Der Bundestag hat einen Antrag der Ampelfraktionen zur Lieferung „weitreichender Waffen“ an die Ukraine verabschiedet. Der Streit um den Taurus-Marschflugkörper ist damit jedoch nicht beendet.
Der Bundestag hat die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) dazu aufgefordert, der Ukraine „zusätzlich erforderliche weitreichende Waffensysteme“ für den Abwehrkampf gegen Russland zu liefern. Ein entsprechender Antrag wurde am Donnerstag mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP im Bundestag beschlossen. 382 Abgeordnete stimmten dafür, 284 dagegen, es gab 2 Enthaltungen.
Welche Systeme damit gemeint sind, wird von den Ampel-Fraktionen aber unterschiedlich interpretiert. Für viele Politiker von Grünen und FDP sind darunter Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern zu verstehen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Gabriela Heinrich, sagte dagegen im Bundestag, mit der Formulierung sei „nicht zwingend“ Taurus gemeint. „Es ist eine Interpretationsfrage (…). Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen.“
Scholz weicht Fragen zum Taurus aus
In dem Antrag, der zwei Jahre nach der russischen Invasion und zehn Jahre nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim beschlossen wurde, wird die Forderung nach weiteren weitreichenden Waffensystemen auch begründet: „Insbesondere muss die Ukraine auch künftig in die Lage versetzt werden, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen und ihre Soldatinnen und Soldaten vor den vielgestaltigen Attacken des russischen Militärs bestmöglich schützen zu können“, heißt es darin.
Taurus-Marschflugkörper werden von Flugzeugen aus abgefeuert. Sie können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung mit großer Präzision treffen. Die Ukraine will damit den Nachschub der russischen Truppen an der Front kappen.
Video | So funktioniert die Hightech-Waffe „Taurus“
Quelle: t-online
Die Regierung in Kiew hatte die Taurus-Marschflugkörper im Mai 2023 offiziell von Deutschland erbeten. Der Kanzler erklärte im Oktober, dass Deutschland Taurus vorerst nicht liefern werde. Dahinter steht die Befürchtung, dass die Flugkörper russisches Territorium treffen könnten und Russland dies als direkten Angriff mit deutscher Beteiligung werten würde. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wich Scholz am Samstag der Frage aus, ob er sie vielleicht doch noch freigeben will. Er versicherte in einem Interview lediglich, dass Deutschland immer genug tun werde, um die Ukraine zu unterstützen.
Bundestag lehnte Unions-Antrag für Taurus ab
Zuvor hatte der Bundestag am Donnerstag die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine abgelehnt. Ein entsprechender Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in dem dieses deutsche Waffensystem explizit genannt wurde, erhielt keine Mehrheit. Nur 182 Abgeordnete stimmten dafür, 480 dagegen, es gab 5 Enthaltungen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Fraktionschef Friedrich Merz hatte zuvor die Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP aufgerufen, sich dem Antrag von CDU/CSU anzuschließen. „Die Ukraine erhält weiterhin nicht in vollem Umfang das Material, das sie dringend benötigt, um den russischen Angriffskrieg wirksam abzuwehren“, sagte er.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat nach eigenen Angaben im Bundestag für den Unions-Antrag gestimmt. Sie habe dies ausschließlich deswegen getan, „weil das System des Taurus unmissverständlich genannt worden ist“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Donnerstag. „Ich möchte mir nicht eines Tages vorwerfen lassen, im richtigen Augenblick nicht das Richtige getan zu haben“, sagte sie.