aus der Serie „Mad Canine & Englishmen“ mit Großbritanniens Premierminister Boris Johnson als Zentralfigur gibt es bedenklich viele Rücktritte zu melden. Der konservative Politiker mit dem Picture des Partymeisters inmitten trister Lockdown-Tage hat in kürzester Zeit vier seiner engsten Mitarbeiter verloren. Zuletzt kündigte Stabschef Dan Rosenfield, auch Hauptprivatsekretär Martin Reynolds wollte nicht mehr.
Das Maß voll machen die Demissionen von Kommunikationschef Jack Doyle sowie der langjährigen Chef-Politikberaterin Munira Mirza. Sie battle wütend auf Johnson, weil er sich nicht bei Keir Starmer, Chef der oppositionellen Labour-Partei, entschuldigt hatte. Oh effectively.
Im Parlament hatte der Premier zuvor den Gegenspieler beschuldigt, in seiner früheren Rolle als Chef der Staatsanwaltschaft nicht gegen den inzwischen verstorbenen BBC-Starmoderator Jimmy Savile wegen sexuellen Missbrauchs in Hunderten Fällen vorgegangen zu sein. Wir halten es in Sachen „Partygate“ mit dem englischen Dramatiker Noël Coward: „Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart.“
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Jetzt, wo die Atom- und Kohlemeiler verschwinden, zeigt sich: Deutschland hat (quick) vorbildlich die Erneuerbaren Energien ausgebaut, aber es langt nicht, die Abhängigkeit vom russischen Erdgas zu mildern. Wladimir Putins Staatskonzern Gazprom bedient die Regler, zeigt unser großer Wochenendreport. Energieexperte Hans-Wilhelm Schiffer hat penibel nachgerechnet: Rund die Hälfte der Einfuhren von Erdgas und Steinkohle nach Deutschland stammt aus Russland. Auch Öl fließt reichlich.
Das Unfavourable daran: Monopolist Gazprom liefert durch die Ukraine-Transitpipeline nicht einmal die Hälfte der vereinbarten Menge Erdgas. Insgesamt erfüllt Moskau zwar die Verträge, geht aber nicht auf zusätzliche Bestellungen ein. Das Constructive: Putins Regierung braucht die stattlichen Einnahmen aus dem Westgeschäft genauso wie die deutschen Wohnzimmer-Beheizer den Stoff aus Sibirien. Fürs Merkheft: 37 Prozent des russischen Handels laufen mit Europa, umgekehrt machen Offers mit Russland nur 4,8 Prozent des Handels aus.
Im Gespräch mit dem Handelsblatt und „Les Echos“ redet EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen über die Ukraine, russische Propaganda und ein denkbares Energie-Embargo Moskaus gegen Europa – in Brüssel als „Gasoline-Armageddon“ eingeführt. Im Einzelnen sagt die CDU-Politikerin über…
- die Gaspolitik Putins: „Das Geschäftsgebaren von Gazprom ist sonderbar. In Zeiten, in denen die Gaspreise durch die Decke gehen und die Nachfrage riesig ist, hält das Unternehmen seine Kunden knapp. Russland übt militärischen Druck auf die Ukraine aus und nutzt uns gegenüber Gaslieferungen als Druckmittel.“
- mögliche Sanktionen: „Personen aus dem Umfeld Putins und Oligarchen könnten natürlich empfindlich getroffen werden. Einerseits durch die Aufnahme auf personenbezogene Sanktionslisten, aber vor allem durch die Finanz- und Wirtschaftssanktionen, die wir vorbereiten.“
- andere Gaslieferanten: „Wir sprechen im Prinzip mit allen, angefangen mit Norwegen, dem Lieferanten, mit dem wir schon lange und verlässlich gearbeitet haben. Aber auch mit Katar, Aserbaidschan und Ägypten. Eine große Rolle spielen natürlich die USA.“
Man liest das Interview der EU-Chefin und denkt sich: Die Kunst der Drohung macht einen guten Teil der Kunst des Krieges aus.
Die extrem hohe Börsenbewertung der Tech-Aktien hatte Anleger schon in den letzten Wochen nervös gemacht. Nun wurden einige sogar panisch, denn beim Fb-Konzern Meta Platforms sind mehr als 230 Milliarden Greenback Börsenwert verdampft, knapp 25 Prozent des ursprünglichen Volumens. Gründer Mark Zuckerberg hat sich damit für einen Eintrag in der Timeline qualifiziert, denn noch nie hat eine US-Aktie an einem Tag so viel eingebüßt. Kurz zuvor battle ja auch jedem klargeworden, dass in Zuckerbergs Ökosystem im Quartal eine Million täglich aktiver Mitglieder weitergewandert battle, vermutlich zur Video-App Tiktok.
In früheren Zeiten hätte das Social-Community-Imperium den Störer einfach gekauft – nun aber muss Meta das eigens entwickelte Gegenprodukt Reels für viel Geld pushen. Im Sog des Fb-Absturzes hatte zunächst auch die Aktie von Snapchat mehr als 23 Prozent verloren. Doch dann informierte die Betreiberfirma des Messengerdienstes, dass die Nutzerzahl von 306 Millionen auf 319 Millionen gestiegen und der Umsatz um 42 Prozent gewachsen sei – da schoss die Aktie um mehr als 47 Prozent hoch. Der Fb-Blues scheint ein Sonderthema der Massive-Tech-Szenerie zu sein.
Mein Kulturtipp zum Wochenende: „Das Vorspiel“ am heutigen Freitag um 20.15 Uhr auf Arte. Ein hoch gelobter Spielfilm mit der wandlungsreichen, intestine aufgelegten Nina Hoss als Geigenlehrerin Anna Bronsky, die sich um einen jungen Musiker mit Engagement kümmert, bei diesem pädagogischen Parforce-Ritt aber ausrastet. Ein Drama um eine Frau additionally, die gefangen ist zwischen höchsten Ansprüchen und niedrigsten Versagensängsten und die immerhin Rückhalt findet in ihrer deutsch-französischen Familie. Es ist ein authentisches Stück aus einem nicht unkomplizierten Musikermilieu.
Und dann ist da noch CDU-Renegat Max Otte, der im Verhältnis zur weiter rechts stehenden Partei AfD gleich in zwei Funktionen auftaucht. Die erste kannte man: Es ist die einer Marionettenfigur (Kandidat für die anstehende Bundespräsidentenwahl). Die zweite kannte man noch nicht: die eines generösen Massive Spenders. WDR und NDR bringen ans Licht, dass der bisherige Chef der Werte-Union unter seinem bürgerlichen Namen Matthias Otte mindestens 30.000 Euro an die ultrarechte Partei gespendet hat.
So überwies Otte im Frühjahr 2020 sowie im Januar und Februar 2021 Beträge an unterschiedliche Gliederungen der Partei, davon zweimal an den Kreisverband des AfD-Bundessprechers Tino Chrupalla. Der bestätigt den Vorgang, Ottes Gaben würden später im Rechenschaftsbericht des Bundestags publiziert. Einen Zusammengang zwischen Geld und Kandidatur dementieren übrigens alle Beteiligten strikt. Wir aber halten es zum Schluss – nur mal so, ganz allgemein – mit dem legendären Fiat-Industriellen Gianni Agnelli: „Ich liebe den Wind, weil man ihn nicht kaufen kann.“
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende mit Naturerlebnissen. Für zwei Wochen verabschiede ich mich hiermit, urlaubsbedingt. Mein Kollege Christian Rickens übernimmt in bewährter Weise den Weckdienst.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
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