Boulogne-Billancourt Wegen des Kriegs in der Ukraine zieht Renault die Reißleine bei seinem Russlandgeschäft. Der französische Autobauer teilte am Mittwochabend mit, seine „Industrieaktivitäten“ in dem Land mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Außerdem würden „alle möglichen Optionen“ mit Blick auf die Beteiligung von Renault am russischen Hersteller Avtovaz mit der Marke Lada geprüft.
Russland ist ein wichtiger und vor allem profitabler Markt für die Renault-Gruppe. Die Entscheidung ist daher ein Rückschlag für den Sanierungskurs von Chef Luca de Meo, der zuletzt erste Erfolge gezeigt hatte. Nun senkte der Konzern seine Prognose für die operative Marge im laufenden Jahr von mindestens vier auf rund drei Prozent.
Außerdem bereitete Renault die Anleger in seiner Erklärung darauf vor, das Russlandgeschäft im Wert von 2,2 Milliarden Euro womöglich abzuschreiben. Analyst Gabriel Adler von der Citigroup schrieb in einer Analyse, dass es mit den Aktien des Autobauers „angesichts der Größe der Einnahmeausfälle und der Beeinträchtigung der Vermögenswerte“ in nächster Zeit abwärtsgehen dürfte.
Renault produzierte an seinem Standort bei Moskau unter anderem das SUV-Modell Captur. Mit 68 Prozent sind die Franzosen darüber hinaus an Avtovaz beteiligt, das ein Werk im südrussischen Toljatti betreibt. Die anderen 32 Prozent gehören dem russischen Rüstungs- und Industriekonglomerat Rostec, das von einem Vertrauten Wladimir Putins geführt wird.
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In der Anfangsphase von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte Renault die Produktion in seinen russischen Werken vorübergehend stillgelegt. Als Begründung wurden damals „Unterbrechungen bei der Versorgung mit Bauteilen“ genannt. Der Autobauer nahm die Produktion dann aber wieder auf.
Der russische Markt machte im vergangenen Jahr quick ein Fünftel der Autoverkäufe der Renault-Gruppe aus. Das Unternehmen hat mehr als 40.000 Angestellte in Russland. Nicht umsonst zögerte der Konzern lange, sein Russlandgeschäft einzustellen – und erntete dafür wütende Proteste aus der Ukraine. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rief gar zum Boykott des Konzerns auf.
In den vergangenen Tagen warfare der Druck auf Renault immer größer geworden, sich aus dem russischen Markt zurückzuziehen. Auch für die Regierung in Paris warfare das Thema heikel: Der französische Staat ist mit 15 Prozent an Renault beteiligt – und fordert zugleich auf internationaler Bühne ein hartes Vorgehen gegen Putin.
Als der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenski kürzlich per Videoschalte vor dem Parlament in Paris sprach, forderte er: „Die französischen Firmen müssen den russischen Markt verlassen.“ Ausdrücklich erwähnte er dabei auch Renault. Die Unternehmen dürften nicht mehr „Sponsoren der russischen Kriegsmaschine“ sein. Werte seien wichtiger als Profite.
Kurz vor Kriegsbeginn im Februar hatte Renault noch optimistic Zahlen für das vergangene Jahr vorgelegt. Der Konzern schrieb 2021 einen Gewinn von 888 Millionen Euro, nachdem er im Vorjahr noch einen Rekordverlust von acht Milliarden Euro eingefahren hatte und mit einem Notkredit von der Regierung in Paris gerettet werden musste.
De Meo hatte im Sommer 2020 auf dem Höhepunkt der schweren Krise die Führung von Renault übernommen. Sein Zukunftsprogramm mit dem Titel „Renaulution“, das knallharte Kostensenkungen mit der Ausrichtung auf eine höherpreisige Produktpalette und auf Elektroautos kombiniert, bekommt nun durch die Auswirkungen des Ukrainekriegs starken Gegenwind.
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