Russland und Ukraine wollen die Gespräche am heutigen Dienstag fortsetzen. Börsianer warnen davor, dass sich die Kurserholung der vergangenen Tage als Strohfeuer entpuppen könnte. Zwar verhandele Russland weiter über eine Waffenruhe, beschieße aber weiterhin ukrainische Städte. Gleichzeitig drohe das Land mit der Rückzahlung seiner Devisenschulden in Rubel, was einen Zahlungsausfall bedeuten würde.
Sorgen bereiten Investoren zudem die Möglichkeit von Strafmaßnahmen gegen China, sollte die dortige Regierung Russland bei der Umgehung der westlichen Sanktionen unterstützen. In diesem Fall würde das Risiko einer tiefen Rezession der Weltwirtschaft auf einen Schlag dramatisch steigen. Zudem machte der sprunghafte Anstieg der Corona-Infektionszahlen in China Investoren nervös.
Angesichts dieser Gesamtlage ist es fraglich, ob der Deutsche Aktienindex die psychologisch wichtige 14.000-Punkte-Marke in nächster Zeit nachhaltig überspringt. „Ohne weitere Verhandlungsfortschritte könnten die 14.000 Punkte eine harte, wenn nicht sogar eine unüberwindbare Hürde werden“, sagt Thomas Altmann, Kapitalmarktexperte des Investmenthauses QC Companions.
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Selbst Kurse oberhalb von 14.000 Zählern bedeuteten kein Ende des aktuellen Abwärtstrends, der seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine dynamischer geworden ist. Sie wären Charttechnikern zufolge lediglich ein weiteres Zeichen der Stabilisierung. „Eine erkennbare Bodenbildung konnte sich zuletzt bei 13.095 bis 13.025 Punkten ausbilden“, sagt Martin Utschneider, technischer Analyst des Wertpapierhauses Donner & Reuschel. Der Abwärtsmodus des deutschen Leitindexes sei intakt, fügt er hinzu. Das bisherige Jahrestief des Dax liegt bei 12.438 Zählern.
Ölpreise geben nach
Die diplomatischen Bemühungen sorgen zumindest für etwas Entspannung am Rohölmarkt. Der Preis für die Sorte Brent aus der Nordsee notiert am heutigen Dienstag bei rund 101 Greenback je Barrel (159 Liter) – ein Minus von fünf Prozent. Der Preis für die Sorte WTI sinkt zeitweise ebenfalls um rund fünf Prozent auf 97,40 Greenback. Damit werde Rohöl der Sorte WTI „erstmals seit zwei Wochen für weniger als 100 US-Greenback gehandelt. Aber eine gute Nachricht reicht eben nicht aus, um den Dax weiter nach oben zu treiben“, konstatiert Altmann.
Zumal die Vorgaben aus Asien überwiegend negativ ausfallen: Der Hold-Seng-Index in Hongkong verlor zeitweise quick sechs Prozent und der chinesische Index CSI 300 mehr als vier Prozent. „Die Verkaufswelle in China und Hongkong will einfach nicht abebben“, so der Experte von QC Companions.
Auch eine stärker als erwartet wachsende Industrieproduktion und anziehende Einzelhandelsumsätze könnten dort die Verkäufe nicht stoppen. Das Börsengeschehen im Reich der Mitte werde im Second quick ausschließlich von der politischen Entwicklung dominiert. Wirtschaftsdaten spielten nur noch eine Nebenrolle. Aus technischer Sicht ist der Hold-Seng-Index jetzt so stark überverkauft wie zuletzt 1995, so Altmann.
Neben den Bemühungen um einen Waffenstillstand rückt auch die erwartete Zinswende der US-Notenbank in den Fokus der Investoren. Angesichts der höchsten Inflation seit 40 Jahren setzen Anleger für Mittwoch nach zwei Jahren Niedrigzins auf die erste Erhöhung. Es werde erwartet, dass die Fed die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt anhebt.
Blick auf Einzelwerte
RWE: Die Aktie gibt im Handelsverlauf um mehr als zwei Prozent nach. Der Energiekonzern geht davon aus, im laufenden Geschäftsjahr an das operative Ergebnis von 2021 anknüpfen zu können. RWE bestätigte am Dienstag die Mitte Februar erhöhte Prognose. RWE erwartet im laufenden Jahr beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf Konzernebene 3,6 bis 4,0 Milliarden Euro und ein bereinigtes Nettoergebnis zwischen 1,3 und 1,7 Milliarden Euro.
RWE unterstützt die Bemühungen der Bundesregierung und der EU für eine größere Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Zugleich müsse eine sichere Energieversorgung abgesichert werden, hieß es dazu im Geschäftsbericht. RWE gehört zu den Großkunden des russischen Gaskonzerns Gazprom und hat mit diesem einen langfristigen Liefervertrag. „Welche Auswirkungen die Ukraine-Krise auf den Kontrakt haben wird, ist unbestimmt“, hieß es im Geschäftsbericht.
VW: Die Aktie des Autobauers gibt am Dienstag im Handelsverlauf um rund drei Prozent nach, obwohl Volkswagen seinen Gewinn neben Milliarden-Einsparungen und höheren Fahrzeugpreisen im vergangenen Jahr auch dank Sanierungserfolgen in einigen Regionen der Welt gesteigert hat.
In Südamerika, wo der Autobauer wegen einer verfehlten Modellpolitik jahrelang auf keinen grünen Zweig gekommen battle und viel Geld verbrannte, sei die Ertragswende gelungen, teilte Volkswagen anlässlich seiner Bilanzpräsentation 2021 mit. In Nordamerika – additionally den USA, Kanada und Mexiko – sei die Hauptmarke Volkswagen nach einigen Jahren wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt.
In Europa zahle sich die Elektroauto-Offensive inzwischen aus, und auf seinem größten Markt in China sei der Konzern nach wie vor profitabel und mit einem Marktanteil von 16 Prozent in einer starken Place.
Fraport: Die Papiere des Frankfurter Flughafenbetreibers fallen zeitweise um mehr als sieben Prozent, obwohl Fraport 2021 dank einer gewissen Erholung des Passagierverkehrs in die Gewinnzone zurückgekehrt ist. Auch wegen krisenbedingter Ausgleichszahlungen stand unter dem Strich ein Überschuss von knapp 83 Millionen Euro nach einem Verlust von quick 658 Millionen Euro im Vorjahr, wie das im MDax gelistete Unternehmen in Frankfurt mitteilte.
Wacker Chemie: Die Aktien des MDax-Titels legen im Handelsverlauf gegen den Gesamttrend um quick vier Prozent zu. Nach dem Rekordjahr 2021 wird der Münchener Spezialchemiekonzern Wacker Chemie in diesem Jahr wohl von den stark steigenden Energie- und Rohstoffkosten ausgebremst. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) werde mit 1,2 bis 1,5 (2021: 1,54) Milliarden Euro unter dem Wert des Vorjahres liegen, kündigte das Familienunternehmen an.
Der Umsatz, der im vergangenen Jahr um 32 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro geschnellt battle, soll dagegen auf rund sieben Milliarden Euro weiter steigen. Wacker-Chef Christian Hartel kalkuliert bei Strom und Rohstoffen mit Mehrkosten von einer Milliarde Euro, die aber zum größten Teil über Preiserhöhungen auf die Kunden abgewälzt werden sollen.
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