Düsseldorf Angesichts der stark steigenden Energiepreise hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) weitere Entlastungen für Bürger und Unternehmen gefordert. „Sinnvoll könnte etwa eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer sein“, sagte Weil dem Handelsblatt.
Die Bundesregierung erhöhe die Pendlerpauschale und streiche die EEG-Umlage komplett. „Das sind richtige Maßnahmen, aber sie reichen nicht“, betonte Weil.
Der Fiskus verdiene über die Steuern ordentlich mit an den steigenden Energiepreisen, sagte der SPD-Politiker. „Wir müssen darüber reden, wie wir einen Teil der Steuermehreinahmen zurückgeben“, so Weil.
Er forderte zudem weitere Unterstützung für die Wirtschaft. „Die Industrie benötigt stabile Preise, insbesondere die energieintensiven Unternehmen“, sagte Weil. „Wenn das Preisniveau so hoch bleibt, dann können viele Firmen das nicht dauerhaft durchhalten.“
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Der niedersächsische Ministerpräsident sprach sich gegen einen Importstopp für russisches Gasoline und Öl aus. „Wir können diese Lieferungen nicht auf Null drehen, dann hätten wir eine echte Knappheit in der nächsten Heizperiode“, sagte Weil.
Die Preise würden dann noch deutlich stärker ansteigen und es gäbe ernste Auswirkungen. „In Deutschland haben wir durch unsere Abhängigkeit aber eine besondere Scenario und das können wir nicht ausblenden.“
Weil hält längere Laufzeit von Kohlekraftwerken für realistisch
Längere Laufzeiten von Atomkraftwerken sieht Weil skeptisch. „Bevor das Land in eine Energiekrise rutscht, wären längere Laufzeiten von manchen Kohlekraftwerken deutlich realistischer“, sagte der SPD-Politiker.
Hoffnung setzt Weil auf Flüssiggas, allerdings erst in einigen Jahren. „Das Potenzial ist durchaus beträchtlich, zwei Drittel unseres Bedarfs könnten wir darüber decken“, sagte er. Dafür müsse man die LNG-Terminals in Brunsbüttel, Wilhelmshaven und hoffentlich auch Stade bauen.
„Aber auch wenn wir die Genehmigungsverfahren straffen, wird es einige Zeit bis zur Fertigstellung brauchen“, sagte Weil. „Selbst wenn es sehr schnell ginge, würde es sicherlich nicht vor 2024 möglich sein.“
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner machte in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ den Vorschlag, den Koalitionsvertrag zu überprüfen, um die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren. Der Vertrag sieht bisher ein Verbot für neue Öl- und Gasbohrungen in Nord- und Ostsee vor. „Wir müssen die Festlegung des Koalitionsvertrages, in der Nordsee den Abbau von Öl und Gasoline nicht fortsetzen zu wollen, hinterfragen“, sagte Lindner.
Lindner: keine Spritpreisbremse
Trotz der Rekordpreise an den Tankstellen lehnt Lindner eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent für Diesel und Benzin weiterhin ab. „Wenn die Union eine so genannte Spritpreisbremse fordert, dann muss sie sagen, was sie im Haushalt kürzen will“, sagte Lindner. „Oder sie muss bekennen, dass sie dafür neue Schulden aufzunehmen bereit ist.“ Aussagen, über die Lindner nun auch mit SPD-Ministerpräsident Weil sprechen kann.
Derweil forderte die Grünen-Chefin Ricarda Lang eine schnelle Einführung eines Energiegeldes zur Entlastung der Bürger. „Wir brauchen so schnell wie möglich ein Energiegeld, das an alle Bürger ausgezahlt wird,“ sagt sie der Zeitung „Bild am Sonntag“. Damit hätten jede und jeder mehr Geld auf dem Konto, am meisten würden Menschen mit wenig Geld profitieren.
Mehr: Finanzminister Lindner für mehr Gasoline- und Ölförderung in der Nordsee