Frankfurt Die 1,7 Milliarden Greenback teure Übernahme des amerikanischen Biotech-Unternehmens Constellation Prescription drugs wird für die Münchener Morphosys AG zusehends zu einer gravierenden Belastung – sowohl für das Investorenvertrauen als auch für die Bilanz. Das musste Morphosys bei der Vorlage des Jahresabschlusses 2021 am Mittwochabend einräumen. Unter dem Strich machten die Münchener 514 Millionen Euro Verlust, nach einem Gewinn von 98 Millionen Euro im Vorjahr 2020.
Neben steigenden Forschungsausgaben entfielen 231 Millionen Euro davon auf eine Wertberichtigung auf den Goodwill aus der Constellation-Übernahme. Die Abschreibung wurde fällig, nachdem Morphosys sich entschlossen hatte, Forschungsaktivitäten von Constellation in Frühstadien einzustellen und sich stattdessen voll auf die weiter fortgeschrittenen Projekte zu konzentrieren.
Die Morphosys-Aktie notierte am Donnerstagnachmittag trotz des hohen Fehlbetrags leicht im Plus, hat allerdings seit Bekanntgabe des Constellation-Offers im vergangenen Juni bereits mehr als die Hälfte an Wert verloren. Vor der Übernahme warfare Morphosys an der Börse noch etwa 2,2 Milliarden Euro wert, heute sind es noch 835 Millionen Euro.
Gegenüber der einstigen Spitzenbewertung von mehr als vier Milliarden Euro im Jahr 2019 ist der Börsenwert inzwischen sogar um über 80 Prozent gesunken. Neben der Skepsis gegenüber der US-Übernahme spielte dabei auch die bisher enttäuschende Umsatzentwicklung des von Morphosys entwickelten Blutkrebsmittels Monjuvi eine Rolle. Es erhielt 2020 die Zulassung in den USA und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 67 Millionen Euro.
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Firmenchef Jean-Paul Kress verteidigte im Analystencall unterdessen die strategische Neuausrichtung, die mit der Constellation-Übernahme verbunden ist. „Unsere klinische Forschungspipeline warfare noch nie so sturdy wie heute“, sagte Kress. Morphosys hatte im Zuge der Constellation-Akquisition die Rechte an Lizenzeinnahmen aus früheren Forschungspartnerschaften an die Pharma-Finanzierungsfirma Royalty Pharma veräußert und dadurch das eigene Risikoprofil noch stärker in Richtung Medikamentenentwicklung verschoben.
Morphosys will bei hämatologischen Krebserkrankungen aufholen
Ziel sei es, bis 2025 neben Monjuvi ein zweites Krebsmedikament auf den Markt zu bringen: den gegen Knochenmarkkrebs (Myelofibrose) gerichteten Wirkstoff Pelabresib aus der Forschung von Constellation. Morphosys will dadurch eine starke Place im Bereich der Bekämpfung hämatologischer Krebserkrankungen erreichen.
Darüber hinaus arbeitet Morphosys an zwei weiteren Substanzen in diesem Bereich sowie an einem potenziellen Wirkstoff gegen spezielle Autoimmunerkrankungen der Niere. Diese Produkte werden aktuell in mittleren Phasen der klinischen Exams geprüft.
Forschungsausgaben von voraussichtlich mehr als 300 Millionen Euro dürften auch im laufenden Jahr für einen Verlustabschluss sorgen. Mit Money-Reserven von rund 980 Millionen Euro fühlt sich das Biotech-Unternehmen indessen solide abgesichert, um das eigene Forschungsprogramm bis 2025 fortzuführen.
Das Spitzenumsatzpotenzial von Monjuvi sieht Kress weiterhin bei 500 bis 750 Millionen Euro. „Aber es ist klar, dass dieses Ziel eine Herausforderung darstellt und sich zeitlich wohl nach hinten verschiebt“, räumte der Morphosys-Chef ein. Für das laufende Jahr rechnet das Unternehmen mit Monjuvi-Umsätzen von 100 bis 123 Millionen Euro.
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