Können Sie ein Beispiel für authentische Leistung nennen?
Es kann alles Mögliche sein. In einer der weiterführenden Schulen, mit denen wir zusammenarbeiten, nutzten die Schüler die Ergebnisse ihrer Forschung zum Klimawandel, um eine Konferenz zu veranstalten. Anschließend wurde über Fast Fashion, vegane Ernährung und US-Klimapolitik gesprochen. Infografiken oder Podcasts sind weitere mögliche Ergebnisse. Einige Klassen kommen auf die Idee, in ihren Gemeinden soziale Projekte durchzuführen, zum Beispiel zur Gesundheitserziehung.
Die lehrreiche erste Phase des tieferen Lernens klingt ein wenig wie eine herkömmliche Unterrichtsstunde. Ist das nicht mittlerweile ziemlich veraltet?
Nein. Echte Kreativität braucht eine gemeinsame Wissensbasis. Eine Gruppe von Lernenden kann nur dann sinnvolle Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels finden, wenn jeder versteht, was der Begriff eigentlich bedeutet. Selbstorganisiertes Lernen kann nur dann effektiv sein, wenn eine gemeinsame Wissensbasis geschaffen ist. Deeper Learning ersetzt also nicht alte Lernmethoden durch neue, sondern kombiniert beides sinnvoll.
In welchen deutschen Städten wird diese Lehrmethode bereits eingesetzt?
In unserem Pilotprojekt „Deeper Learning“ für die Robert Bosch Stiftung fokussieren wir uns auf ein Netzwerk von acht weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg und betreuen es fachkundig. Parallel dazu haben wir für die Deutsche Telekom ein Netzwerk von 16 Schulen in ganz Deutschland aufgebaut. Deeper Learning wird bereits in vielen Schulen in Ländern wie Kanada und Australien erfolgreich eingesetzt. Wir sollten das große Potenzial dieser Lernmethode auch in Deutschland nutzen.
_________________________
Professorin Anne Sliwka ist Bildungsforscherin an der Universität Heidelberg und Gründerin der Deeper Learning Initiative.