Düsseldorf, Frankfurt Das Berliner Fintech Payrails hat den berühmten US-Investor Andreessen Horowitz als Kapitalgeber gewonnen. Die kalifornische Beteiligungsgesellschaft führt eine Finanzierungsrunde in Höhe von 6,4 Millionen Greenback an, gab Payrails-Chef Orkhan Abdullayev am Donnerstag bekannt. Für Andreessen Horowitz ist es erst die zweite Finanzierung in Deutschland.
Den oft nur „A16Z“ genannten Investor kennt praktisch die ganze Begin-up-Welt, den Berliner Zahlungsdienstleister hingegen nur Insider: Payrails wurde erst im November gegründet und hatte bis jetzt nicht einmal eine Web site. Doch das Vorhaben des Gründerteams hatte sich bis nach Palo Alto herumgesprochen, bevor die drei überhaupt richtig losgelegt haben.
Sie wollen schnell wachsenden Unternehmen ein Betriebssystem für den Zahlungsverkehr anbieten. „Viele Transaktionen scheitern wegen technischer Probleme, fehlender Risikoprävention und Problemen mit Banken“, sagt Abdullayev. Über den Markt hinweg ginge es um Milliardenverluste, die das Fintech für seine Kunden minimieren will. Für die nächste Ausbaustufe gibt es nun frisches Geld.
Abdullayev und seine Mitgründer Emre Talay und Nicolas Thouzeau hatten bereits das globale Bezahlsystem des Dax-Unternehmens Supply Hero aufgebaut. Nach eigenen Angaben wickelten sie bei der Lieferplattform professional Monat Zahlungen im neunstelligen Bereich ab – über viele Länder, Zahlungsdienstleister und -systeme hinweg. In diesem Anforderungsprofil operiert auch Payrails.
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Solche Vorhaben treffen einen Nerv bei Wagniskapitalgebern. Finanztechnologie-Begin-ups (Fintechs) liegen im Funding-Pattern: Laut der Unternehmensberatung EY hat sich die Anzahl der Finanzierungsrunden 2021 im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt.
„Die Komplexität in der Zahlungsabwicklung steigt bei der Enlargement exponentiell“
Insgesamt haben Investoren 4,6 Milliarden Euro in Fintechs in Deutschland gesteckt, ermittelten die Comdirect und Barkow Consulting. Das ist so viel wie noch nie. Zuletzt hat sich der Fokus dabei zunehmend vom Endkundensegment auf Geschäftskundenanbieter verschoben. Hier sehen die Branchenexperten noch immer großes Optimierungspotenzial.
>> Lesen Sie auch: N26, Commerce Republic, Wefox – So verdienen Fintechs ihr Geld
Die Investoren von Payrails wissen aus Erfahrung mit anderen Firmen, wie entscheidend ein leistungsfähiges Zahlungssystem beim Aufbau von Begin-ups sein kann. „Für die globale Skalierung brauchen Unternehmen eine Infrastruktur, die schnell und einfach auf den Bedarf der Kunden angepasst werden kann“, erklärt Seema Amble, Funding-Partnerin bei Andreessen Horowitz.
In der Runde dabei ist auch die Münchener Wagniskapitalfirma HV Capital, die bereits Supply Hero finanziert hat. „Als wir gehört haben, dass Orkhan und sein Crew ein Fintech gründen, struggle es eine leichte Investmententscheidung“, sagt HV-Accomplice Barbod Namini, der wiederum schon in Firmen wie die Neobanken Solarisbank und Penta investiert hat. Supply-Hero-Finanzchef Emmanuel Thomassin, die Flixbus-Gründer und Hellofresh-Mitgründer Dominik Richter beteiligen sich privat als sogenannte Angel-Investoren an Payrails.
Namini schildert, was ein Betriebssystem wie das von Payrails leisten muss: „Unternehmen mit Umsätzen in Milliardenhöhe müssen Zahlungen in vielen Ländern akzeptieren“, sagt er. Sie bräuchten Verträge mit verschiedenen lokalen Finanzdienstleistern und Banken, all diese Zahlungswege müssten an das System des Unternehmens angeschlossen und betreut werden.
Hinzu kämen große Vertriebspartner, die ihre eigenen Kundenkonten, Gutscheine und Rabatte anbieten wollen. „Die Komplexität in der Zahlungsabwicklung steigt bei der Enlargement exponentiell“, erklärt der Investor.
Betriebssystem wird zunächst in Europa vertrieben
Mit der Finanzierungsrunde bringt Payrails sein cloudbasiertes Betriebssystem Payrails OS auf den europäischen Markt. Das „Ende-zu-Ende-Betriebssystem“ soll Unternehmen bei der Verwaltung von Zahlungen und der Entwicklung von Finanzdienstleistungen für ihre Kunden unterstützen und auch die Erfüllung lokaler regulatorischer Vorgaben gewährleisten.
Angaben zur Unternehmensbewertung von Payrails wollte Abdullayev im Gespräch mit dem Handelsblatt nicht machen. Es ist anzunehmen, dass die Investoren A16Z und HV Capital jeweils Beteiligungen im niedrigen zweistelligen Bereich erworben haben. Damit könnte sich die Bewertung der erst wenige Monate alten Firma bereits im Bereich einer Summe um die 30 Millionen Euro bewegen.
Einnahmen will Payrails künftig vor allem über fixe Kosten professional Transaktion generieren. Erste Kunden habe das Fintech bereits in Europa für sich gewinnen können, sagt Abdullayev.
Zugleich plant das Fintech, das Kapital in die Produktentwicklung und den Ausbau des Groups zu investieren. So soll bis Ende des Jahres die Anzahl der Mitarbeiter von 30 auf 100 steigen. Einige aktuelle Teammitglieder konnten die Gründer von Supply Hero abwerben.
Mehr: Platzt die Fintech-Blase? Ukrainekrieg und wackelige Börsen setzen den Bewertungen der Finanz-Begin-ups zu