Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Diskussion um den Nahostkonflikt in Deutschland seit dem 7. Oktober verändert?
Hassoun: Ich habe das Gefühl, dass die Diskussion auf allen Ebenen polarisiert. Entweder sind Sie pro-Palästina oder pro-Israel. Es geht um Antisemitismus, Rassismus und die Leugnung der Identität anderer. Leider bleibt die Tatsache bestehen, dass die Agitatoren unabhängig davon, wie viele Informationen, Kenntnisse und Nuancen wir einbringen können, stärker, schneller sind und mehr Aufmerksamkeit erhalten, insbesondere in den sozialen Medien. Deshalb müssen wir uns als Gesellschaft fragen, wie wir eine Diskussion anstoßen können, die besser, konstruktiver und differenzierter ist. Ich glaube, dass wir das schaffen können. Deshalb investieren Shai und ich jede Minute unserer Zeit, um diesem Ziel ein Stück näher zu kommen.
Welche Aspekte des Nahostkonflikts werden Ihrer Meinung nach häufig missverstanden? Und wie reagieren Sie, wenn Sie auf solche Missverständnisse stoßen?
Hassoun: Viele Leute denken, dass es sich um einen Konflikt zwischen zwei Ländern handelt. Sie haben keine Ahnung, dass der Nahostkonflikt nur in einem Land ausgetragen wird. Die wenigsten Menschen wissen, wie es zur Gründung des Staates Israel kam und dass es sich eigentlich um eine Zwei-Staaten-Lösung handeln sollte. Es kommt häufig vor, dass den Menschen das Hintergrundwissen über die Konfliktursachen fehlt. Und viele wissen fast nichts über die Palästinenser. Außerdem mangelt es an Grundkenntnissen über das Judentum. Ich werde oft mit Vorurteilen konfrontiert, denen zufolge Palästinenser Juden generell hassen oder dass Juden und Araber nicht zusammenleben können. Kaum jemand weiß, dass rund 20 % der israelischen Bürger Palästinenser sind.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Schulen?
Hassoun: Das Feedback der Schulen ist überwältigend. Kaum ein anderer Konflikt auf der Welt ist so emotionalisiert wie der Nahostkonflikt. Die Lehrer sind uns unglaublich dankbar, dass wir ihnen dieses schwierige Thema abnehmen.