Düsseldorf Wer sich die Rhetorik der EZB-Chefin des vergangenen halben Jahres anschaut, der kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine politische Mission die geldpolitische Agenda Christine Lagardes antreibt.
Die Präsidenten gab, was die Inflationsgefahren angeht, immer nur das Notwendigste zu. Und selbst als Ökonomen wie andere Notenbanker längst vor einer nachhaltigen Trendwende bei der Preisentwicklung warnten, klammerte Lagarde sich an ihre überstrapazierte Sprachformel, es handele sich um ein „vorübergehendes Phänomen“.
Dass diese Attitüde nicht mehr haltbar ist, zeigen einmal mehr die Euro-Inflationsdaten vom Januar. 5,1 Prozent – wieder weit über den EZB-Erwartungen. Wieder ein Rekordwert. Und vor allem wieder nicht der oft prophezeite Wendepunkt, obwohl der deutsche Mehrwertsteuereffekt zum Jahresbeginn rausgefallen ist.
Hält Lagarde auch bei der Ratssitzung am Donnerstag an ihrer beschwichtigenden Haltung fest, bekommt die Notenbank ein Glaubwürdigkeitsproblem. Und das Vertrauen in die Notenbank ist eine notwendige Voraussetzung, um die so wichtigen Inflationserwartungen unter Kontrolle zu halten. Wenn die Bürger glauben, die Inflation kommt, kommt sie auch.
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Eine klare Ansage zur Inflationsbekämpfung der EZB ist additionally längst überfällig. Ja, Lagarde hat angedeutet, die Anleihekäufe zu verringern. Alles andere wäre angesichts der aktuellen Inflationslage und einer Bilanzsumme von 8,6 Billionen Euro auch nicht mehr vertretbar gewesen. Das entspricht 72 Prozent der Wirtschaftsleistung des Währungsgebiets, die US-Notenbank kommt gerade mal auf ein Drittel des BIP. Und die EZB ist inzwischen der mit Abstand größte Gläubiger der Euro-Staaten.
Wo die Zentralbank nach Belieben Kaufen kann
Worüber die Präsidentin allerdings weniger redet: der Rat hat im Dezember vorsichtshalber beschlossen, die Bonds, die die EZB im Rahmen des Corona-Ankaufprogramms (PEPP) gekauft hat und vor 2024 fällig werden, vollumfänglich durch neu Zukäufe zu ersetzen. Das nennt man Vorsorge für den Fall, dass der Druck am Ende doch zu groß wird, von den Krisen- auf Normalmodus umzuschalten. Jedenfalls schneller als der Präsidentin lieb ist. Es geht hier um jene Ankäufe, die die EZB freihändig, ohne Orientierung am Kapitalschlüssel seit Ausbruch der Pandemie durchführt.
Das heißt, die Zentralbank kann hier quick nach Belieben Staatsanleihen von Ländern kaufen, die wegen besonders hoher Staatsverschuldung auf langfristig niedrige Kaptalmarktzinsen angewiesen sind.
Auch das schürt den Verdacht, dass die EZB anders als die US-Notenbank Fed nicht wirklich frei ist in ihren Entscheidungen ist. Am Ende könnte sich die EZB tatsächlich vor die Different gestellt sehen, entweder den Euro zu retten oder die Inflation zu bekämpfen. Eine Lage, in die eine Zentralbank niemals kommen darf.
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