New York „Putin kann nicht an der Macht bleiben.“ Diese Aussage des US-Präsidenten Joe Biden schlug am Samstagabend hohe Wellen. Nach Angaben des Weißen Hauses ist das, was Biden sagte, nicht ganz das, was Biden meinte. Ein Sprecher des US-Präsidialamtes stellte klar, dass gemeint gewesen sei, Putin dürfe keine Macht auf seine Nachbarländer oder die Area ausüben.
Ein Regimewechsel in Moskau sei nicht gemeint gewesen. Unklar ist offenbar auch, ob der Satz im Redemanuskript Bidens vorgesehen warfare, oder ob der US-Präsident spontan sprach.
Biden hatte am Samstagabend im Rahmen seines Polenbesuchs in Warschau gesprochen. Seine Aussagen wurden im Kreml mit starker Kritik aufgenommen. Diese „persönlichen Beleidigungen schließen jedes Mal das Fenster der Möglichkeiten für unsere bilateralen Beziehungen unter der derzeitigen Regierung“, sagte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Tass.
Biden hatte Putin außerdem als „Schlächter“ bezeichnet und deutliche Drohungen ausgesprochen: Putin solle nicht einmal daran denken, „einen einzigen Zentimeter auf Nato-Territorium zu gehen“.
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Mariupols Bürgermeister spricht von „Völkermord“
Nur weniger hundert Kilometer von Bidens Auftritt entfernt wurde die west-ukrainische Stadt Lwiw zur selben Zeit massiv angegriffen. Die regionale Militärverwaltung sprach von drei heftigen Explosionen in Folge von Luftangriffen am östlichen Stadtrand. Dabei sei ein Treibstofflager getroffen worden sein, teilte der Bürgermeister Andrij Sadowyj mit. Fünf Menschen sind dabei offenbar ums Lebens gekommen. Am Abend waren die Menschen weiter aufgerufen, Schutzräume nicht zu verlassen.
Die Stadt befindet sich nur rund 80 Kilometer von der polnischen Grenze und damit vom Nato-Territorium entfernt. Lwiw warfare bisher von Angriffen weitgehend verschont geblieben und so zum Ziel von Hunderttausenden Flüchtlingen aus der Ukraine, aber auch von Medienvertretern geworden.
Der US-Präsident sprach am Samstagabend zum Abschluss seiner Europa-Reise in Warschau.
(Foto: IMAGO/Eastnews)
Dass es nun, am Abend von Bidens Rede im nahegelegenen Polen zu einem Angriff kam, könnte kein Zufall sein. „Ich denke, dass ist eine Artwork Warnung an Biden“, kommentierte der ukrainische Sicherheitsexperte Anton Heraschtschenko den Luftangriff.
In der Stadt Charkiw sollen russische Truppen einen nuklearen Forschungsreaktor beschossen haben, heißt es vom ukrainischen Parlament. Wie groß der dabei entstandene Schaden ist, könne man aktuell wegen der andauernden Kämpfe nicht abschätzen, heißt es weiter.
Aus der massiv angegriffenen Hafenstadt Mariupol dringen unterdessen weiterhin bestürzende Berichte. Mariupols Bürgermeister Wadym Bojtschenko bezeichnete das Vorgehen der russischen Streitkräfte dort als „Völkermord“. Die russische Armee sei rücksichtslos gegen alle Bewohner der inzwischen schwer zerstörten Stadt vorgegangen – auch gegen die ethnischen Russen.
Die Verteidiger hätten in den extrem schweren Kämpfen „heroischen Widerstand“ geleistet. Über der Stadt wehe weiterhin die ukrainische Flagge, es bleibe weiterhin eine ukrainische Stadt. „Und unsere Soldaten tun alles, damit dies auch in Zukunft so bleibt“, sagte Bojtschenko. Allerdings seien einige Stadtteile bereits unter russischer Kontrolle. „Die Stadt ist eingekesselt, der Ring zieht sich immer enger.“
Über die Zukunft der Stadt oder gar deren Befreiung durch ukrainische Truppen von außerhalb wollte sich Bojtschenko nicht äußern. „Selbst der Generalstab der ukrainischen Armee hat darauf sicher keine Antwort“, meinte Bojtschenko. „Ich denke, wir müssen Geduld und Kraft haben, die Zeit wird es zeigen.“
Die angegriffene Stadt befindet sich nahe der polnischen Grenze und somit dem Territorium der Nato.
(Foto: Reuters)
Zuletzt hatten die Behörden Mariupols die Zahl der Todesopfer unter der Zivilbevölkerung mit 2187 angegeben. „Ich kann sagen, dass die Zahl inzwischen erheblich höher ist“, sagte Bojtschenko, ohne weitere Particulars zu nennen. Von den ursprünglich 540.000 Einwohnern sei bereits über die Hälfte evakuiert worden.
Am Samstag konnten 4331 weiter Menschen Mariupol über humanitäre Korridore verlassen. Insgesamt wurden so 5208 Menschen aus der Ukraine in Sicherheit gebracht.
Bundesregierung prüft offenbar Raketenschutzschild
Unterdessen gewinnt die Rüstungsdebatte in Europa weiter an Bedeutung. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski forderte in der Nacht zum Sonntag von Polen die Lieferung von Kampfflugzeugen und Panzern. In dem Videogespräch mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda warnte er davor, dass eine ausbleibende Lieferung auch ein Sicherheitsrisiko für das Nato-Land Polen darstellen könne.
„Wenn die Associate der Ukraine nicht mit Flugzeugen und Panzern helfen, und diese Möglichkeiten haben sie, dann besteht ein hohes Risiko, dass die russische Armee nicht nur eine Raketen-Gefahr für die Territorien unserer Nachbarn darstellt – Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und die Staaten im Baltikum – sondern auch eine direkte allgemeine militärische Bedrohung“, sagte Selenski am Samstag nach Darstellung der offiziellen Web site des ukrainischen Präsidenten. Dann seien die Grenzen und Städte der Nachbarn durch die Russen bedroht. „Und sie ziehen dann auch weiter.“
Auch vom Relaxation der westlichen Verbündeten forderte Selenski erneut Hilfen in Type von Waffenlieferungen. „Wir warten bereits seit 31 Tagen. Wer hat eigentlich das Sagen in der euro-atlantischen Gemeinschaft? Ist es wirklich immer noch Moskau, weil es auf Einschüchterung setzt?“ sagte er in einer Videoansprache am späten Samstagabend. Kiew brauche Panzer, Kampfflugzeuge und Schiffsabwehrsysteme. „Das alles ist nicht nur für die Freiheit der Ukraine, sondern für die Freiheit Europas.“
Mit seiner gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Kriegsführung tut Russland nach Meinung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj alles für eine „Entrussifizierung“ der Ukraine für diese und alle folgenden Generationen. „Dort, wo das Russische immer ein Teil des Alltags neben dem Ukrainischen warfare, im Osten unseres Landes, wo sie (die Russen) gerade friedliche Städte in Ruinen verwandeln, unternimmt Russland alles, um auf unserem Staatsgebiet eine Entrussifizierung durchzuführen“, sagte Selenskyj nach Angaben der „Ukrajinska Prawda“. Zu Sowjetzeiten warfare Russisch in der Ukraine dominierend. Mit der sogenannten Orangen Revolution 2004 besannen sich die Ukrainer auf ihre eigene Sprache, die sich deutlich vom Russischen unterscheidet.
Britische Außenministerin will Putin mit Druck zum Verhandeln bringen
Die britische Außenministerin Liz Truss will mehr Druck auf Russland und Präsident Wladimir Putin ausüben, um das Land in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen. „Wir müssen unsere Sanktionen verstärken. Wir müssen der Ukraine verstärkt Waffen senden“, sagte Truss in einem Interview der britischen Sonntagszeitung „Sunday Telegraph“. Wenn dann die Zeit für Verhandlungen gekommen sei, solle das Vereinigte Königreich eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Ukraine spielen. „Putin muss noch mehr unter Druck gesetzt werden“, sagte sie.
London: Russland verlässt sich in Ukraine weiter auf Abstandsmunition
Russische Luft- und Raketenstreitkräfte beschießen nach britischen Angaben weiterhin Ziele in der gesamten Ukraine, darunter auch in dicht besiedelten Gebieten. Dabei verlasse sich Russland weiterhin auf sogenannte Abstandsmunition, die aus dem russischen Luftraum abgefeuert werde, um die eigenen Flugzeuge nicht der ukrainischen Luftabwehr auszusetzen, heißt es in einem Replace des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, das in der Nacht zum Sonntag veröffentlicht wurde.
Forschungsreaktor in Charkiw erneut unter Beschuss
Der nukleare Forschungsreaktor „Neutronenquelle“ in der ostukrainischen Stadt Charkiw ist nach lokalen Medienberichten erneut unter Artilleriebeschuss geraten. „Eine Überprüfung des Ausmaßes der Schäden ist wegen der ununterbrochenen Kampfhandlungen in der Umgebung der nuklearen Anlage unmöglich“, teilte die staatliche Atomaufsicht mit.
Die Anlage warfare vor knapp zwei Wochen bei einer Bombardierung beschädigt und von der Energieversorgung abgeschnitten worden. Allerdings warfare der Reaktor schon zu Kriegsbeginn in einen sogenannten unterkritischen Zustand heruntergefahren worden.
In der Ukraine sind seit Kriegsausbruch vor einem Monat bereits zwölf Journalisten ums Leben gekommen. Weitere zehn Reporter seien im Verlauf der Kämpfe teils schwer verletzt worden, teilte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa auf ihrer Fb-Seite mit.
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„Der Welt die Wahrheit über Putins Aggression zu berichten, ist tödlich – im Krieg sind schon zwölf Journalisten gestorben“, schrieb sie. Nach ihrer Lesart wurden die Reporter von russischen Militärs getötet. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Insgesamt seien nach den bisherigen Ermittlungen mindestens 56 Medienvertreter angegriffen worden, darunter 15 Ausländer.
In Deutschland gehen Überlegungen zur eigenen Verteidigung weiter. Laut einem Vorabbericht der „Bild am Sonntag“ prüft die Bundesregierung zu diesem Zweck auch die Einrichtung eines Raketenschutzschildes über dem gesamten Bundesgebiet. Laut dem Medienbericht seien die Überlegungen bei einem Gespräch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Generalinspekteur Eberhard Zorn besprochen worden.
Konkret ging es dabei offenbar um die Anschaffung des israelischen „Arrow 3“-Programs. Für die Finanzierung solle demnach das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr verwendet werden.
Mit Agenturmaterial.
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