Die Personalvorständin BMWs bereitet den Dax-Konzern auf höheres Wachstum vor.
(Foto: BMW)
München, Düsseldorf Die Rekordverkäufe im vergangenen Jahr machen den BMW-Konzern wieder mutiger. „In Deutschland werden wir rund 6000 Menschen neu einstellen. Mit einem Drittel ersetzen wir Fluktuation, der Relaxation fließt in den Beschäftigungsaufbau“, sagte Personalvorständin Ilka Horstmeier dem Handelsblatt. „Wir sind in den vergangenen Monaten kräftig gewachsen, vielleicht sogar ein bisschen schneller, als wir gedacht haben“, führte die BMW-Managerin aus. Das Unternehmen sei sehr zuversichtlich, was die künftige Nachfrage angeht: „Wir bereiten uns auf weiteres Wachstum vor. Und wir werden liefern können, wenn der Markt für Elektromobilität weiter anzieht.“
Horstmeier präzisiert damit Aussagen von Konzernchef Oliver Zipse, der bereits zum Jahreswechsel einen Beschäftigungsaufbau in Aussicht gestellt hatte. Der Konzern sucht Mitarbeitende für die Produktion, in der Anlagentechnik, vor allem aber Softwarespezialisten und Prozessexperten.
Es ist eine Kehrtwende: Der Stellenaufbau schließt sich quick unmittelbar an einen Stellenabbau an, den BMW im Jahr 2019 mit den Betriebsräten vereinbart hatte. Damals hatte der Dax-Konzern angesichts stagnierender Absätze und sinkender Renditen den sozialverträglichen Abbau von 6000 Stellen beschlossen. Die Kostensenkungen halfen dem Konzern, durch die Coronakrise zu kommen.
BMW ist besser durch die Krise gekommen als die Konkurrenz
Die Nachfrage blieb dennoch hoch, anders als in der Finanzkrise hatte der Konzern kein Absatzproblem. BMW ist zudem deutlich besser mit Halbleitern versorgt als die Konkurrenz. Während Mercedes und Audi im vergangenen Jahr wegen des Chipmangels immer wieder die Produktion anhalten mussten, lief die Fertigung der Münchener weitgehend ungestört.
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
BMW lieferte als Marke damit zum ersten Mal seit 2015 wieder mehr Autos als Mercedes aus. Mittelfristig will der Konzern den Absatz von derzeit 2,5 auf drei Millionen Fahrzeuge professional Jahr steigern, in Ungarn entsteht eine zusätzliche Fabrik. BMW plant ein halbes Dutzend neuer Elektromodelle, die in den kommenden Monaten in den deutschen Werken gebaut werden.
BMW steuert seit Jahren Produktion und Private in Richtung Elektromobilität. In Dingolfing wurde die Sitzproduktion ausgelagert, in München die Motorenproduktion nach Österreich und Großbritannien verlegt. Beide Werke werden auf E-Mobility umgerüstet, die auch die Produktion von Elektromotoren umfasst. Anders als beispielsweise Audi oder Volvo will sich BMW nicht auf „ein allgemeingültiges Datum für den Ausstieg aus der Verbrennertechnologie“ festlegen. „Wir beschreiten einen Wachstumspfad und wollen uns nicht auf einen Schrumpfungskurs begeben“, begründet Horstmeier das Festhalten an Benzin und Diesel.
>>> Lesen Sie auch: Die zehn beliebtesten Elektroautos im Januar 2022.
BMW ist derzeit nicht der einzige Autohersteller, der nach der Krise wieder Private sucht. Tesla will in seiner neuen Fabrik in Brandenburg bis zu 12.000 neue Jobs schaffen. Auch Volkswagen und Mercedes suchen Spezialisten für Elektromobilität und Softwareingenieure. In der Autoindustrie steigt die Zahl der Stellenausschreibungen im IT-Bereich deutlich rasanter als die für
klassische Ingenieurstellen. Das zeigt eine Auswertung der Personalberatung Hays, die dem Handelsblatt vorliegt. Für die Analyse, die die Berliner Index-Gruppe zusammen mit Hays seit 2015 quartalsweise durchführt, werden alle ausgeschriebenen Stellen in gedruckten Medien, Onlinestellenbörsen und auf Karriereseiten im Web gezählt und ausgewertet.
Langfristig hilft nur Zuwanderung
So stieg in der Autobranche die Zahl der Stellenausschreibungen seit Beginn der Coronakrise im Ingenieurwesen um 81 Prozentpunkte. In der IT wuchs die Zahl der ausgeschriebenen Stellen bei Autobauern und -zulieferern im gleichen Zeitraum um 91 Prozentpunkte.
Zu den am stärksten nachgefragten Positionen der Branche zählen IT-Entwickler (plus 146 Indexpunkte seit dem vierten Quartal 2019, additionally vor Corona), Softwareentwickler (plus 109 Indexpunkte) und IT-Sicherheitsspezialisten (plus 115 Indexpunkte). Bei Ingenieuren sind vor allem Entwicklungs- und Versuchsingenieure gefragt.
„Aktuell verändert sich kein bestehendes Produkt so sehr wie das Automobil – und da sind die Themen Batterie und autonomes Fahren zwei riesige Kuchenstücke“, erklärt Olaf Szangolies, Companion bei der Personalberatung Odgers Berndtson. Für beides benötigten die großen Autobauer in Deutschland unbedingt fähige ITler. Das Downside: Derzeit sind laut Branchenverband Bitkom 96.000 IT-Stellen in Deutschland unbesetzt.
Noch sei die Rekrutierung von Fachkräften für die Autoindustrie kein großes Downside, heißt es bei BMW. Langfristig müsse die Politik aber auf den sich kontinuierlich verschärfenden Fachkräftemangel reagieren. „Für bestimmte Berufsgruppen brauchen wir Zuwanderung, da müssen wir die Bürokratie abbauen und Abschlüsse schneller anerkennen“, fordert Ilka Horstmeier. „Zudem müssen wir die Erwerbsquote bei Frauen erhöhen. Und wir müssen in Bildung und Weiterbildung investieren, besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern.“
Mehr: Die Luxus-Strategie von Audi, BMW und Mercedes könnte sich noch rächen.