San Francisco, Düsseldorf Das globale Cloud-Geschäft wächst so stark wie nie. Im vergangenen Jahr haben die Anbieter rund 180 Milliarden Greenback in den Ausbau ihrer Infrastruktur investiert, hat das Analysehaus Synergy Analysis Group berechnet. Chefanalyst und Forschungsdirektor John Dinsdale sagte dem Handelsblatt. „Der Markt wächst rasant.“
Das globale Angebot wird vor allem von drei US-Konzernen dominiert: Amazon, Microsoft und Google. „Microsoft und Google investieren jedes Quartal zwischen fünf und zehn Milliarden Greenback, und Amazon zwischen zehn und zwanzig Milliarden Greenback professional Quartal“, erklärte Dinsdale.
Es geht um einen großen Markt. Immer mehr Firmen drängen darauf, ihre Geschäftsprozesse in die Cloud zu verlagern. Nach Schätzung von Steve Mullaney, Chef des Cloud-Spezialisten Aviatrix, haben die Unternehmen erst zehn Prozent ihrer Daten in die Cloud gehoben. Das werde sich in den kommenden zwei bis drei Jahren dramatisch ändern: Bis dahin sollen es bis zu 80 Prozent der Daten sein. „Das wird ein massiver Increase“, sagte der Supervisor.
Es ist ein Wettrennen entbrannt. Skaleneffekte spielen eine große Rolle. Je größer ein Anbieter, desto leistungsfähiger die Infrastruktur und desto geringer die Kosten. Bei den globalen Marktanteilen hält sich Amazon fest auf dem Spitzenplatz und kann seit Jahren rund ein Drittel des Weltmarkts für sich beanspruchen.
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Aber Microsoft holt stark auf. Lag der Marktanteil Anfang 2018 noch bei 13 Prozent, konnte der Konzern im vierten Quartal 2021 sogar 21 Prozent der globalen Cloud-Umsätze für sich beanspruchen. Google steigerte im gleichen Zeitraum seinen Marktanteil von sechs auf zehn Prozent.
Der chinesische Anbieter Alibaba baute im gleichen Zeitraum seinen Marktanteil von vier auf sechs Prozent aus. Das Wachstum beruht allerdings quick ausschließlich auf dem Heimatmarkt China.
SAP und Telekom selbst in Europa abgeschlagen
Deutsche Konzerne tauchen unter den führenden Firmen gar nicht erst auf. Selbst in Europa spielen sie nur eine Nischenrolle. Als die beiden größten europäischen Cloud-Anbieter weist Synergy die Dax-Konzerne SAP und Deutsche Telekom aus. Allerdings beherrschen sie jeweils nur rund zwei Prozent des Marktes. Die dominanten Spieler sind auch hier Amazon, Microsoft und Google.
Cloud ist zudem nicht gleich Cloud. Die Bandbreite der Dienste ist groß: Speicherplatz und Rechenkapazitäten, Textverarbeitung und Finanzverwaltung, das Administration von Apps und Algorithmen für Spracherkennung – all das können Anwender und Unternehmen aus der Datenwolke bekommen.
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Um die jeweiligen Vorteile einer Cloud-Lösung nutzen zu können und nicht in eine Abhängigkeit zu geraten, setzen Unternehmen auf sogenannte Multi-Cloud-Lösungen. Sie arbeiten additionally mit mehreren Anbietern wie Amazon Net Providers (AWS), Microsoft Azure oder anderen zusammen.
Nach Meinung von Aviatrix-Chef Mullaney dürfte bei dem Wettrennen Microsoft mit Azure die Nase vorn haben. Anders als Amazon oder Google kenne sich der Konzern mit den Bedürfnissen von Unternehmenskunden intestine aus, sei schon Jahrzehnte in dem Geschäft. „Allerdings lernt Amazon schnell, und Google hat viel Geld“, sagte Mullaney.
Telekom-Supervisor: „Wir haben uns zum Zwischenhändler für Angebote von US-Firmen degradiert“
Mit Software program aus der Cloud, Experten sprechen von „Software program as a Service“ (SaaS), haben deutsche Anbieter einige Bereiche erfolgreich besetzt. Dazu zählt vor allem SAP, aber etwa auch der Course of-Mining-Spezialist Celonis.
Bei Infrastruktur aus der Cloud sind die US-Konzerne hingegen weit vorn. Die Deutsche Telekom hatte zwar einige Jahre versucht, ihr eigenes Angebot voranzutreiben. Telekom-Vorstand Adel Al-Saleh rief vergangenes Jahr sogar „Cloud first“ als Leitstrategie aus.
Allerdings treibt der Bonner Konzern dabei vor allem Partnerschaften mit Amazon und Microsoft voran. Ein Telekom-Supervisor sagte dem Handelsblatt: „Bei uns läuft das Cloud-Geschäft auf Sparflamme, und wir haben uns selbst zum Zwischenhändler für Angebote von US-Firmen degradiert.“
Der Telekom-Vorstand hat „Cloud first“ als Leitstrategie ausgerufen.
(Foto: Getty Photos)
Die großen US-Anbieter weiten unterdessen ihren Fokus auf Europa und Deutschland aus. Google hat Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro zwischen 2021 und 2030 in Deutschland angekündigt, vor allem in die Cloud-Infrastruktur. Auch Amazon hat seine Angebote ausgeweitet und will in Berlin und München bald Datenübertragung mit besonders geringer Verzögerung anbieten, was besonders für Industrieanwendungen wichtig ist. Diese Angebote hatte Amazon zunächst nur in den USA ausgerollt.
Eigentlich stehen die US-amerikanischen Cloud-Anbieter in Europa vor einem großen Drawback: Es fehlt in vielen Fällen eine Rechtsgrundlage für die Dienste. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Datenschutzabkommen „Privateness Defend“ vom Juli 2020. Der EuGH hatte damals die Rechtsgrundlagen für den Switch personenbezogener Daten europäischer Bürger in die USA wegen ungenügenden Datenschutzes kassiert, weil US-Geheimdienste dort weitgehenden Zugriff auf die gespeicherten Daten haben.
SAP baut Cloud für Verwaltung – Telekom sucht Nähe zu Google
Viele US-Cloud-Dienste verstoßen damit gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Gegen Firmen, die die Dienste dennoch einsetzen, sind Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro möglich.
Ausgerechnet die Deutsche Telekom hilft US-Firmen dabei, in Deutschland Lösungen anzubieten, die nicht den Datenschutzregeln widersprechen. Der Konzern hatte zunächst auf eine enge Partnerschaft mit Microsoft gesetzt, die der US-Konzern 2020 jedoch einstellte. Nun setzt die Telekom auf ein gemeinsames Cloud-Angebot mit Google, das Mitte 2022 starten soll. „Unser gemeinsames strategisches Ziel ist es, die Digitalisierung europäischer Unternehmen und des öffentlichen Sektors bei der Verlagerung in die Cloud zu unterstützen“, kündigte Vorstand Al-Saleh an.
SAP will zusammen mit dem deutschen Anbieter Arvato Methods eine Cloud-Plattform für die deutsche Verwaltung starten – allerdings auf Foundation von Microsoft Azure. „Durch diese einmalige Zusammenarbeit können Bundesregierung und Behörden das Potenzial von Cloud-Lösungen vollumfänglich nutzen“, sagte SAP-Chef Christian Klein.
Das Cloud-Wettrennen ist weiter offen. Letztlich dürfte es aber nicht einen Gewinner geben, sondern mehrere. Denn viele Firmen setzen, um sich nicht zu stark abhängig zu machen, nicht auf nur einen Cloud-Dienst, sondern planen direkt mit mehreren Anbietern.
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