Robert Habeck will nicht nur klimaschädliches CO2 von Zementwerken, sondern auch von Gaskraftwerken im Boden vergraben lassen. Das ist umstritten – besonders bei seinen Grünen.
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) will das Abscheiden und Speichern von CO2 ermöglichen, um die Klimaziele erreichen zu können. Die sogenannte CCS-Technik soll dabei nicht nur für Branchen wie der Zement- oder Kalkindustrie erlaubt werden, in der klimaschädliche Emissionen nicht vermeidbar sind – sondern zum Beispiel auch für die Energieproduktion in Gaskraftwerken.
Fachleute sind sich weitgehend einig, dass es CCS als Ergänzung braucht, um manche Industrien klimaneutral zu machen. Umstritten ist jedoch, ob die Technik auch dort ermöglicht werden soll, wo sich CO2-Emissionen grundsätzlich vermeiden lassen, wie bei der Energieproduktion durch Erneuerbare.
Die Skepsis liegt zum einen darin begründet, dass CCS viel Energie benötigt und deshalb teuer ist. Zum anderen befürchtet mancher, dass durch die Technik länger Energie mit fossilen Brennstoffen produziert wird. Manche Naturschützer warnen zudem vor den Folgen für die Umwelt und davor, dass das im Boden gespeicherte CO2 wieder entweichen könnte.
Widerstand bei den Grünen
Habeck begründet die weitgehende Öffnung, die auch eine Nutzung des abgeschiedenen CO2 ermöglichen soll, mit dem Klimaschutz. „Wir sind nicht mehr in einer Welt, in der wir Rosinen picken können, sondern in der wir nutzen müssen, was verfügbar ist“, sagte der Vizekanzler am Montag auf einer Pressekonferenz. Die Menschheit laufe auf die Überschreitung des 1,5-Grad-Ziels zu. „Die Zeit ist abgelaufen.“
Habeck zufolge hat sich die Bundesregierung schon grundsätzlich auf seinen Plan verständigt. Im Bundestag dürfte es aber noch Diskussionen geben – vor allem in seiner eigenen Partei. „Es ist gut, dass wir jetzt eine klare gesetzliche Regelung schaffen, denn für einige unvermeidbare Emissionen in der Industrie kann CCS eine Hilfe sein“, sagt die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum t-online.
Der „Vorrang für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien“ bleibe mit der Strategie bestehen, sagte Badum. Beim kritischsten Punkt deutete sie aber Widerstand an: „CCS bei Gaskraftwerken lehnt die grüne Bundestagsfraktion ab.“
Speicher zunächst nur im Meer
Das CO2 soll Habecks Plan zufolge zunächst nur „offshore“ im Meeresboden oder aber im Ausland gespeichert werden. Meeresschutzgebiete blieben ausgenommen. Der Klimaminister schloss jedoch nicht aus, das Verbot für die CO2-Speicherung an Land zu überdenken, wenn die Bundesländer darum bitten würden. Um das im industriellen Prozess abgeschiedene CO2 zur Speicherung auf See bringen zu können, soll der Transport per privatwirtschaftlich betriebener Pipeline erlaubt werden.
„Die Technik hat sich weiterentwickelt“, betonte Habeck. „Aus meiner Sicht ist sie reif und sicher.“ Bedenken, dass das Speichern von CO2 in der Energieproduktion das Leben der Fossilen verlängern könnte, versuchte der Klimaminister zu zerstreuen. Es seien „genug Vorkehrungen getroffen, um die Sorge, in einem fossilen Lock-in zu landen, zu nehmen“.
Zum einen soll es anders als für Industrien, in denen Emissionen nicht vermieden werden können, bei der Energieproduktion kein staatliches Fördergeld geben. Zum anderen setzt Habeck darauf, dass das europäische CO2-Handelssystem die Stromproduktion durch Gas schnell unwirtschaftlich werden lässt. Unternehmen müssen dabei Verschmutzungszertifikate kaufen, die mit der Zeit knapper und teurer werden sollen, wenn sie weiter klimaschädliche Emissionen ausstoßen.
Es braucht ein neues Instrumentarium
Das Problem, das auch Habeck sieht: Bislang fallen bei der Energieproduktion sogenannte Vorkettenemissionen nicht unter das EU-Handelssystem. Damit sind Emissionen gemeint, die bei Produktion, Aufbereitung und Transport von Gas oder anderen Energieträgern entstehen.
Um die gesamten Emissionen bepreisen zu können und Gas damit noch schneller unwirtschaftlich werden zu lassen, müsse nun ein „Instrumentarium geschaffen werden“, mit der diese Daten überhaupt erst erfasst werden. Der Klimaminister sieht die EU dabei aber auf einem guten Weg.
Er werbe dafür, sagte Habeck, „die Ärmel hochzukrempeln und pragmatisch vorzugehen“. Es sei allemal besser, dort, wo es Gas noch einige Jahre brauche, das CO2 zu speichern als es in die Atmosphäre entweichen zu lassen. „Wir sollten nicht katholischer werden als der Papst.“