Mitten im Abstiegskampf eskaliert beim Drittligisten 1860 München hinter den Kulissen der Machtkampf zwischen dem Präsidenten und dem Geschäftsführer. Der wird in einem brisanten Mailaustausch ausgetragen. t-online enthüllt ihn.
Aus München berichtet Julian Buhl
Als wäre die sportliche Krise, in der der TSV 1860 momentan steckt, nicht schon schlimm genug. Jetzt macht der Münchner Traditionsverein auch seinem Ruf als Chaosklub mal wieder alle Ehre.
Die „Löwen“, wie die einst noch großen Stadtrivalen des FC Bayern genannt werden, kämpfen derzeit als Tabellen-16. in der 3. Liga gegen den drohenden Absturz in die Regionalliga und die sportliche Bedeutungslosigkeit. Mit nur zwei Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze geht es in die Winterpause. Und mitten im Abstiegskampf bricht nun auch noch klubintern das Chaos aus. Aber der Reihe nach.
Chefcoach Maurizio Jacobacci sowie sein Assistent Stefan Reisinger wurden bereits Anfang Dezember entlassen. Interimstrainer Frank Schmöller, der eigentlich die zweite Mannschaft betreut, konnte den Negativtrend aber ebenfalls nicht stoppen. Zwei Spiele, zwei Niederlagen, null Tore lautet seine Bilanz. Darunter das erste Abstiegsendspiel bei Waldhof Mannheim am Mittwochabend (0:1). Die fünfte Pflichtspielniederlage in Folge.
Frist endet am Freitag: 1860 muss Chefcoach benennen
Schmöllers vernichtendes Urteil, das er bereits nach seinem misslungenen Debüt in Bielefeld (0:2) über die Mannschaft fällte, macht wenig Hoffnung auf Besserung. „Wir haben als Mannschaft nicht mehr wirklich gelebt auf dem Platz“, sagte er: „Wir haben versucht, dass die Jungs wieder mehr miteinander reden. Ich werde alles geben, ob ich nun eine Trainerlizenz habe oder nicht.“
12 |
Bielefeld |
20 | 6 | 8 | 6 | 32:30 | +2 | 26 | |||
15 | 19 | 6 | 3 | 10 | 18:22 | -4 | 21 | ||||
16 | 19 | 5 | 3 | 11 | 29:41 | -12 | 18 | ||||
17 | 20 | 4 | 6 | 10 | 21:33 | -12 | 18 | ||||
18 | 20 | 3 | 8 | 9 | 20:34 | -14 | 17 | ||||
19 | 20 | 3 | 7 | 10 | 16:27 | -11 | 16 |
Genau darin liegt allerdings gleich das nächste Problem: Der TSV 1860 muss bis spätestens Freitag einen neuen Cheftrainer präsentieren, der auch über die Uefa-Pro-Lizenz verfügt. Dann endet die Frist, die der DFB dem Klub dafür gesetzt hat. Zunächst soll aber auch noch ein neuer Sportdirektor kommen, erst dann ein neuer Trainer.
„Im Sommer haben wir eine Empfehlung für den Posten eines Sportdirektors an die Gremien gegeben, da ist die Lage unverändert“, erklärte Noch-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer bei Magenta Sport, der den Klub spätestens nach dieser Saison verlassen muss. „Christian Werner bleibt meine persönliche Empfehlung. Erst danach können wir über den Trainer reden.“
Brisanter Trainerzoff bei den Löwen entbrannt
Wie t-online erfuhr, ist bei den Löwen rund um dieses Thema hinter den Kulissen nun ein erbitterter Trainerzoff entbrannt. Im Mittelpunkt stehen dabei Pfeifer und Präsident Robert Reisinger. Der hätte im Sommer übrigens lieber Horst Heldt als neuen Sportchef bei den Löwen installiert und machte Pfeifer bereits öffentlich dafür verantwortlich, dass dieser Plan letztlich scheiterte.
Kurios: Ausgetragen wird der Zwist der beiden über einen Mailverteiler – für sämtliche in cc gesetzten Mitglieder des Aufsichtsrats, des Beirats sowie des Präsidiums gut (mit-)lesbar – alle Nachrichten sind darin sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch zu finden. Dieser schriftliche Austausch, in dem sich verbale Spitzen, gegenseitige Unterstellungen und Lügenvorwürfe aneinanderreihen und immer schärfer formuliert werden, liegt auch t-online vor.
Verbale Spitzen, Unterstellungen und Lügenvorwürfe
Alles begann mit einer vermeintlich harmlosen Mail von Pfeifer am 6. Dezember an die Gremienmitglieder. Darin informierte er über die beim Klub eingegangene Aufforderung des DFB, bis 22. Dezember 2023 einen neuen Trainer mit entsprechender Lizenz zu kommunizieren. Außerdem wollte er vom Präsidium wissen, welche Erwartungshaltung es an ihn habe, was den Prozess der Nachbesetzung betreffe.
Und schloss seine Nachricht mit der spöttischen Nachfrage, ob bei dieser Entscheidung jemand mit Sportkompetenz eingebunden sein soll. In einer der folgenden Antworten fragte er dann konkret nach, ob Werner bereits involviert werden solle.
Die nicht weniger schnippische – und ebenfalls an den kompletten Mailverteiler gerichtete – Antwort von Reisinger ließ freilich nicht lange auf sich warten. Er könne nicht verstehen, warum Pfeifer sowohl Jacobacci als auch seinen Assistenten Stefan Reisinger entlassen habe, wodurch man nun komplett ohne Trainer mit entsprechender Lizenz dastehe und selbstverschuldet unter Zugzwang geraten sei. Außerdem hielt er Pfeifer vor, dadurch jetzt zwei Trainer auf dem Gehaltszettel zu haben.