Berlin Es waren demonstrative Gesten – und Erklärungen: Der russische Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping versicherten sich gegenseitig, ihre Zusammenarbeit zu verstärken. Bei ihrem Treffen am Freitag vor der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking vereinbarten sie auch Projekte, die unfavourable Konsequenzen für Europas Energieversorgung haben könnten.
Mit „Sdrastwujtje“, das russische „Guten Tag“, begrüßte der chinesische Staats- und Parteichef den Kremlherrn, aber coronabedingt ohne Handschlag.
Nach ihrem ersten persönlichen Treffen seit mehr als zwei Jahren versicherten sich Putin und Xi in einer gemeinsamen Erklärung gegenseitiger Unterstützung – vor allem gegen den Westen: Sie seien gemeinsam „gegen den Missbrauch demokratischer Werte, die Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten unter dem Vorwand, Demokratie und Menschenrechte zu schützen“.
Zugleich machten sie der westlichen Staatengemeinschaft, ohne diese beim Namen zu nennen, heftige Vorwürfe: „Einige Kräfte, die eine Minderheit auf der Weltbühne darstellen, befürworten weiterhin unilaterale Ansätze zur Lösung internationaler Probleme, betreiben Machtpolitik und mischen sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ein“, heißt es in der Erklärung.
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Demonstrativ unterstützten sich Xi und Putin deshalb in ihren jeweiligen außenpolitischen Regionalkonflikten: China erklärte sein „Verständnis“ für Russlands Forderung nach verbindlichen Sicherheitsgarantien seitens der USA und der Nato im Streit um die Ukraine. Ebenso unterstütze Peking den von Putin vorangetriebenen Kampf gegen eine Ausweitung der westlichen Militärallianz.
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Russland seinerseits erklärte in dem gemeinsamen Dokument, man heiße Chinas Taiwan-Politik intestine: Moskau lehne die taiwanesische Unabhängigkeit „in jeglicher Type ab“. Die beiden Pazifikanrainer wollten „eine gerechtere und rationalere Weltordnung“, hatte Putins Sicherheitsberater Juri Uschakow im Vorfeld gesagt.
In ihrer Erklärung unterstrichen Putin und Xi, gegen wen diese Forderung gerichtet ist: China und Russland seien „ernsthaft besorgt“ über die von den USA, Australien und Großbritannien gebildete Sicherheitspartnerschaft Aukus und warnten vor der Gefahr eines Wettrüstens in der asiatisch-pazifischen Area.
Das quick vierstündige und inzwischen 38. persönliche Gespräch der beiden Autokraten, die sich per Verfassung die Möglichkeit zur lebenslangen Herrschaft einräumen ließen, demonstrierte auch auf wirtschaftlichem Gebiet ein noch engeres Zusammenrücken, denn beide Länder sehen sich durch immer härtere westliche Sanktionen herausgefordert.
Gaslieferungen nach China
So unterzeichnete der russische Gasriese Gazprom ein Abkommen mit der China Nationwide Petroleum Corp. (CNPC) zur Erhöhung der Lieferungen an das Land, das der größte Energieverbraucher der Welt ist. Dabei geht es um die Lieferung weiterer zehn Milliarden Kubikmeter russischen Erdgases ins Nachbarland über eine neue, dritte Route.
Russland steht vor einer strategischen Richtungsentscheidung, ob Gazprom zentralsibirische Erdgasfelder an die nach China führenden Pipelines „Sila Sibirii“ (Kraft Sibiriens) oder an die westwärts führenden Röhren anschließt.
Insgesamt würde so der jährliche Gasexport per Pipeline auf 48 Milliarden Kubikmeter steigen. Das ist nicht besonders viel: Allein über die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 sollen zusätzlich 55 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Europa fließen.
Zugleich weitet der staatlich kontrollierte größte russische Ölförderer Rosneft seine Erdöllieferungen an CNPC aus: In den nächsten zehn Jahren sollen 100 Millionen Tonnen Rohöl über Kasachstan gen Osten gepumpt werden.
Damit erhöht China seine Energielieferungen aus dem Nachbarland und sichert diese auf besondere Weise ab. Denn russisches Öl und Gasoline kommen so über den Landweg und nicht über See, wo diese Lieferungen im Falle wachsender geopolitischer Spannungen eventuell durch die US-Marine gestoppt werden könnten.
Zudem ist CNPC an Yamal LNG beteiligt, einem Flüssiggasproduzenten des russischen Novatek-Konzerns. Von der Halbinsel Jamal aus soll Flüssiggas durch das früher fest zugefrorene Eismeer nördlich Russlands verschifft werden. Die Erderwärmung macht diese Passagen befahrbar oder das Eis so dünn, dass es von Atomeisbrechern schiffbar gemacht wird.
Um wachsenden westlichen Wirtschaftssanktionen auszuweichen, wollen Russland und China auch ihre industrielle Zusammenarbeit vertiefen. So sollen mehr chinesische Hightech-Produkte Westimporte in Russland ersetzen. Zudem hat Russland um die Lieferung von militärischen Frühwarnsystemen gebeten.
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