die Investitionen nicht ganz abschreiben zu müssen“, sagte Schepp.
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Nervosität an den Märkten
Anleger beschäftigen sich in des mit der Frage, wie stark der Ukrainekrieg die westliche Wirtschaft treffen wird. Und die Antworten sind offenbar wenig erbaulich. Nach einem ruhigen Wochenauftakt am Montag drehten die globalen Handelsplätze am Dienstag deutlich ins Minus.
Der amerikanische Leitindex Dow Jones schloss 1,86 Prozent tiefer, der marktbreite S& 500 rund 1,6 Prozent tiefer. Der japanische Nikkei lag bis zu Mittagspause 1,9 Prozent unter dem Schlusskurs vom Dienstag.
An der Moskauer Aktienbörse findet auch am Mittwoch kein Handel statt. Das teilt die Zentralbank mit. Einige ausgewählte Geschäfte an dem Handelsplatz sollen aber zum ersten Mal diese Woche möglich sein.
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Mit Agenturmaterial.