Bad Homburg, Düsseldorf, Dresden: Deutsche Behörden nehmen vier mutmaßliche Spione für China fest. Was wir über die Fälle wissen.
Das Wichtigste im Überblick
Innerhalb weniger Tage nehmen deutsche Behörden vier Deutsche fest, die für China spioniert haben sollen. Wer sind die Beschuldigten? Was wird ihnen vorgeworfen – und wie reagiert China? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.
Worum geht es in den aktuellen Fällen?
Konkret geht es bei den Festnahmen der vergangenen Tage um vier Personen: Am Montagmorgen nahm die Polizei Thomas R. in Bad Homburg sowie das Ehepaar Herwig und Ina F. in Düsseldorf fest. Der Hauptverdächtige R. soll in chinesischem Auftrag Informationen zu militärisch nutzbaren innovativen Technologien beschafft haben.
Der 59-jährige R. soll über die Firma von Herwig und Ina F. die Informationen erlangt und weitergegeben haben, teilte der Generalbundesanwalt mit. Sie soll für die Spionage das „Medium zur Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit“ mit deutschen Wissenschaftlern und Forschern gewesen sein. Die Beschuldigten sollen dem chinesischen Geheimdienst MSS gegen Bezahlung auch Speziallaser ohne Genehmigung nach China geliefert haben, obwohl der Laser der Dual-Use-Verordnung der EU für eine sowohl zivile als auch eine mögliche militärische Nutzung unterliegt.
R. soll sich in Deutschland regelmäßig als „Experte für deutsch-chinesische Technologietransfer-Projekte in der Elektromobilität“ vorgestellt haben. Recherchen von t-online zeigen, dass er gern gebuchter Redner war – unter anderem bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). Mehr dazu lesen Sie hier.
Am Dienstagmorgen nahmen Beamte dann in Dresden Jian G. fest. Ihm wird politische Spionage vorgeworfen. Der Generalbundesanwalt wirft ihm geheimdienstliche Agententätigkeit vor, er sei „Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdiensts“.
Was sagen deutsche Geheimdienste und Sicherheitsexperten?
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), spricht im Zusammenhang mit den Festnahmen vom Montag von einem Erfolg der deutschen Behörden: „Wir sind als Verfassungsschutz diesen Beteiligten schon sehr frühzeitig auf die Spur gekommen, haben deren Verhalten und Aktivitäten weiter überwacht.“
Weniger optimistisch äußert sich der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter. Deutschland sei nicht gegen Spionage gewappnet, erklärte Kiesewetter dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Dem „Handelsblatt“ sagte Kiesewetter, die Festnahmen der drei Beschuldigten in Düsseldorf und Bad Homburg seien „lediglich ein Anfang und ein kleiner Ermittlungserfolg der Behörden“. China verfüge in Deutschland über ein „regelrechtes Netzwerk“ in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Welche Branchen sind besonders von Spionage betroffen?
Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass China besonders in Branchen, in denen chinesische Firmen einen Rückstand haben, auf Spionagemethoden zurückgreift. Die im Mai 2015 verabschiedete Strategie „Made in China 2025“ zielt dabei besonders auf zehn Zukunftsbranchen, die China nach Angaben des Verfassungsschutzes dominieren will: Meerestechnik und Schifffahrt, Schienenverkehrstechnik und Eisenbahn, neue Energien und alternative Antriebe, neue Werkstoffe, Landwirtschaft, Medizintechnik, elektrische Ausrüstung, Industrierobotik und Roboterbau, neue Informationstechnologien sowie Luft- und Raumfahrttechnik.
Was ist über Chinas Spionage in Deutschland bekannt?
„Deutsche Geheimdienste wissen seit Jahren, dass China sehr aktiv in Deutschland und auch anderen westlichen Ländern ist“, erklärt Geheimdienstexperte Florian Schimikowski am Montagmorgen bei „Welt“. Es gebe kaum staatliche Beschränkungen für chinesische Agenten, diese könnten „sehr frei agieren“. Der chinesische Geheimdienst sei sowohl in der Industriespionage aktiv als auch ein wichtiges politisches Instrument der kommunistischen Staatsregierung.