Deutsche Supervisor wollen lieber nicht mit ihm sprechen.
(Foto: imago pictures/SNA)
Düsseldorf, Berlin Nach der Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt werden sich deutsche Spitzenmanager nicht mit Wladimir Putin treffen. Ein für Anfang März vom Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft geplantes Videotelefonat hat der Lobbyverband abgesagt, laut Antwort auf die Anfrage des Handelsblatts „aus Termingründen“.
Der Ost-Ausschuss organisiert einmal im Jahr ein Unternehmergespräch mit Russlands Präsidenten, um Fragen in den Wirtschaftsbeziehungen anzusprechen. 2021 fiel das Treffen aufgrund der Pandemie aus, nun wegen der Konfliktlage.
Der Verband verurteilt das Vorgehen des Kremls: „Wir fordern Russland im Namen der deutschen Wirtschaft eindringlich auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.“ Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen seien ein „stabiles Fundament“, das russische Vorgehen drohe, dieses nun nachhaltig zu erschüttern, heißt es.
Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit der Ukraine. Dort sind nach Angaben der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer rund 2000 Unternehmen mit deutscher Beteiligung aktiv. Vor allem mittelständische Autozulieferer wie Leoni aus Nürnberg oder Prettl aus der Nähe von Stuttgart sind dort vertreten. Beide wollten sich auf Handelsblatt-Anfrage nicht zu den Entwicklungen äußern.
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Laut Alexander Markus, Geschäftsführer der Kammer, habe die neuerliche Eskalation zunächst auch keine Auswirkungen auf die Arbeit deutscher Unternehmen in der Ukraine. Seit der im Jahr 2017 erfolgten Einstellung der Wirtschaftsbeziehungen mit den teils nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk im Osten des Landes habe kein Betrieb mit deutscher Beteiligung mehr Standorte dort. Die meisten Firmen säßen traditionell im Westen des Landes – mehr als 700 Kilometer weg von den russischen Truppen.
Metro stark in der Ukraine
Allein der unterfränkische Gipshersteller Knauf betreibt sein größtes ukrainisches Werk in der Area Donbass und damit in der Nähe der Konfliktlinie, allerdings nicht in den von Russland besetzten Separatistengebieten. Das Familienunternehmen sei „auf alle Eventualitäten vorbereitet“, hieß es bereits vergangene Woche. Am Dienstag wollte sich der Betrieb auf Anfrage nicht erneut äußern.
Die Zurückhaltung bei der Kommentierung des politischen Geschehens dürfte geschäftlichen Interessen unterliegen. Für den Großhandelskonzern Metro etwa ist Russland der drittgrößte Auslandsmarkt. Das Unternehmen betreibt dort 93 Märkte, setzt damit 2,4 Milliarden Euro um. Was die Scenario für das Düsseldorfer Unternehmen heikel macht: Es hat zugleich 26 Märkte in der Ukraine, mit denen es 800 Millionen Euro Umsatz erzielt.
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Einige Standorte liegen in den gefährdeten Bereichen, wie etwa der Großhandelsmarkt in Mariupol, der letzten von der Ukraine kontrollierten Großstadt im umkämpften Osten. Der Großhändler beobachtet die aktuelle Entwicklung deshalb mit Sorge: „Wir setzen weiterhin stark auf diplomatische Bemühungen aller Seiten, um eine weitere Eskalation abzuwenden“, erklärte ein Sprecher. Metro-Vorstandschef Steffen Greubel hatte seine Teilnahme an der Videokonferenz mit Putin schon vor längerer Zeit zugesagt.
Wie die Metro gehen alle deutschen Unternehmen ihrem Geschäft in der Ukraine zunächst weiter nach. „Ich habe von keinem einzigen deutschen Unternehmen in der Ukraine gehört, dass sie das Land wegen der Eskalation verlassen wollen“, erklärte Außenhandelskammer-Chef Markus. Die Ukraine locke mit bezahlbaren Fachkräften, zudem biete das Land mit mehr als 40 Millionen Einwohnern einen relevanten Absatzmarkt.
Mit der Ukraine macht Deutschland laut Statistischem Bundesamt intestine sieben Milliarden Euro aus Exporten und Importen. Mit Russland liegen die Geschäfte bei quick 45 Milliarden Euro.
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