Immer wieder erhebt sie ihre Stimme gegen rechte Tendenzen und die AfD: Ruth Moschner. Angesichts neuester Enthüllungen steht sie t-online Rede und Antwort.
Rechtsextreme, die sich mit einflussreichen Wirtschaftsvertretern treffen und an illegalen Abschiebe-Fantasien feilen: Das hat sich in einer Potsdamer Villa abgespielt. Unter den Anwesenden: Vertreter von AfD und Werteunion, Millionäre, Neonazis. Das deckte das Recherchenetzwerk „Correctiv“ in dieser Woche auf. Eine Enthüllung, die Entsetzen auslöste – auch bei Moderatorin Ruth Moschner.
Sie ist bekannt dafür, sich lautstark gegen Rechtsextremismus starkzumachen und immer wieder die Alternative für Deutschland zu kritisieren. Bei der Petition „Prüft ein AfD-Verbot!“ ist sie Erstunterzeichnerin. Was denkt die 47-Jährige also über die neuen Entwicklungen? t-online hat sie gefragt.
t-online: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie von den Deportationsplänen der AfD und einigen offenbar einflussreichen Neonazis gehört haben, die diese Woche durch Recherchen von „Correctiv“ ans Licht kamen?
Ruth Moschner: Ich war nicht überrascht, falls Sie das meinen. Die gute Arbeit und Recherche von „Correctiv“ helfen aber, glaubwürdig zu belegen, warum dringender Handlungsbedarf besteht. Vielen Menschen ist immer noch nicht klar, wie fragil Demokratie ist und wie menschen- und verfassungsfeindlich Menschen in AfD, CDU und Wirtschaft agieren wollen. Dies lässt sich durch „Correctiv“ nun sehr gut belegen. Je besser wir informiert sind, desto besser können wir reagieren.
Bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 spielten konservative Politiker eine Schlüsselrolle: Sie waren es, die mit den Nazis paktierten und die Leitplanken der Demokratie verbogen. Bereiten Ihnen die Hirngespinste der Rechten angesichts dieser historischen Parallelen besonders Sorge?
Nein, eher Ersteres, die konservativen Politiker:innen. Wo bleibt das Statement von Friedrich Merz? (Anm. d. Red.: Nach Durchführung des Interviews hat sich Friedrich Merz geäußert) Oder nehmen wir Markus Söder: Er koaliert bereits in Bayern mit den Freien Wählern, deren Vorsitzender antisemitisches Gedankengut verbreitet hat, ohne dass ein großer Aufschrei passiert. Somit werden rechte Parolen salonfähig. Antisemitismus war natürlich nie weg, Kolonialzeit und Rassismus wurden nicht aufgearbeitet. Inzwischen darf man aber gefühlt alles sagen und gewinnt damit noch Prozentpunkte bei Wahlen dazu. Die Hemmungen sind gefallen.
Populismus funktioniert bei vielen, die aktuell Angst haben, ganz wunderbar.
Ruth Moschner
Ist der Widerspruch der Gesellschaft Ihrer Ansicht nach laut genug und wenn nein: Ist es auch an Prominenten wie Ihnen, vehement gegen diese antidemokratischen Fantasien vorzugehen?
Ich halte sachliche Aufklärung mit Fakten in den Medien immer für wichtig. Wir brauchen wieder guten Journalismus, kein Clickbait. Wir sehen es sicher auch über diesem Artikel, für welche Schlagzeile sich t-online entschieden hat. Dazu kommt: Einfache Lösungen für komplexe Probleme klingen sehr verlockend. Populismus funktioniert bei vielen, die aktuell Angst haben, ganz wunderbar. Und das in einem Land mit einem nahezu unsichtbaren Kanzler.
Aber was kann ganz konkret getan werden, von Ihnen und der „stillen Mehrheit“ im Land, von der derzeit so oft die Rede ist?
Wir Bürger:innen tragen natürlich einen großen Anteil am Fortbestand unserer Demokratie. Mir geht es auch darum, Menschen überhaupt zur Wahl zu bewegen. Schließlich kann man auch protestieren, indem man Parteien wählt, die nicht verfassungs- und menschenfeindlich sind. Aber wir müssen auch deutlich machen, dass ein ins Handy getippter Text-Screenshot unseres Bundeskanzlers auf Instagram nicht ausreicht, das fehlende Vertrauen in die Regierung wieder herzustellen.
Sie haben bereits im vergangenen Jahr bei t-online gesagt: Die Prüfung eines AfD-Verbots müsse zügig vorangetrieben werden. Sind wir damit schon weit genug?
Ich habe überhaupt kein Verständnis mehr dafür, dass die aktuelle Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig noch zögert, die Petition auf Prüfung eines Verbotes überhaupt vorzulegen. Was muss noch passieren?
Die „Prüft ein AfD-Verbot!“-Petition ist aktuell (Stand: 13. Januar, 15.45 Uhr) bei 602.418 Unterschriften. Was braucht es daneben noch, um die Diskussion um die AfD noch mehr in den Vordergrund zu rücken?
Starke Statements aus der ersten Reihe unserer Regierung. Wir müssen darüber hinaus überhaupt nicht mehr über die AfD diskutieren, im Programm steht alles zum Nachlesen. Sondern wir müssen alle zur Wahl gehen und brauchen eine Regierung, die den Leuten wieder Hoffnung und Motivation vermittelt. Also eine echte menschenfreundliche Alternative. Demokratie bedeutet, es werden bestmögliche Lösungen gefunden, für Rente, Bildung und nicht nur für die Reparatur von Autobahnen. Sorry, das war jetzt auch etwas polemisch.