Christian Keller erläutert, warum der 1. FC Köln eine neue DFL-Abstimmung über einen Investoreneinstieg herbeiführen will – und rechnet mit Strafen für die Clubs.
Auch der 22. Bundesliga-Spieltag war wieder von Protesten gegen den geplanten Investoreneinstieg in die Deutsche Fußball Liga geprägt. Die Fans des 1. FC Köln brachten ihre Ablehnung besonders kreativ zum Ausdruck, indem sie am Freitagabend beim Heimspiel gegen Werder Bremen (0:1) ferngesteuerte Autos über den Rasen fahren ließen. Rund drei Minuten war die Partie unterbrochen.
Christian Keller überraschen die anhaltenden Proteste nicht. „Fußball ist ein gesellschaftliches Massenphänomen, in Deutschland noch stärker verankert als in vielen anderen Ländern. Irgendwann ist das Fass eben mal voll und schwappt über“, sagt der FC-Geschäftsführer im Interview mit dem „Geissblog“. Die Kölner hatten im Dezember bekanntlich zu den zwölf von 36 Clubs gezählt, die gegen eine Zusammenarbeit der DFL mit einem Private-Equity-Partner gestimmt hatten.
Keller: „In erster Linie geht es uns darum…“
Nach den massiven Protesten beantragen die „Geißböcke“ nun, das DFL-Präsidium von dem damals erteilten Abschlussmandat für einen Investoreneinstieg zu befreien. Sollte die DFL-Mitgliederversammlung dem Antrag zustimmen, würden letztlich die 36 Vereine aus den beiden Bundesligen über den Deal entscheiden, nachdem dieser ausverhandelt ist. Dies ist der einzige Weg, eine – auch von anderen Clubs geforderte – neue Abstimmung herbeizuführen.
„In erster Linie geht es uns darum, für Rechtssicherheit und für Akzeptanz zu sorgen. Bekanntermaßen bestehen Verdachtsmomente, dass die Abstimmung auf der DFL-Mitgliederversammlung aufgrund des Stimmverhaltens von Hannover 96 nicht rechtswirksam gewesen ist und damit einhergehend ein Verstoß gegen die 50+1-Regel vorliegt. Diese Verdachtsmomente müssen vollständig ausgeräumt werden“, erklärt Keller den angekündigten Antrag des 1. FC Köln, der in der kommenden Woche eingereicht werden soll.
Hinzu komme, „dass eine potenzielle Zusammenarbeit der Bundesligen mit einem Private-Equity-Unternehmen eine große kulturelle Herausforderung bildet und nicht wirklich passfähig zum Wesenskern des deutschen Profifußballs als öffentliches Kulturgut ist“. Keller spricht von „einer der relevantesten Entscheidungen seit Einführung der Bundesliga“, von einer „Verantwortung, etwas so Weitreichendes auf eine breite Basis zu stellen“.
So fallen die Reaktionen auf den FC-Antrag aus
Wie es um die Erfolgsaussichten des Kölner Antrags bestellt ist, vermag der 45-Jährige nicht vorherzusagen. „Naturgemäß gibt es immer unterschiedliche Reaktionen. Da gibt es jene Club-Verantwortliche, die den Deal auch in der aktuellen Gemengelage noch auf Biegen und Brechen durchsetzen wollen und jene, die unsere Position teilen.“ In Summe habe der FC nach der Ankündigung des Antrags allerdings „sehr viel zustimmende Rückmeldung aus den Reihen der anderen Clubs erhalten“.
Wichtig ist Keller, „zu betonen, dass der Antrag nichts damit zu tun hat, dass wir dem DFL-Präsidium unser Misstrauen bekunden möchten oder die ursprüngliche Entscheidung anzweifeln“. Der Antrag solle „auch im Sinne des Präsidiums für Rechtssicherheit und Akzeptanz sorgen“. Durch die aktuelle Situation werde „die Reputation“ der Bundesligen „beschädigt“.
Keller rechnet mit Strafen für Spielunterbrechungen
Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis ein protestierendes Fanlager für einen Spielabbruch sorgt. „Klar ist auch“, ergänzt Keller trotz aller Kölner Ablehnung eines Investoreneinstiegs: „Grenzüberschreitungen, erst recht in Form von beleidigenden und diskriminierenden Bannern oder sonstigen radikalen Handlungen, wie diese zuletzt bei einigen wenigen Spielen zu Tage getreten waren, sind absolut inakzeptabel und schaden einem konstruktiven Diskurs.“ Und: „Die Integrität des sportlichen Wettbewerbs muss geschützt bleiben. Das bildet genauso eine rote Linie wie der Verzicht auf jedwede Diskriminierung. Zu Spielabbrüchen darf es nicht kommen.“
Diese hätten drastische Folgen für die beteiligen Vereine: „Bei einem Spielabbruch könnte der Club, dessen Fans ihn verursacht haben, die Punkte am Grünen Tisch verlieren“, sagt Keller: „Dann hätten wir genau den Eingriff in die Integrität des sportlichen Wettbewerbs, zu dem es auf keinen Fall kommen darf.“ Wobei der Kölner Sportchef „davon ausgeht“, dass der DFB bereits für die Spielunterbrechungen Sanktionen verhängen wird. Wie diese aussehen, lasse sich schwer prophezeien. Im Strafzumessungsleitfaden des DFB stehe nun mal nicht, „welche Strafen für fliegende Schokotaler, Tennisbälle, Äpfel oder funkgesteuerte Autos vorgesehen sind“.