Wird aus der Werteunion eine neue Partei? Der Verein um Hans-Georg Maaßen könnte dafür heute die Weichen stellen.
Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat sich viel vorgenommen: Der 61-Jährige will mit einer neuen Partei durchstarten – und aus dem politischen Abseits kommen, in dem das langjährige CDU-Mitglied steckt. Mit der Führung der Union liegt Maaßen seit geraumer Zeit im Dauerkonflikt – seit vergangenem Jahr läuft ein Parteiausschlussverfahren gegen den ehemaligen Spitzenbeamten und derzeitigem Chef der Werteunion, einem Verein, in dem auch besonders konservative Mitglieder von CDU und CSU vertreten sind. Die Werteunion ist keine Parteigliederung der CDU, hat aber lange dessen Nähe gesucht.
Bei einer Mitgliederversammlung am Samstag in Erfurt soll ein erster wichtiger Schritt in Richtung Parteigründung gegangen werden: Einige hundert Mitglieder der Vereinigung werden dazu nach Angaben eines Sprechers erwartet. t-online hatte Anfang Januar erstmals über die Bestrebungen des Vereins berichtet. Formal geht es bei dem heutigen Treffen um ihre Zustimmung, das Namensrecht Werteunion auf die geplante Partei zu übertragen. Bestehen bleiben soll sie außerdem als Förderverein. Die Entscheidung wird hinter verschlossenen Türen fallen – „Mitgliederversammlungen der Werteunion finden seit jeher unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt“, heißt es zur Begründung. Vereine können im Gegensatz zu Parteien intern tagen. Doch was ist konkret geplant und wen will die Partei erreichen? Ein Überblick:
Was hat Maaßen vor?
Anfang Januar hatte Maaßen überraschend die Parteigründung angekündigt. Er sorgte damit bundesweit für Aufmerksamkeit – die CDU-Führung äußerte sich offiziell nicht. Es wäre die zweite prominente Parteigründung in diesem Jahr, nachdem die ehemalige Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht Anfang Januar bereits das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gegründet hatte. Beide Formationen könnten der AfD Wähler wegnehmen.
Maaßen, der dem Thüringer CDU-Landesverband angehört und der 2021 in Südthüringen erfolglos für den Bundestag kandidiert hatte, liebäugelt mit einem Antritt seiner Partei bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. „Die Partei könnte bereits bei den anstehenden ostdeutschen Landtagswahlen antreten und würde mit allen Parteien zusammenarbeiten, die diese Programmatik unterstützen und die zu einer Politikwende in Deutschland bereit sind“, erklärte er.
Und es wäre eine Abkehr der Werteunion mit nach eigenen Angaben derzeit mehr als 4.000 Mitgliedern von CDU und CSU – viele ihrer Mitglieder gehören nach Angaben der Werteunion einer der Unionsparteien an. Wie viele Maaßen folgen, wird sich zeigen. „Viele wollen wechseln. Die CDU will uns ja nicht“, sagte einer der Landesvorsitzenden der Werteunion.
Wo will sich die Werteunion von der CDU abgrenzen?
Sie teilen die Ansicht von Maaßen, dass die Unionsparteien seit der Ära von Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr ihren Markenkern vertreten – das sei „Freiheit statt Sozialismus“. 2023 habe sich gezeigt, dass der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz und der Bundesvorstand „nicht zu einer Politikwende bereit sind“, so Maaßen. „Die Politik Merkels hat Deutschland in allen politischen Bereichen erheblichen Schaden zugefügt.“
In eine rechte Ecke will die Werteunion nicht gedrängt werden: Sie „distanziert sich klar, eindeutig und in aller Form von ALLEN politisch-extremistischen Bestrebungen verfassungswidrigen oder verfassungsfeindlichen Charakters!“, erklärte sie vorsorglich vor der Mitgliederversammlung. Gleichzeitig schloss Maaßen zuletzt keine Koalition mit der AfD oder der neuen Wagenknecht-Partei aus.
Wer würde die Partei wählen?
Die Chancen einer konservativen Partei quasi zwischen CDU/CSU und AfD sind umstritten. Ein erstes Umfrageergebnis gibt es seit einigen Tagen: Rund 15 Prozent der Bürgerinnen und Bürger können sich einer Umfrage zufolge vorstellen, sie zu wählen.
In einer am Umfrage des Instituts Insa im Auftrag der neurechten Zeitung „Jungen Freiheit“ antworteten fünf Prozent, sie könnten sich die Wahl einer Partei von Maaßen „auf jeden Fall“ vorstellen, zehn Prozent können sich das eher vorstellen. Der Großteil der Befragten ist dagegen skeptisch: 62 Prozent gaben an, sich das „gar nicht“ oder „eher nicht“ vorstellen zu können.