New York Es ist der russische Außenminister Sergej Lawrow, der an diesem Dienstag zum großen Rundumschlag ausholt. Die EU befinde sich in einem „russenfeindlichen Rausch“. Anders kann er nicht erklären, wieso der Westen die Ukraine mit Waffen aufrüstet.
Die Ukraine wiederum fordert Lawrow auf, der „arroganten Philosophie des Westens“ zu entsagen. „Ich hoffe, dass die ukrainische Seite den Ernst der Lage und ihre Verantwortung erkennt.“
Zugleich nutzte er seine Ansprache vor der Abrüstungskonferenz in Genf, die aufgezeichnet und per Video übertragen wurde, um frühere Drohungen und Behauptungen von Kremlchef Wladimir Putin zu wiederholen: Die Regierung in Kiew wolle eigene Atomwaffen, auf dem ukrainischen Territorium befände sich noch sowjetische Nukleartechnologie und die Mittel, so bestückte Waffen abzuschießen. „Wir müssen auf diese reale Gefahr reagieren“, sagte Lawrow.
Was das konkret bedeutet, zeigten am Dienstagmorgen die Satellitenbilder des US-Unternehmens Maxar: Ein 64 Kilometer langer russische Militärkonvoi nähert sich der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Und so gibt es auch an Tag sechs des Ukrainekriegs Gefechte in Teilen des Landes.
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„Die Gruppierung der Streitkräfte der Russischen Föderation führt weiterhin eine Spezial-Militäroperation durch, bis die gesetzten Ziele erreicht sind“, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge.
Schoigu warf der Ukraine vor, mehrere Raketensysteme, Kanonen und Mörser „in den Höfen von Wohngebäuden, in der Nähe von Schulen und Kindergärten“ aufgestellt zu haben. „Während militärischer Zusammenstöße zögert die ukrainische Seite nicht, Zivilisten als menschliches Schutzschild zu missbrauchen“, behauptete der Vertraute von Präsident Putin.
Die Ukraine wiederum wirft Russland vor, auch Wohngebiete mit Raketen zu beschießen. Die Angaben beider Seiten sind nicht unabhängig zu überprüfen.
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Und der Westen? Liefert Waffen, belegt Russlands Elite und das Finanzsystem mit Sanktionen, schließt aber eigene Kampfhandlungen im Kriegsgebiet aus. „Die Nato wird keine Truppen in die Ukraine entsenden oder Flugzeuge in den ukrainischen Luftraum verlegen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag bei einem Besuch auf dem polnischen Luftwaffenstützpunkt Lask. „Die Nato wird sich nicht an dem Konflikt beteiligen.“
Der polnische Präsident Andrzej Duda bekräftigte: „Wir schicken unsere Flugzeuge nicht, denn das würde eine militärische Einmischung in den Konflikt bedeuten, der sich in der Ukraine abspielt, es würde bedeuten, dass sich die Nato in den Konflikt einschaltet, aber die Nato ist keine Partei in dem Konflikt“. Duda verwies darauf, dass man vielseitige Hilfe, vor allem humanitäre Hilfe leiste. „Aber unsere Flugzeuge fliegen momentan nicht in die Ukraine.“
Allerdings begann in der Slowakei – einem Nachbarland der Ukraine – ein zweiwöchiges Großmanöver von slowakischen und amerikanischen Streitkräften unter der Bezeichnung „Saber Strike“ (Säbelhieb). Das Manöver ist nach Angaben des slowakischen Verteidigungsministeriums unabhängig von der Scenario im Nachbarland Ukraine seit quick zwei Jahren für den Zeitraum vom 1. bis 14. März vorbereitet worden.
Forderungen des EU-Parlaments
Während Lawrow in Genf vorsprechen durfte, battle der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Dienstagmittag in Brüssel zugeschaltet. Dort versammelt sich das EU-Parlament zu einer Dringlichkeitssitzung.
Die Abgeordneten wollen Russland wegen der Invasion in der Ukraine als „Schurkenstaat“ einstufen und fordern weitere Sanktionen gegen die Regierung in Moskau. Dies geht aus einem Entwurf für eine Entschließung hervor, der bereits öffentlich kursiert. Eine Mehrheit dafür galt als sicher, da die meisten Fraktionen den Entwurf unterstützen.
So soll das Ausmaß der Sanktionen erweitert werden, „um die russische Wirtschaft und die industrielle Foundation strategisch zu schwächen, vor allem was den militärisch-industriellen Komplex betrifft“. Außerdem fordert das Parlament eine härtere Gangart gegen das Umfeld Putins, Kürzungen beim Import von Öl und Fuel aus Russland sowie die völlige Kappung Russlands und Belarus‘ vom internationalen Zahlungsverkehr Swift. Auch sollen EU-Häfen für russische Schiffe geschlossen und der Schiffsverkehr mit Russland eingestellt werden. Die Entschließung ist allerdings nicht bindend.
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Die Klagen der Oligarchen
Wie sich zeigt, entfalten die ersten Schritte gegen Russlands Oligarchen bereits Wirkung. Einige Milliardäre äußerten sich am Dienstag öffentlich und wiesen die gegen sie verhängten EU-Sanktionen als unberechtigt zurück. Die Geschäftsmänner Michail Fridman und Petr Aven wollen die Maßnahmen, etwa das Einfrieren von Vermögenswerten oder Einreiseverbot in die Europäische Union, anfechten.
Die Vorwürfe seien „fadenscheinig und unbegründet“. Dagegen wollen sie „energisch und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln“ vorgehen.
Auch TUI-Großaktionär Alexej Mordaschow will einer Sprecherin zufolge Optionen mit Blick auf die Sanktionen prüfen. Er habe keine Nähe zur Politik, hieß es in einer Stellungnahme des Unternehmers. „Ich habe absolut nichts mit der Entstehung der aktuellen geopolitischen Spannungen zu tun, und ich verstehe nicht, warum die EU Sanktionen gegen mich verhängt hat.“
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Dax im Minus
An den Märkten ist die unsichere Lage in der Ukraine weiter spürbar. Mittags notierte der Leitindex mit 14.164 Zählern 2,1 Prozent oder rund 300 Punkte im Minus. Das Tagestief liegt bei 14.075 Zählern.
Die Furcht vor Lieferausfällen trieb den Ölpreis am Dienstag erneut über die 100-Greenback-Marke. Der Preis für Brent-Rohöl verteuerte sich um mehr als vier Prozent auf bis zu 102,32 Greenback professional Barrel (159 Liter). Nach der russischen Invasion in der Ukraine battle der Preis vergangene Woche auf ein Rekordhoch von 105,79 Greenback geklettert.
„Die instabile Lage in der Ukraine und die Finanz- und Energiesanktionen gegen Russland werden die Energiekrise weiter anheizen und den Ölpreis kurzfristig deutlich über 100 Greenback professional Barrel halten und sogar noch höher, wenn der Konflikt weiter eskaliert“, sagte Louise Dickson, Ölmarktanalystin bei Rystad Vitality.
Gefragt waren als sicher geltende Anlagen. So verteuerte sich Gold um 0,7 Prozent auf 1921 Greenback professional Feinunze. Auch bei Staatsanleihen griffen die Anleger zu. Im Gegenzug fiel die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bis auf 0,043 Prozent.
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Star-Dirigent entlassen
Auch in Kulturkreisen sorgt die Russlandkrise für Unruhe – und Kündigungen. So trennt sich die Stadt München mit sofortiger Wirkung vom Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Waleri Gergijew. Dieser gilt als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Gergijew habe sich zu der Aufforderung „sich eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt“ nicht geäußert, erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter. Gergijew battle seit 2015 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. In den vergangenen Tagen hatte sich bereits die Mailänder Scala von ihm getrennt.
Auch die Hamburger Elbphilharmonie hat reagiert und die Konzerte mit dem russischen Star-Dirigenten abgesagt. „Infolge des anhaltenden Schweigens zur russischen Invasion in der Ukraine von Waleri Gergijew sind die an Ostern geplanten beiden Konzerte mit ihm und dem Orchester des Mariinski-Theaters in der Elbphilharmonie nunmehr abgesagt“, teilte das Konzerthaus am Dienstag mit.
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Mit Materials von dpa und Reuters