Düsseldorf Für diesen Satz wird Ilham Kadri bei ihren überwiegend männlichen Branchenkollegen sehr geschätzt: „Die Chemie ist die Mutter aller Industrien“, sagt die Vorstandschefin von Solvay. Soll heißen: Ohne die Chemie als Stofflieferant geht nichts beim grünen Wandel der Wirtschaft – und wenn der gelingen soll, muss sich zuallererst die Chemie selbst ändern.
Bei Solvay, mit einem Umsatz von zehn Milliarden Euro einer der größten Spezialchemiehersteller Europas, treibt die gebürtige Marokkanerin diesen Wandel kräftig voran: Sie richtet den belgischen Konzern voll auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft aus, additionally der stofflichen Wiederverwertung von Chemie und Kunststoffen.
Vor einschneidenden Veränderungen scheut die 53-Jährige nicht zurück. Am Dienstagmorgen verkündete sie die Aufspaltung von Solvay in zwei separate börsennotierte Unternehmen. Sie reagiert damit auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle innerhalb des Konzerns – und will damit noch deutlicher machen, wofür der Chemiekonzern in Zukunft stehen will.
Kadris Fokus liegt auf den Geschäften, die Solvay in ein neues Unternehmen mit dem Arbeitstitel „Speciality Co“ ausgliedern wird. Dorthin wandern Hochleistungskunststoffe und andere Werkstoffe für den Leichtbau von E-Autos, Flugzeugen und Medizintechnik. Diese Materialien will der Konzern in den kommenden Jahren zunehmend aus nachwachsenden Rohstoffen und mit chemischem Recycling herstellen.
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Produkte und Verfahren nachhaltiger machen
In diese neue Firma wandern auch die teilweise biobasierten Inhaltsstoffe für Nahrungs- und Konsumgüter. Insgesamt kommt die „Speciality Co“ auf rund sechs Milliarden Euro Umsatz. Sie vereint Geschäfte, mit deren Innovationen die Solvay-Kunden ihre Produkte und Verfahren nachhaltiger machen sollen.
Bei der neuen „Important Co“ mit rund vier Milliarden Euro geht es eher um Masse und Größe. In diesem neuen Unternehmen verbleiben die traditionellen Chemiegeschäfte von Solvay. Dazu zählen die Herstellung von Soda Ash (Natriumcarbonat), Peroxid und Silika. Bei diesen Geschäften liegt der Fokus stärker auf den Kosten. Sie sollen künftig vor allem Money generieren, damit sie per Übernahmen bei der weltweiten Konsolidierung der Chemie mitmischen können.
Zwei unterschiedliche Welten additionally, die sich auch in vielen anderen europäischen Chemiekonzernen so zeigen. Vor einer Aufspaltung, wie Solvay es bis 2023 plant, schrecken aber viele zurück. Doch CEO Kadri struggle vielen Konkurrenten auch mit anderen strategischen Entscheidungen voraus.
Die promovierte Chemikerin struggle eine der ersten Führungskräfte aus der Chemie, die sich öffentlich hinter den „Inexperienced Deal“ der EU-Kommission stellten. Brüssel will Europa damit klimaneutral machen und die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Produktion stärken. 2019 ist Kadri genau mit diesen Zielen angetreten, um den quick 160 Jahre alten Solvay-Konzern zu reformieren.
„Europa könnte für den Relaxation der Welt ein strahlendes Beispiel sein, wie wir unseren Planeten schützen und Chemie neu denken“, sagt Kadri. Bei Solvay will sie wirtschaftlichen Erfolg mit Umweltschutz und Diversität vereinen. Sie führt nach meritokratischen Prinzipien: Es zählt allein die Leistung, nicht Herkunft oder Geschlecht.
Kadris Imaginative and prescient heißt „Solvay One Planet“: Klimaschutz, Ressourcenschonung und besseres Leben sind die Ziele. Danach, so beschreibt sie, werde jeder Geschäftsbereich, jede Produktionsanlage ausgerichtet – und es soll mit wirtschaftlichem Wachstum einhergehen. „Wenn man Abfall recycelt, ist er kein Abfall mehr“, sagt Kadri.
Kadri demonstriert Handlungswillen
Stark geprägt ist die Solvay-Chefin von ihrer Großmutter, die sie in einfachen Verhältnissen in Casablanca aufgezogen hat. „Ich bin mit der Überzeugung groß geworden, dass wir es uns nicht leisten können, natürliche Ressourcen zu verschwenden.“ Kadri studierte Chemie in Frankreich, arbeitete bei großen Chemiekonzernen in Europa und den USA, schaffte es bis ins Topmanagement.
Mit der jetzt beschlossenen Aufspaltung demonstriert die Chemiemanagerin einmal mehr Handlungswillen. Sie ist sich bewusst, dass sie es nicht bei Worten belassen darf. Wie schnell ein Konzern beim Thema Nachhaltigkeit angegriffen wird, erlebt Kadri aktuell in der Auseinandersetzung mit einem Hedgefonds.
Der Aktivisten-Fonds Bluebell Capital wirft dem Unternehmen vor, Abfallstoffe von einer italienischen Sodafabrik ins Meer zu leiten. Solvay hält Bluebell Unkenntnis vor und erklärt, dass es sich dabei um natürlichen Kalkstein handelt und alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Beide Seiten liefern sich derzeit einen Schlagabtausch mit öffentlichen Briefen.
Dass Kadri darüber stolpert, gilt als unwahrscheinlich. Der Verwaltungsrat des Solvay-Konzerns, der noch zu 30 Prozent in Familienhand ist, steht hinter ihr, weil sie wie gefordert eine „motivierende Imaginative and prescient“ für den Konzern entwickelt hat.
Mehr: „Flankengott der deutschen Industrie” – Auf diese sechs Chemieunternehmen sollten Sie 2022 achten