Am 8. März findet der internationale feministische Kampftag statt. Ein Berliner Bündnis hat dabei eine klare Definition von Feminismus.
Zum feministischen Kampftag wird es bundesweit Demonstrationen geben. Doch seit dem 7. Oktober und dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel ist auch in progressiven Szenen nichts mehr, wie es war. Deshalb organisiert das Bündnis „Feminism unlimited“ eine Demonstration gegen „selektiven Feminismus“. Was damit gemeint ist, haben wir die Sprecherin der Gruppe, Theresa Serber, gefragt.
t-online: Warum organisieren Sie eine feministische Demonstration für Berlin am 8. März?
Theresa Serber: Wir sind enttäuscht, bitter enttäuscht von feministischen Gruppen in Berlin, die die patriarchale Gewalt der Terrororganisation Hamas gegen Frauen in Israel am 7. Oktober entweder nicht thematisieren oder sie sogar als Propaganda einordnen oder schlimmstenfalls die Vergewaltigungen als antiimperialistischen Widerstand feiern. Wir verstehen Feminismus ausdrücklich als eine Bewegung, die alle Frauen und queeren Menschen einschließt – natürlich auch die jüdischen Frauen in Israel oder die von Islamismus betroffenen Frauen weltweit, zum Beispiel im Iran, in Kurdistan und in Nigeria. Die Hamas setzt sexuelle Gewalt als Kriegswaffe ein, und sie unterdrückt auch als klerikal-faschistische Bewegung die Rechte von Frauen und queeren Menschen in Palästina. Wie kann es sein, dass andere feministische Gruppen das nicht benennen?
Zur Person
Theresa Serber ist Journalistin und Sprecherin der Gruppe „Feminism unlimited“. Die Demonstration findet am Freitag ab 15 Uhr am Helsingforser Platz in Berlin-Friedrichshain statt. Dort sprechen unter anderem Sharon Adler, Journalistin und Nachfahrin von Holocaust-Überlebenden sowie Ermordeten, und Hengameh Yaghoobifarah, eine journalistisch tätige, deutsch-iranische nichtbinäre Person.
Was befürchten Sie mit Blick auf die große, etablierte Demonstration zum 8. März in Berlin?
Es gibt leider nicht wenige feministische Organisationen, die antisemitische Propaganda auf die Straßen tragen werden. Sie sagen, die sexuellen Übergriffe des 7. Oktober seien übertrieben oder auch erfunden, um einen vermeintlichen „Genozid“ in Gaza zu rechtfertigen. Dabei sollte es doch eine Grundlage feministischen Handelns sein, den Opfern sexualisierter Gewalt zu glauben und ihre Aussagen nicht infrage zu stellen. Auch, wenn sie aus Israel stammen. Hier Unterschiede zu machen, ist einer feministischen Veranstaltung nicht würdig.
Ist es das, was Sie mit „selektivem Feminismus“ meinen?
Ja, genau. Feminismus sollte sich für die Rechte aller Frauen und queeren Menschen einsetzen und keine Unterschiede machen, wo jemand herkommt und ob die Erzählungen der Personen ins eigene Weltbild passen. Dies gilt für Frauen und queere Menschen aus der Ukraine genauso wie im Sudan – wo übrigens gerade ein Genozid stattfindet, der keinerlei empörte Aufmerksamkeit erfährt.
Wenn Sie sich explizit mit Antisemitismus auseinandersetzen – was ist mit dem Leid der Palästinenserinnen in Gaza?
Wir möchten genauso in den Blick nehmen, dass palästinensische Menschen unter dem Krieg leiden, dass sie Gewalt erfahren und unsere Solidarität brauchen, denn auch sie sind von Islamismus betroffen, der sie in diese Situation gebracht hat. Uns ist klar, dass gerade Frauen und Kinder besonders unter der Kriegssituation zu leiden haben. Aber um da unsere Solidarität auszudrücken und zu leben, brauche ich nicht in brutalen Antisemitismus zu verfallen.
Was wünschen Sie sich zum 8. März?
Ich wünsche mir einen solidarischen, hoffnungsvollen, kämpferischen feministischen Kampftag und eine gelungene Demonstration. Möge sie einen Anstoß dafür geben, sich auch in progressiven Szenen damit auseinanderzusetzen, dass Antisemitismus kein Nebenwiderspruch ist, wenn es um emanzipatorische Prozesse geht, sondern dass wir ihn immer im Blick haben müssen.