Berlin Der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift wird wahrscheinlicher. Am Abend gaben immer mehr europäische Länder ihren Widerstand gegen die Maßnahme auf. Auch Deutschland, das die Sanktion zuletzt blockiert hatte signalisierte nun teilweise Zustimmung.
In einem gemeinsamen Assertion von Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck hieß es: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, wie die Kollateralschäden einer Abkopplung von Swift so eingegrenzt werden können, dass sie die Richtigen trifft.“ Und weiter: „Was wir brauchen, ist eine gezielte und funktionale Einschränkung von Swift.“
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann bestätigt konkrete Vorbereitungen zum Ausschluss Russlands: „Wir arbeiten daran, Russland so vom Swift-System abzukoppeln, dass Kollateralschäden möglichst klein bleiben.“
Ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte am Samstagabend, es gebe keinen EU-Staat mehr, der gegen diesen Schritt sei.
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Zuvor hatte sich in Italien der Richtungswechsel hin zum Ausschluss Russlands angedeutet: Der sozialdemokratische Parteichef Enrico Letta schrieb am Samstag bei Twitter, dass Ministerpräsident Mario Draghi eine entsprechende Maßnahme gegen die Russen als Folge ihrer Invasion in die Ukraine unterstütze. Lettas Partito Democratico ist Teil der Regierung.
Draghi selbst bestätigte dies nicht, sondern ließ mitteilten, dass Italien die Linie der EU bei den Sanktionen gegen Russland voll unterstütze, „einschließlich jene, die Swift betreffen“.
Zuvor hatte auch der ukrainischen Präsident Wolodimir Selenski getwittert, dass ihm Draghi bei einem Telefonat gesagt habe, dass Italien eine Abkopplung Russlands von Swift unterstütze. Italiens Außenminister Luigi Di Maio schrieb am Nachmittag auf Fb: „Im Hinblick auf die Sanktionen gegen Russland setzt Italien auf eine harte Linie: Bei der Grausamkeit dieses Krieges, den die russische Regierung begonnen hat, darf es kein Zögern geben.“
Auch Österreich dabei
Bei den internationalen Beratungen über Sanktionen gegen Russland als Reaktion auf die Invasion in die Ukraine hatten sich zuletzt noch mehrere europäische Staaten – darunter neben Italien auch Deutschland – gegen einen Ausschluss Russlands aus Swift ausgesprochen.
>> Lesen Sie auch: Ein Grund für den Swift-Ausschluss – und vier dagegen
Österreichs Regierung will eine mögliche EU-Entscheidung zum Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem trotz Vorbehalten mittragen. „Österreich wird sich dem nicht widersetzen“, sagte Kanzler Karl Nehammer am Freitagabend in einem TV-Interview. Wichtiger seien jedoch die Sanktionen, die Industrie, Banken, Politiker und Oligarchen in Russland treffen. Die Swift-Blockade „bringt nicht den Erfolg, den man sich erwartet“, sagte er.
Zuletzt hatte der britische Premierminister Boris Johnson den Druck auf die westlichen Verbündeten erhöht. Er habe mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte über das Thema am Telefon gesprochen, teilte Johnson am Samstag per Twitter mit. Ein Ausschluss Russlands sei dringend notwendig, so der Premier weiter.
Umstrittene Maßnahme
Die Bundesregierung battle mit ihrer Ablehnenden Haltung zuletzt zunehmend isoliert. Der Schritt ist stark umstritten, vor allem, weil er auch die heimische Wirtschaft stark treffen würde. Über Swift wickeln Banken weltweit ihre Zahlungen untereinander ab. Würde man Russland aus dieser Kommunikation ausschließen, würde es schwierigen werden, für Importe und Exporte zu zahlen.
Auch würde der Ausschluss auf die Geschäfte mit Staaten erschweren, die die Sanktionen nicht direkt mittragen – zum Beispiel Indien und die Schweiz. So würde die Sanktion additionally additionally „extraterritorial“ – über die sanktionierenden Staaten hinaus wirken.
Dem Entgegen steht jedoch die Tatsache, dass auch Deutschland und die EU mit einem Swift Ausschluss hart getroffen würde. Europa könnte sich ohne den Zahlungsweg über Swift nur noch schwer mit Energie versorgen. Auch sind die kurzfristigen Auswirkungen der Maßnahme auf das globale Finanzsystem kaum berechenbar.
Umstritten ist auch, wie wirksam der Ausschluss letztlich wäre – denn Russland könnte schnell auf ein anderes Zahlungssystem umsteigen, was wiederrum andere Verbündete gegenüber dem Westen stärken könnte – zum Beispiel China.
Mehr: EU und USA bereiten den Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem Swift vor. Experten halten andere Maßnahmen für noch effektiver.