Düsseldorf 742 Tage sind seit dem ersten bekannten Coronafall in Deutschland vergangen, doch die Pandemie bestimmt leider weiter unseren Alltag. Omikron verbreitet sich schneller, aber nach allem, was wir wissen, führt diese Mutation auch zu weniger schweren Erkrankungen. Noch steigt die Zahl der Infizierten rasch.
Der Scheitelpunkt der fünften Infektionswelle ist noch nicht erreicht. Experten sagen ihn für zwischen Ende Februar und Anfang März voraus. Aktuell müssen wir weiter achtsam bleiben und die Entwicklung in den Krankenhäusern genau im Blick behalten.
Im Vordergrund steht der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen und das gemeinsame Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Als Politik haben wir zugleich die Verantwortung, die Freiheitsrechte der Menschen zu schützen und zu verteidigen. Das bedeutet, unter den wirksamen Mitteln stets das mildeste im Kampf gegen die Pandemie zu wählen.
Die aktuelle Entwicklung mit milderen Krankheitsverläufen eröffnet uns die Probability, dass wir bald in eine neue Part der Pandemie eintreten können. Umso entscheidender ist es, dass wir an einem Basisschutz zur Absicherung von mehr Normalität festhalten. Das heißt etwa: Maske tragen und Abstand halten, da wo es nötig ist. Wenn der Bundestag nicht handelt, wird am 19. März die Rechtsgrundlage für diese niedrigschwelligen Basisschutzmechanismen entfallen. Faktisch stünden die Länder ohne Schutzoptionen da – zu einem Zeitpunkt, an dem Deutschland absehbar eine noch deutlich zu geringe Impfquote hat. Das geht nicht.
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Der Bund sollte schnell handeln. Es muss mindestens die einmalige Verlängerungsoption bis Ende des Frühjahrs genutzt werden, noch besser wären längerfristige Mindest-Schutzoptionen für Länder und Kommunen, bis die Immunisierung auch bei uns deutlich gesteigert ist. Das sorgt für Planungssicherheit.
Hoher Schutz für susceptible Menschen
Schalten wir bei Corona das Fernlicht an! Zu einer vorausschauenden Pandemiepolitik gehört es, dem Rat der Wissenschaft zu folgen und nicht unvorbereitet auf die nächste Welle, die uns etwa im Herbst oder Winter ereilen könnte, zu treffen.
Die Regierung Scholz sollte daher bereit sein, die eigene Fehleinschätzung aus dem Beginn ihrer Arbeit für ein absoluteres Ende aller Schutzoptionen bereits in wenigen Wochen zu korrigieren. Corona wird nicht mit dem Ende des Winters komplett verschwinden, nur weil es politisch gewünscht ist.
Ein konsequenter Basisschutz mit bewährten Maßnahmen bietet zusammen mit mehr Erst-, Zweit-, und Booster-Impfungen die notwendigen Leitplanken, um Schritte in Richtung Normalität gehen zu können. Alles zusammen ist das kleinere Übel im Vergleich zu Lockdown-Maßnahmen, die keiner will.
Für susceptible Menschen müssen wir bis auf Weiteres ein hohes Schutzniveau aufrechterhalten. Infektionen in dieser Personengruppe führen öfter zu schweren Verläufen und damit zu hohen Belastungen des Gesundheitssystems. Neben dem Erhalt des Basisschutzes ist entscheidend, dass wir die Rücknahme von Einschränkungen einheitlich und konsistent vorbereiten.
Die MPK soll die Kontaktbeschränkungen überprüfen
Beim nächsten Zusammentreffen von Bund und Ländern Mitte Februar sollten gemeinsam Öffnungsperspektiven für den Second entwickelt werden, zu dem Klarheit besteht, dass das Risiko einer Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr gegeben ist. Diesen Second in den Blick zu nehmen ist die verlässliche Grundlage dafür, dass nicht in wenigen Wochen wieder schärfere Maßnahmen notwendig werden. Zu einer vorausschauenden Pandemiepolitik gehört eben auch, ein Hin und Her zu vermeiden.
Im ersten Schritt sollten die Einschränkungen zurückgenommen werden, die im Verhältnis zu ihrem Nutzen große Belastungen auslösen. Ich denke hier zum Beispiel an die 2G-Regel in weiten Teilen des Handels. Ich weiß um die vielen Sorgen und Nöte des Einzelhandels und zugleich die großen Anstrengungen in den vergangenen Monaten, die geltenden Regeln umzusetzen und zu kontrollieren.
Daher sollte eine Veränderung des Schutzes im Einzelhandel in einem ersten Schritt enthalten sein. In Zukunft sollte das Tragen einer FFP2-Maske den Schutz im Handel gewährleisten. Auch hier hilft Basisschutz auf dem Weg zu mehr Normalität.
Prüfen sollten wir auch den Umfang von Kontaktbeschränkungen bei privaten Treffen. Denn das eingeschränkte Zusammensein, die fehlenden Kontakte schmerzen. Daran werden wir uns nie gewöhnen, und das ist auch intestine so, denn sie stehen für uns als lebendige Gesellschaft und sind zugleich auch ein Ausdruck von Zusammenhalt.
Bereits in der vergangenen Woche haben die Länder eine gemeinsame Regelung mit Blick auf Großveranstaltungen und ihre Höchstgrenzen bei den Zuschauerzahlen verabredet. Unser Anliegen als MPK-Vorsitzland ist es, auch die nächsten Schritte abgestimmt miteinander zu gehen. Auch die Rücknahme von Einschränkungen der Freiheit der Menschen sollte konsistent und möglichst einheitlich erfolgen, um Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz zu stärken.
Der Autor: Hendrik Wüst ist Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
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