Aus gesundheitlichen Gründen ist es nicht nötig, täglich mehrere Liter Wasser zu trinken – zumindest für die meisten. Welche Empfehlung sinnvoller ist.
Wasser ist lebenswichtig, und wer zu wenig davon trinkt, schadet der eigenen Gesundheit: Daran zweifelt wohl niemand. Durchaus umstritten sind hingegen gängige Faustregeln zur richtigen Trinkmenge. Zwei Liter sollten es sein, heißt es oft – mitunter ist gar von mehr die Rede.
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es indes keinen stichhaltigen Beweis dafür, dass so große Mengen Wasser zuträglich sind. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Jugendlichen und Erwachsenen dazu, pro Tag ungefähr anderthalb Liter Wasser oder ungesüßte Getränke wie Tee zu sich zu nehmen, am besten gleichmäßig über den Tag verteilt. Die genauen Empfehlungen der DGE sind aber differenzierter und nach Alter gestaffelt.
Zudem weist die DGE darauf hin, dass der Körper in bestimmten Situationen mehr Wasser braucht – etwa bei Hitze, trockener kalter Luft, nach dem Sport, salz- oder eiweißreichen Mahlzeiten sowie nach Erkrankungen, die mit Fieber, Erbrechen und/oder Durchfall einhergehen.
Welche Trinkmenge dann angemessen ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Ohnehin scheint sich der Flüssigkeitsbedarf des Menschen kaum als allgemeine Faustregel formulieren zu lassen – dafür sind die Unterschiede zu groß.
Flüssigkeitsbedarf ist sehr verschieden
Wie groß, hat sich eindrucksvoll in einer Studie aus dem Jahr 2022 gezeigt. Darin ermittelten Forschende den Wasserbedarf von etwa 5.600 Testpersonen aus verschiedenen Ländern.
Die Teilnehmenden bekamen jeweils 100 Milliliter Wasser zu trinken, welches Deuterium, eine schwere Variante von Wasserstoff, enthielt. Auf diese Weise konnten die Forschenden die aufgenommene Wassermenge „markieren“ und verfolgen, wie lange der Körper brauchte, um sie wieder loszuwerden: Je schneller die markierten Wasserstoff-Teilchen wieder ausgeschieden wurden, umso höher ist Wasserumsatz der untersuchten Person, so die Annahme der Fachleute.
Ihre Auswertung ergab: Der Wasserumsatz ist von Mensch zu Mensch äußerst verschieden. Bei den Probandinnen und Probanden lag er zwischen einem und sechs Litern pro Tag. Bei einigen körperlich arbeitenden beziehungsweise sportlich sehr aktiven Teilnehmern belief sich der Wasserumsatz sogar auf etwa zehn Liter täglich.
Das heißt keineswegs, dass sie so viel trinken müssen. Einen Teil des umgesetzten Wassers bildet der Körper im Stoffwechsel selbst. Außerdem trägt auch die feste Nahrung zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs bei – in erheblichem Maße, wenn viele wasserreiche Lebensmittel wie Gemüse und Obst auf dem Speiseplan stehen.
Übrigens: Wie viel Sie ungefähr trinken sollten, können Sie auch mit unserem Wasserbedarf-Rechner ermitteln.
Von diesen Einflüssen hängt der Bedarf ab
In derselben Studie untersuchten die Forschenden zudem, welche individuellen Voraussetzungen den Wasserumsatz beeinflussen. Wie sich herausstellte, sind unter anderem das Alter, das Geschlecht, das Körpergewicht, der Trainingszustand und äußere Bedingungen wie das Klima entscheidend.
Dass Männer oft einen höheren Wasserbedarf haben als Frauen und sportliche Personen grundsätzlich mehr Flüssigkeit benötigen als weniger aktive, scheint auch mit dem Körperfettanteil zusammenzuhängen: Fettgewebe enthält weniger Wasser als Muskeln und andere Organe.
Eine präzise und allgemeingültige Trinkregel lässt sich aus der Studie somit schwerlich ableiten. Die Empfehlung, täglich zwei Liter zu trinken, sei jedenfalls nicht durch objektive Beweise gestützt, resümieren die Autorinnen und Autoren.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, auf das eigene Empfinden zu hören: Wer Durst hat, kann davon ausgehen, dass der Körper Flüssigkeit braucht und sollte etwas trinken. Allerdings ist darauf nicht immer Verlass – insbesondere ältere Menschen brauchen oft mehr Flüssigkeit, als ihnen ihr Durstgefühl verrät. Für sie – und alle anderen, die sich ihres genauen Wasserbedarfes unsicher sind – ist es durchaus ratsam, sich an den Empfehlungen der DGE zu orientieren.