Nationalspielerin Lena Oberdorf steht vor einem sensationellen Wechsel innerhalb der Bundesliga. Die künftigen Kräfteverhältnisse werden damit zementiert.
Über Jahre waren der 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam im deutschen Frauenfußball das Nonplusultra. Doch die beiden Traditionsvereine sind mittlerweile zu einer Randnotiz verkommen. Der 1. FFC fusionierte vor dreieinhalb Jahren mit der großen Eintracht aus Frankfurt. Turbine stieg in der vergangenen Saison ab und spielt aktuell in der 2. Bundesliga.
Der letzte Ligatitel der Brandenburgerinnen liegt derweil fast zwölf Jahre zurück, der der Frankfurterinnen sogar noch länger. Seitdem machen zwei andere Vereine die Meisterschaft Saison für Saison unter sich aus: der VfL Wolfsburg und der FC Bayern.
Dabei haben sich die Niedersächsinnen in dieser Zeit zum internationalen Aushängeschild des deutschen Frauenfußballs entwickelt. Seit 2015 gewannen sie jedes Jahr den DFB-Pokal, holten außerdem zweimal die Champions League und standen vier weitere Male im Endspiel der Königsklasse.
Doch die Vormachtstellung des VW-Klubs in Deutschland scheint nachhaltig in Gefahr zu sein. Denn der FC Bayern steht vor der Verpflichtung einer Schlüsselspielerin des Wolfsburger Kaders. Die Münchenerinnen stehen damit kurz davor, den Dauerrivalen nicht nur einzuholen, sondern auf lange Sicht hinter sich zu lassen.
Oberdorf vor Wechsel: VfL verliert „aggressive Leaderin“
Am Montag machte nämlich das Gerücht die Runde, dass Lena Oberdorf in der Dauerfehde der zwei Topteams um die Meisterschaft in der Frauen-Bundesliga ab Sommer doch tatsächlich die Seiten wechseln könnte. Zunächst hatte das Portal „Soccerdonna“ über den Deal berichtet, später bestätigte auch die „Sportbild“ den wohl bevorstehenden Transfer. Der FC Bayern könne demnach eine Ausstiegsklausel in Oberdorfs bis 2025 laufendem Vertrag nutzen und die deutsche Nationalspielerin für 200.000 bis 250.000 Euro aus Wolfsburg loseisen.
Für den VfL wäre der Verlust von Oberdorf ein schwerer Schlag. Zwar haben die „Wölfinnen“ mit Freiburgs Janina Minge bereits einen Ersatz verpflichtet, doch der mögliche Abgang der Stammspielerin ist damit keinesfalls eins zu eins zu kompensieren.
Oberdorf ist mit gerade einmal 22 Jahren eine der unumstrittenen Anführerinnen auf dem Platz: beim VfL, aber auch im DFB-Team. Ex-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bezeichnete sie auch mal als „aggressive Leaderin“. Nachvollziehbar, denn die Zweikampfstärke Oberdorfs sucht in der Liga wohl ihresgleichen – tendenziell sogar auf der ganzen Welt.
„Lena hat schon in jungen Jahren eine physische Präsenz, einen Willen, aber auch eine Intuition, im richtigen Moment in die Zweikämpfe zu gehen und Zeichen zu setzen“, betonte Voss-Tecklenburg in der Dokumentation „Born for this“ im Rahmen der EM 2022. Die Spielerin selbst erklärte einmal: „Ich liebe es, wenn es physisch zur Sache geht, wenn es im Zweikampf auch mal knallt.“
„Ruhrpott-Mentalität“: Oberdorfs vielversprechende Anfänge
Dass Oberdorf als Abräumerin eine absolute Ausnahmekönnerin ist, bestätigt eine ehemalige Mitspielerin. Irini Ioannidou lief zwischen 2010 und 2021 für die SGS Essen in der Bundesliga auf. Dort stand auch Oberdorf zwischen 2018 und 2020 unter Vertrag.
„Als Lena mit 16 zu uns kam, war sie von der Statur her schon unfassbar robust“, so Ioannidou im Gespräch mit t-online. „Man hat auf jeden Fall sofort gemerkt, dass sie vorher mit Jungs zusammengespielt hat.“ Diese Robustheit, gepaart mit ihrer Zweikampfstärke, sei Oberdorfs großer Trumpf.
Nicht lange danach kam für die junge Akteurin der Anruf von der früheren Bundestrainerin. Oberdorf ist seitdem nicht mehr aus der DFB-Elf wegzudenken. „Ich hab eigentlich direkt nach den ersten paar Wochen in Essen gesagt: Lena wird zu 100 Prozent Nationalspielerin. Für mich war das irgendwie klar“, sagt Ioannidou.
Was die frühere Bundesligaspielerin besonders am in Nordrhein-Westfalen geborenen DFB-Star beeindruckt: „Sie hat die Ruhrpott-Mentalität. Das heißt: Sie gibt niemals auf und geht immer über ihre Grenzen.“ Der Schritt nach Wolfsburg 2020 seit richtig für Oberdorf gewesen. „Sie hat sich gut entwickelt, was ja nicht immer der Fall ist, wenn man als junges Mädchen zu einem Top-Verein wechselt.“