Düsseldorf Das Volumen der Warenlieferungen nach Russland schrumpft weiter und zwar in rasanter Geschwindigkeit. Nachdem vergangene Woche die Sendungen in das Land weltweit um 16 Prozent zurückgegangen sind, beträgt das Minus seit Kriegsausbruch inzwischen 62 Prozent. Das errechnete der US-Lieferkettenspezialist Fourkites, der für Konzerne wie Coca-Cola, Walmart oder Henkel tätig ist, an diesem Mittwoch.
Verantwortlich dafür, dass die Einfuhren nach Russland nahezu zum Erliegen gebracht wurden, ist in erster Linie die Industrie. Den Rückgang, den Unternehmen wie Siemens Energy, Volkswagen, BMW oder Daimler Truck verursachen, beziffert der Lieferkettenspezialist mit 65 Prozent.
Etwas geringer ist der Effekt bei den Konsumgütern. Westliche Hersteller wie Adidas, Nike, Apple, Ikea oder Obi haben ihr Geschäft in Russland eingestellt. Hier betrug der Rückgang der Warenlieferungen laut Fourkites 60 Prozent.
Grund dafür dürften nicht zuletzt die Sanktionen sein, mit denen die Europäische Union Firmen droht, die mit Russlandeinfuhren regierungsnahe Oligarchen begünstigen. Bei Vergehen stellt die EU Bußgelder in Höhe von zehn Millionen Euro und Haftstrafen bis zu fünf Jahren in Aussicht.
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Den Handel erschwere dies erheblich, berichtet Lothar Harings, Sanktionsexperte und Anwalt der Kanzlei Graf von Westphalen. „Unternehmen müssen sich Gewissheit verschaffen, dass ihr russischer Vertragspartner nicht von einer gelisteten Particular person kontrolliert wird“, beschreibt er die hohen Hürden.
So muss sich das Administration in jedem Fall vor den Lieferungen die Gesellschafterstruktur zeigen lassen. Hält ein gelisteter Oligarch oder ein gelistetes Unternehmen mehr als die Hälfte der Anteile, wird bei Lieferungen eine verbotene „mittelbare Bereitstellung“ unterstellt.
Insbesondere deutschen Russlandexporteuren erschwert das Geschäft zusätzlich, dass das Bundeswirtschaftsministerium die Hermes-Bürgschaften für das kriegführende Land ausgesetzt hat. Mit dem Instrument der Export-Kreditgarantien sichert die Bundesrepublik seit 1949 Ausfuhren deutscher Unternehmen ab, um sie gegen die Zahlungsunfähigkeit ausländischer Kunden, aber auch gegen die Folgen kriegerischer Ereignisse oder staatlicher Beschlagnahme zu schützen. Das Bürgschafts-Aus verhagelt nun vor allem mittelständischen Firmen, denen ein üppiger Finanzpuffer fehlt, nachhaltig das Russlandgeschäft.
Frachtraten sinken wieder
Dafür entspannt sich aktuell überraschend die State of affairs für deutsche Importeure, denn die Frachtraten sinken auf breiter Entrance. Erstmals seit Juli 2021, meldete die Londoner Seefracht-Beratungsfirma Drewry, sank die durchschnittliche Price je Doppelcontainer Ende vergangener Woche unter die Marke von 9000 Greenback. Gegenüber der Vorwoche sackte der Durchschnittpreis um 3,8 Prozent auf 8832 Greenback, nachdem es schon in den zwei Wochen davor jeweils zu Preisnachlässen gekommen struggle.
Experten zeigen sich über diese Entwicklung erstaunt. Denn viele hatten mit einem zusätzlichen Preisschub gerechnet. Grund zur Sorge gab die stockende Eisenbahn-Frachtverbindung zwischen China und Europa, die seit Ausbruch des Ukrainekriegs kaum noch gebucht wird.
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Nur noch vereinzelt verlassen derzeit Züge das Reich der Mitte. Chinesische Verlader sorgen sich um die Sicherheit der Waren, westliche Importeure fürchten Boykotte und Sanktionen, da sie zum Transport die russische Eisenbahngesellschaft RZD nutzen.
Kühne + Nagel-Supervisor Marcus Balzereit kündigte gegenüber dem Branchendienst „The Edge Markets“ an, keine Buchungen mehr für die Schienenverbindung anzunehmen. Für eilige Transporte empfiehlt das Schweizer Logistikunternehmen nun stattdessen eine Kombination aus Luft- und Seefracht.
Letztere aber müsste, falls es zu einem kompletten Stillstand der sogenannten eisernen Seidenstraße kommt, zusätzlich 1,46 Millionen Standardcontainer (TEU) professional Jahr aufnehmen – und damit vier Prozent der weltweit verfügbaren Stahlboxen. Insbesondere Ladungen des Computeranbieters Dell, des Möbelhändlers Ikea oder der Autofirma Toyota, die in den vergangenen Jahren stark auf die quick 12.000 Kilometer lange Schienenverbindung gesetzt haben, müssten nun zusätzlich aufs Schiff.
Seefahrt im Schwarzen Meer quick vollständig gestoppt
Zumindest in den Häfen West- und Nordeuropas hat dies bislang allerdings kaum zu größeren Verzögerungen geführt. Dort liegt die durchschnittliche Verweildauer für Importware bei rund acht Tagen – und damit gerade einmal vier Prozent höher als beim Ausbruch des Ukrainekriegs.
Völlig anders ist die State of affairs indes in Süd- und Osteuropa. Nachdem in den vergangenen Wochen mindestens fünf Frachter im Schwarzen Meer von Artillerie beschossen wurden, ist dort die Seefahrt quick vollständig zum Erliegen gekommen. Der Hafen von Odessa, der größte Hafen der Ukraine, ist geschlossen, in Berdyansk zogen russische Schlepper fünf ausländische Weizenfrachter auf See, um Platz für eigene Kriegsschiffe zu schaffen.
Entsprechend werden die Schiffe umgeleitet in andere Häfen, insbesondere nach Italien und Griechenland, wo sich inzwischen die ersten Staus abzeichnen. In Süd- und Osteuropa, ermittelt Fourkites, dauere die Containerverladung mittlerweile quick elf Tage – und damit vier Tage mehr als kurz vor dem Kriegsausbruch.
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