Köln Es soll die Besteuerung von Immobilien fairer machen. Anfang 2025 tritt das neue Grundsteuer-Reformgesetz in Kraft, das die damalige Bundesregierung aus Union und SPD im Jahr 2019 auf den Weg gebracht hat. Bisher besteuern die Finanzämter Grundstücke nach Einheitswerten, welche die sehr unterschiedliche Wertentwicklung verschiedener Lagen und Gebäude kaum widerspiegelt.
Sie gehen teilweise auf jahrzehntealte Gutachten zurück. Zudem gab es Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern. Nun soll zum einen einheitlich gerechnet werden, zum anderen auf Foundation aktueller Daten.
Für Eigenheimbesitzer bedeutet das schon in diesem Jahr zusätzlichen Aufwand – und damit auch für Steuerberater. Denn der 1. Januar 2022 wurde als Stichtag der Daten ausgewählt. Zwischen Juli und Oktober müssen diese in einer Steuererklärung an die Landesfinanzämter übermittelt werden. Er erwarte „eine Flut an Anfragen von Mandanten an Steuerberatungskanzleien“, sagt Marcus Schad, Geschäftsführer des sozialwissenschaftlichen Analyse-Instituts SWI Finance. „Die Kombination aus Frist und Unwissenheit wird eine starke Belastung hervorrufen.“
Eine aktuelle Studie von SWI Finance stützt die Befürchtung. SWI hat im Auftrag des Handelsblatts mehr als 5000 Steuerberater und Wirtschaftsprüfer on-line auch zu Herausforderungen für die Branche befragt. 72 Prozent der Teilnehmer gehen in diesem Jahr durch die Umsetzung der Grundsteuerreform von einer starken bis sehr starken Zunahme der Belastung aus, wobei große Kanzleien noch etwas mehr Aufwand erwarten.
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Im Rahmen der Studie hat SWI die besten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Deutschlands ermittelt. Dazu mussten die Teilnehmer Fachfragen beantworten – wer besonders intestine abschnitt, schaffte es auf die Bestenliste. 614 Steuerberatungs- und 116 Wirtschaftsprüfungs-Kanzleien wurden ausgezeichnet.
Noch stärker als die Grundsteuerreform beschäftigt die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der verschärfte Fachkräftemangel. 92 Prozent sehen ihn als eine große Herausforderung an. Im Vorjahr waren es 85 Prozent. Besonders betroffen sind große Kanzleien mit über 100 Mitarbeitern – hier lag der Wert bei intestine 97 Prozent. Geeignetes Private sei rar, sagt Schad. „Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind enorm gestiegen.“
Es werde mehr Fachwissen verlangt, zudem seien immer mehr digitale Kompetenzen gefragt. Dieser Druck komme sowohl von Seiten der Mandanten als auch von den Behörden. „Die Nachfrage überwiegt hier in großem Maße das Angebot“, sagt Schad. Kandidaten würden von den Kanzleien daher mit Zusatzleistungen umworben.
Keine Kapazität für neue Mandanten
SWI-Chef Schad erwartet im Zuge der Digitalisierung, dass sich der Markt bei kleineren Kanzleien konsolidiert. „Viele werden den Umstieg auf die Zukunft nicht schaffen.“ Die Anbieter, denen die Modernisierung gelingt, müssen dann das Beratungsvolumen der geschlossenen Kanzleien übernehmen. Ein Kraftakt steht bevor. „Steuerberater weisen schon heute zunehmend Anfragen von Neumandanten ab, weil sie hierfür keine Ressourcen mehr haben“, sagt Schad. Der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter werde sich so noch weiter verschärfen.
Viel Know-how ist auch mit Blick auf das komplexe deutsche Steuerrecht gefragt. Die Lage verbessert sich nicht – im Gegenteil. 66 Prozent der Kanzleien gaben an, dass der rechtliche Rahmen immer komplizierter wird. Eine Folge ist wachsende Unsicherheit. Inzwischen sind nur noch 25 Prozent der Befragten der Meinung, dass sie ihre Mandanten in allen Lebenslagen rechtssicher beraten können. Vor allem der zunehmende Einfluss von EU-Richtlinien erhöht die Komplexität.
Es gehe nicht nur um neue Gesetze, sondern auch um Rechtsprechung, sagt Schad. Beim europäischen Umsatzsteuerrecht ändere sich die Rechtswirklichkeit ständig, etwa bei Fragen des internationalen Handels oder beim Thema Kryptowährungen. „Die fehlende Rechtsklarheit führt zu einem erhöhten Aufwand, die Probleme sicher zu lösen“, sagt Schad. In Extremfällen drohe die Gefahr, dass heute aufkommende Fragen erst in zehn bis 15 Jahren rechtssicher beantwortet werden könnten.
Vor allem kleine Kanzleien klagen über ständige Gesetzesneuerungen. Sie seien in der Regel schon mit eher alltäglichen Steueraufgaben stark ausgelastet, sagt Schad. Da bleibe kaum Zeit, um sich mit neuen Gesetzen auseinanderzusetzen. 68 Prozent der Befragten nannten die fortschreitende Technisierung als besonders fordernd. Im Vorjahr lag der Wert jedoch noch etwas höher – Teile der Kanzleien kommen offenbar in der digitalen Welt an.
Eine Studie des Aalener Instituts für Unternehmensführung und der Hochschule Aalen untersuchte 2021 den Stand der Digitalisierung deutscher Steuerberatungskanzleien. Die Forscher stellten eine große Kluft fest zwischen Kanzleien, die digital arbeiten – und solchen, die dies nicht tun. Dabei könnten digitale Prozesse die Bearbeitungsgeschwindigkeit erhöhen und damit Kosten sparen. 57 Prozent der befragten Steuerberater gaben an, mit Mandanten auch digital zu kommunizieren, etwa über Videocalls. 29 Prozent verzichten darauf komplett.
Immerhin 32 Prozent sind ganz auf elektronische Mandantenakten umgestiegen. Besonders gering struggle der Grad der Digitalisierung bei der Akquisition neuer Mandanten. Da Steuerberatungsleistungen Vertrauensgüter seien, sei hier der persönliche Kontakt noch immer das Mittel der Wahl, so die Autoren.
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