Schuppentiere leben seit Urzeiten in Asien und Afrika – und sind jetzt stark bedroht. Einziger Feind: der Mensch. Wiebke Plasse von der Welttierschutzgesellschaft will das ändern.
Heute ist Welttag des Schuppentieres. Die kleinen Waldbewohner gehören zu den ältesten noch auf der Erde lebenden Säugetierarten: Schuppentiere, die auch Pangoline heißen, gibt es bereits seit 80 Millionen Jahren. Ihr gepanzerter Körper schützt sie vor tierischen Feinden – doch der Mensch hat die acht noch existierenden Arten in Asien und Afrika beinahe ausgerottet.
Warum? Und wie gehen Helfer vor, um die mysteriösen Tiere, über die bis heute kaum etwas bekannt ist, zu retten? Das haben wir Wiebke Plasse von der Welttierschutzgesellschaft gefragt, die sich in Vietnam mit der lokalen Partnerorganisation Save Vietnam’s Wildlife für den Schuppentier-Schutz engagiert.
t-online: Frau Plasse, was fasziniert Sie an Schuppentieren?
Wiebke Plasse: Sie sehen praktisch wie kleine Dinosaurier aus, die weiter auf der Erde wohnen. Sie sind durch ihre Schuppen gepanzert, aber auch fragil. Sie haben keine Mimik, aber sie sind trotzdem ausdrucksstark.
Das spricht für ihren Schutz. Aber warum sind Schuppentiere für Wilderer so attraktiv?
Sie sind sehr leicht zu fangen. Der Körper eines Schuppentieres ist praktisch durch die Schuppen gepanzert, nur der Hals und Bauch sind verletzlich. 80 Millionen Jahre haben diese Tiere gut damit überlebt, sich zu einer Kugel zusammenzurollen, bis die Feinde wieder gehen. Beim Menschen funktioniert das leider nicht. Der sammelt sie einfach ein und nimmt sie mit.
Zur Person
Wiebke Plasse arbeitet bei der Welttierschutzgesellschaft, die mit Partnern vor Ort weltweit Tiere schützt und rettet. In Vietnam kümmert sich die Partnerorganisation Save Vietnam’s Wildlife um den Schutz und die Rettung von Schuppentieren.
Aber warum wollen illegale Tierhändler sie fangen?
Die Schuppen des Schuppentieres werden bereits seit langer Zeit in der traditionellen asiatischen Medizin verwendet – sie sollen bei vielen Krankheiten helfen. Heutzutage heißt es, sie könnten sogar Krebs heilen. Dafür gibt es nicht den geringsten Beweis. Aber von solchen traditionellen Normen sind Menschen sehr schwer abzubringen. Außerdem gilt ihr Fleisch als Delikatesse in wohlhabenden Kreisen – gerade weil es teuer und illegal ist. Manche Menschen legen auch Schuppentier-Babys in Reiswein ein, der soll dann besonders schmecken.
Und dafür gibt es einen großen Markt?
Die Folgen sind für Schuppentiere weltweit fatal: Alle acht Arten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Auch in Afrika werden die Tiere immer stärker gewildert. Ihre Schuppen werden dann nach Asien verschifft. Wir wissen das, weil Tiere an Handelsschwerpunkten wie etwa Istanbul oder Bangkok konfisziert wurden.
Wenn die Tiere konfisziert werden – leben sie dann?
In Asien werden die Tiere lebendig gehandelt. Wenn sie von Afrika nach Asien verschickt werden, sind sie tot oder es werden nur die Schuppen geschmuggelt. Aber auch bei den lebendigen Tieren sehen wir: Ihr Überleben zählt nicht. Sie werden schwer misshandelt, nicht gefüttert, sie bekommen kein Wasser – und dann ist da noch die Sache mit dem Zement.
Was passiert mit dem Zement?
Die Händler flößen den Tieren Zement ein. Wir müssen uns das vorstellen wie bei der zwangsweisen Gänsemast. Schwerere Tiere erzielen höhere Preise, weil sie vermeintlich größer sind, mehr Fleisch und Schuppen haben. Wir wissen das, weil wir in den Mägen der Tiere den Zement gefunden haben.
Überleben die Tiere die Zementbehandlung?
Viele nicht. Manchmal werden Tiere lebend mit Zement im Magen gefunden, aber oft sterben sie dann kurz danach. Das ist bei Konfiszierungen auch ein Problem: Die Schuppentiere sehen zwar sehr robust aus, aber sie sind es nicht. Sie sind sogar ziemlich empfindlich. Viele sterben auch noch nach der Rettung, weil staatliche Behörden nicht ausreichend wissen, was die Tiere brauchen.