Berlin Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat davor gewarnt, den Import von Öl und Fuel aus Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine zu stoppen. „Ich hoffe, dass Russland zu seinen vertraglichen Verpflichtungen steht. Und dass wir uns auf Bundesebene im Klaren darüber sind, dass uns ein völliger Stopp der Energielieferungen vor große Probleme stellen würde“, sagte er dem Handelsblatt.
Woidke gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die im brandenburgischen Schwedt ansässige PCK-Raffinerie russisches Öl zu Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl aufbereite. „Davon hängen ganze Produktionsketten und die Versorgung in Nordostdeutschland – einschließlich des Flughafens Berlin Brandenburg – ab“, sagte der SPD-Politiker. „Wir sind additionally im Second auch da auf russische Lieferungen angewiesen.“
Dass der russische Energiekonzern Rosneft mehrheitlich an der Raffinerie beteiligt ist, sieht Woidke angesichts des russischen Angriffskriegs kritisch. „Alles, was mit Russland zu tun hat, steht auf wackeligen Beinen“, sagte Woidke. An der Raffinerie in Schwedt hingen aber mehrere Tausend Arbeitsplätze – für Woidke ein weiterer Grund gegen ein Energieembargo.
Konsequenzen forderte der Regierungschef von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der Vorsitzender des Aufsichtsrats von Rosneft ist. „In der jetzigen State of affairs halte ich es für schwierig, dass er Aufsichtsratschef von Rosneft bleibt. Dieses Engagement, das noch dazu mit finanziellen Vorteilen für ihn verbunden ist, sollte er überdenken.“
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Woidke sprach sich angesichts steigender Energiepreise zudem für weitere Entlastungen für die Bürger aus. „Der soziale Zusammenhalt steht auf dem Spiel, wenn Energie zum Luxusgut wird“, warnte er.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Herr Woidke, Brandenburg wirbt damit, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien weit fortgeschritten ist. Dann könnten Sie ja bezüglich eines möglichen Energiestopps aus Russland entspannt sein.
Wir können keineswegs entspannt sein. Es stimmt zwar: Unseren Strombedarf können wir rechnerisch bereits heute zu 94 Prozent aus erneuerbaren Energien decken, da sind wir deutschlandweit führend. Aber bei der Wärmeversorgung sind wir abhängig von Erdgas. Und das kommt zu einem Großteil aus Russland.
Wie sieht es beim Öl aus? In Schwedt, an der Grenze zu Polen, endet die russische Pipeline mit dem inzwischen unpassenden Namen „Druschba“ – „Freundschaft“.
Die PCK-Raffinerie bereitet dort das russische Öl zu Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl auf. Davon hängen ganze Produktionsketten und die Versorgung in Nordostdeutschland – einschließlich des Flughafens Berlin Brandenburg – ab. Wir sind additionally im Second auch da auf russische Lieferungen angewiesen.
An der Raffinerie ist der russische Energiekonzern Rosneft nicht nur mehrheitlich beteiligt, er will seine Beteiligung auch noch aufstocken. Steht das Funding auf wackeligen Beinen?
Alles, was mit Russland zu tun hat, steht auf wackeligen Beinen. Ich hoffe sehr, dass es möglichst schnell wieder stabile Verhältnisse gibt. An der Raffinerie in Schwedt hängen mehrere Tausend Arbeitsplätze. Auch deswegen bin ich überzeugt davon, dass es richtig ist, dass es kein russisches Ölembargo gibt.
Die Raffinerie in Schwedt könnte aber aufgrund der Verflechtung mit Rosneft Ziel von Sanktionen werden.
Ich hoffe, dass Russland zu seinen vertraglichen Verpflichtungen steht. Und dass wir uns auf Bundesebene im Klaren darüber sind, dass uns ein völliger Stopp der Energielieferungen vor große Probleme stellen würde. Es steht viel auf dem Spiel, und zwar nicht nur aufgrund dann ausbleibender Energielieferungen.
Was genau meinen Sie?
Die Raffinerie beschäftigt sich seit einiger Zeit auch mit der Entwicklung von grünen Kraftstoffen wie Biokerosin. Wenn das Unternehmen in Schieflage gerät, sind auch Zukunftsprojekte wie diese gefährdet.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats von Rosneft ist Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Kann er das bleiben?
Gerhard Schröder hat viel geleistet für unser Land. Auch für den Standort Schwedt hat er sich stark eingesetzt. In der jetzigen State of affairs halte ich es aber für schwierig, dass er Aufsichtsratschef von Rosneft bleibt. Dieses Engagement, das noch dazu mit finanziellen Vorteilen für ihn verbunden ist, sollte er überdenken.
Kann Schröder mit Blick auf ein Ende des Kriegs etwas bewirken?
Der russische Präsident ist der Einzige, der den Krieg stoppen kann. Wer helfen kann, Putin davon zu überzeugen, der sollte helfen.
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Struggle es ein Fehler, sich nicht früher aus der russischen Abhängigkeit zu lösen? Spätestens seit der Annexion der Krim 2014?
In der gesamten Zeit des Kalten Kriegs hat Russland Westdeutschland und Westberlin stabil mit Fuel versorgt, sodass sich die Abhängigkeit später sogar noch erhöhte. Russland galt als verlässlicher Companion. Und Deutschland, das gehört zur Ehrlichkeit dazu, hat es sich auch ein Stück weit bequem gemacht.
Inwiefern?
Wir wollen billigen Strom und eine warme Wohnung, aber keine Erdgasförderung in Deutschland, weder auf dem Festland noch im Wattenmeer. Wir lehnen Fracking-Fuel und Kohleverstromung ab und Atomkraft erst recht.
Und jetzt: Wie könnte sich Deutschland aus russischer Abhängigkeit befreien?
Außer Fracking-Fuel aus den USA können wir Fuel in nennenswerten Mengen aus Russland oder Flüssiggas aus Katar beziehen. Wir haben additionally die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Was ist mit dem deutschen Kohleausstieg 2030?
Ich glaube, dass die Kohlekraftwerke länger laufen müssen als „idealerweise“ bis 2030, wie es im Koalitionsvertrag formuliert ist. Im Kohleausstiegsgesetz ist das Datum 2038 festgeschrieben. Wer das vorziehen will, muss klar sagen, wie es funktionieren soll.
Der Plan der Bundesregierung warfare, in Deutschland neue Gaskraftwerke zu bauen. Ist das jetzt obsolet?
Ich halte den Bau von zusätzlichen Gaskraftwerken vor dem Hintergrund der jetzigen internationalen State of affairs für nicht verantwortbar und nicht machbar. Unsere Abhängigkeit würde weiter steigen. Der Weg kann nur sein, die erneuerbaren Energien auszubauen, um zumindest den steigenden Strombedarf decken zu können. Dafür braucht es schnellere Genehmigungs- und Planungsverfahren. Wenn wir in der Lage sind, die Genehmigung für eine große Autofabrik – Tesla bei uns in Brandenburg – in intestine zwei Jahren hinzubekommen, dann darf eine Genehmigung für ein Windrad nicht sechs oder sieben Jahre brauchen.
Wie stehen Sie zu längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke?
Es gibt eine ganze Reihe von guten Gründen, warum das nicht passieren sollte. Einer der wichtigsten Gründe für mich ist, dass wir nach wie vor keine vernünftige Lösung für den Atommüll haben.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will die drei noch am Stromnetz verbliebenen Atomkraftwerke mindestens drei Jahre weiterlaufen lassen.
Ich habe das sehr interessiert zur Kenntnis genommen. Merkwürdigerweise hat Herr Söder auch erklärt, dass es in seinem Bundesland kein Atommüll-Endlager geben kann. Das passt für mich nicht zusammen. Wer diese Atomkraftwerke länger laufen lassen will, der muss dann auch bereit sein, den Atommüll zu lagern.
Die steigenden Energiepreise setzen die Politik zusätzlich unter Handlungsdruck. Es werden verschiedene Maßnahmen zur Entlastung der Bürger und Unternehmen diskutiert. Was fordern Sie?
Der Staat sollte nicht davon profitieren, dass die Energiepreise momentan durch die Decke schießen. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen, wie man hier eingreifen kann. Es muss aber schnell was passieren. Der soziale Zusammenhalt steht auf dem Spiel, wenn Energie zum Luxusgut wird. Deshalb müssen wir den Menschen helfen. Es geht aber auch darum, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern.
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Was genau muss passieren?
Der Staat verdient momentan an den hohen Preisen auf Kosten der Bürger. Die Energiepreise werden immer stärker zu einer sozialen Frage. Der Staat muss dringend eingreifen.
Befürchten Sie soziale Unruhen, wenn Entlastungen nicht rasch kommen?
Die meisten Menschen verstehen, dass die momentane Krisensituation einen Einfluss auf die Energiepreise hat. Andererseits müssen die Menschen mit dem, was sie verdienen, auch auskommen können. Wir sind intestine beraten, die Belastung der Menschen ernst zu nehmen. Niemand will soziale Unruhen.
Was halten Sie von der Idee eines Tankrabatts?
Ein Tankrabatt ist nicht sonderlich hilfreich. Was geschieht denn, wenn ein Mineralölunternehmen einfach drei Euro professional Liter Kraftstoff nimmt? Ich glaube nicht, dass ein Rabatt ein guter Anreiz ist. Wir sollten mit der Wirtschaft eine Lösung finden, dass es weiterhin den Antrieb gibt, im Wettbewerb möglichst niedrige Preise anzubieten.
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Sollen auch Unternehmen entlastet werden?
Ja, es muss Entlastungen für Unternehmen geben. Wir sind mit dem Speditionsgewerbe in einem ganz empfindlichen Bereich massiv betroffen. Das Gewerbe hält in Deutschland die Lieferketten aufrecht und sorgt dafür, dass in Supermärkten die Regale voll sind. Die Spediteure helfen, dass die Betriebe arbeiten können, weil sie Teile, Werkzeuge und Rohstoffe liefern. Deswegen muss hier sehr schnell reagiert werden.
Eine andere Herausforderung sind die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine. Ist Deutschland dafür gerüstet?
Ob wir gerüstet sind, hängt stark davon ab, dass wir wissen, was auf uns zukommt; das wissen wir momentan noch nicht. Deutschland wird es schaffen, die Menschen unterzubringen, die vor einem verbrecherischen Krieg aus ihrer Heimat flüchten müssen. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft ist großartig. Dafür bin ich unendlich dankbar!
Berlin scheint zunehmend überfordert zu sein.
Etwa zwei Drittel der Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland flüchten, kommen in Berlin an. Natürlich ist Berlin damit allein überfordert. Es ist auch schwer erträglich, die Menschen längere Zeit in Messehallen oder in Flughafenterminals unterzubringen. Es ist wichtig, sie möglichst schnell und gleichmäßig auf das Bundesgebiet zu verteilen.
Braucht es einen Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt, um das zu koordinieren?
Das muss man sehen. Wir Länder und Kommunen stehen bereits in einem engen Austausch. Viele der in der Flüchtlingswelle 2015 aufgebauten Strukturen bestehen noch. Sie helfen uns jetzt.
Muss der Bund die Kosten übernehmen?
Der Bund wird sich truthful an den Kosten beteiligen. Das hat der Bund Ländern und Kommunen zugesichert. Die Particulars klären wir derzeit.
Herr Woidke, vielen Dank für das Interview.
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