Christian Wück ist neuer Frauen-Bundestrainer. Seine Fähigkeiten hat er bereits unter Beweis gestellt – auch wenn einige Fans ihn kritisch sehen.
„Er ist ein Trainer, der Spielerinnen und Spieler entwickeln und individuell besser machen kann, ist dabei stets sehr kommunikativ, vermittelt Siegermentalität und weiß, wie man aus einzelnen Persönlichkeiten ein Team gestaltet, um gemeinsam erfolgreich zu sein.“ DFB-Sportdirektorin Nia Künzer hat es in der Erklärung des Verbands zum neuen Bundestrainer der Frauen bereits beschrieben: Christian Wück weiß, was er macht. Seit diesem Freitag steht fest, dass der 50-Jährige nach den Olympischen Spielen von Interimstrainer Horst Hrubesch übernehmen wird.
Die Entscheidung für Wück kommt überraschend – und spricht doch für seine bisherige Arbeit. Mit der deutschen U17-Nationalmannschaft feierte der Franke im vergangenen Dezember den größten Erfolg seiner Trainerkarriere: 6:5 nach Elfmeterschießen im Finale gegen Frankreich – Wück machte Deutschland beim Turnier in Indonesien zum Weltmeister. Erstmals seit 38 Jahren.
„Mir fehlen die Worte, das ist einfach ein unglaubliches Glücksgefühl. Wenn einer den Charakter dieser Mannschaft kennengelernt hat, dann heute in diesem Spiel“, lobte Wück nach dem Endspiel bei RTL den Kampfgeist seiner jungen Mannschaft. „Gegen solche Widerstände anzukämpfen, selbst im Elfmeterschießen immer wieder hinten zu liegen, einfach unglaublich. Alles perfekt, wir freuen uns total.“
Und kündigte dann bereits seinen Abschied an: „Ich habe den Jungs gesagt, sie machen sich unsterblich. Ich bin so dankbar, diesen Jahrgang betreuen zu dürfen, das war heute unser letztes Spiel zusammen.“ An der Spitze des Erfolgs steht der Trainer, der im deutschen Nachwuchsfußball viel Erfahrung mitbringt. Wück ist bereits seit 2012 für die Juniorenteams beim DFB tätig. Seine Trainerlaufbahn begann er aber bereits nach seinem Karriereende 2002 bei seinem früheren Verein Arminia Bielefeld, ehe es ihn nach Ahlen und Kiel zog.
Sein Trainerjob beim DFB war jedoch nicht sein erster Kontakt mit dem Verband. Schon als aktiver Spieler stand er im Dienst des deutschen Fußballs: Als 18-Jähriger galt Wück als eines der größten Talente des Landes. So wurde er als Spieler des 1. FC Nürnberg 1992 erstmals in die Nationalmannschaft berufen. Der junge Offensivmann machte schon früh auf sich aufmerksam – doch nicht nur positiv.
„Wück, du Sau!“
Auslöser dafür war eine Szene im wichtigen Duell seiner Nürnberger gegen Borussia Dortmund im April 1992. Der BVB war zu dem Zeitpunkt Tabellenführer, wollte erstmals nach 29 Jahren wieder Meister werden. Am 31. Spieltag ging es dann nach Franken. In der elften Spielminute der Partie war Wück im Laufduell mit Dortmunds Günter Kutowski. Der Verteidiger des BVB setzte zur Grätsche an, Wück spürte etwas und ging im Strafraum zu Boden.
„Ich hätte nicht fallen müssen, aber ein Kontakt war definitiv da – allerdings außerhalb des Strafraums und nicht so, dass ich nicht hätte weiterlaufen können. Das hätte man nicht pfeifen müssen“, erinnerte sich Wück in einem Interview im Februar 2023 mit „Goal“ und „Spox“. Das belegte auch die Zeitlupe. Doch obwohl Wücks Aktion eine Schwalbe war, zeigte Schiedsrichter Hans-Jürgen Kasper auf den Punkt. Der „Club“ ging in Führung und ausgerechnet Wück erhöhte nur wenig später in seinem Bundesliga-Startelfdebüt auf 2:0.
Dortmunds Torjäger Stéphane Chapuisat verkürzte zwar noch, doch der BVB rutschte durch die Niederlage auf Rang drei ab – und holte den lang ersehnten Titel am Ende nicht. So hassten fortan viele Dortmunder Fans Wück. Er erhielt für seine Aktion Morddrohungen per Post, musste von vielen BVB-Anhängern rüde Beleidigungen wie „Wück, du Sau“ hinnehmen – und stellte fest, dass auch heute, 31 Jahre nach dem Spiel, kaum ein Dortmunder die Szene vergessen hat.