Der Prozess um Jérôme Boateng geht in die zweite Runde. Nicht nur seine Exfreundin, sondern auch eine weitere Zeugin sagen aus und erheben Vorwürfe gegen den Fußballer.
Fast schon überpünktlich, um 9.59 Uhr, betritt Jérôme Boateng am Freitagmorgen den Sitzungsaal A 101. Das Berufungsverfahren vor dem Landgericht München, bei dem der Ex-Nationalspieler wegen Beleidigung und Körperverletzung angeklagt ist, geht in die zweite Runde. Als Zeugen geladen sind für diesen Verhandlungstag Boatengs ehemalige Partnerin sowie eine Freundin von ihr, die die Vorwürfe bestätigen können soll.
In viereinhalb Stunden Vernehmung musste Boatengs Ex-Freundin viele Fragen, unter anderem von der Staatsanwaltschaft, beantworten. Dabei wies sie die Anschuldigungen ihres Ex zurück. Dieser hatte am Freitag ausgesagt, sie sei der aggressive Part gewesen. Boatengs Ex-Freundin wiederholte mehrfach: „Ich habe ihn nicht angegriffen oder geschlagen“. Vielmehr soll Boateng sie laut ihrer Aussage bespuckt, beleidigt, an den Haaren gezerrt und in den Kopf gebissen haben.
Auch der verbale Umgangston zwischen dem Paar sei während der Beziehung schwierig gewesen: „Es war eine toxische Beziehung, wir hatten immer diese Trennungs- und Streitphasen, deshalb war der Umgangston untereinander nicht gut.“ Staatsanwältin Eckert wollte wissen, ob auch sie Boateng beleidigt habe. Sie bejaht. Demnach soll sie Boateng wegen seiner Herkunft beleidigt haben. „Ich kann mich an die Nachricht erinnern. Das war 2015, nach dem ersten Familiengerichtsverfahren. Ich war sehr wütend und aufgewühlt und das tut mir jetzt auch sehr leid, dass ich so was gesagt habe.“
Um 14.30 Uhr wird dann die zweite Zeugin in den Sitzungssaal gerufen. Die gelernte Krankenschwester ist eine ehemalige, sehr gute Freundin der Geschädigten. „Es ist ja alles schon eine Weile her. Schildern Sie doch mal, was damals passiert ist“, fordert Richterin Hemmerich sie auf. „Wir waren damals gute Freundinnen, haben viel unternommen.“ Der Urlaub sei sehr spontan gewesen. „Es kam zwischen den beiden zum Streit, weil irgendwelche Ex-Beziehungen angesprochen wurden.“ Der Streit sei ausgeartet, Boateng habe Kissen auf seine Ex-Freundin geworfen und sie beleidigt.
„Es war eine Schocksituation.“ Sie schilderte die Vorfälle aus dem Jahr 2018 ähnlich wie Boatengs Exfreundin. Zu einem späteren Zeitpunkt soll er seine damalige Partnerin am selben Tag erneut beleidigt, angeschrien sowie angespuckt haben.
Kurz darauf habe Boateng sich entschuldigen wollen, „war noch sehr lieb“, bis dann der Streit erneut begonnen habe. „Sie hat dann die Nacht bei mir geschlafen“, so die Zeugin. Boateng hatte hingegen ausgesagt, dass er und seine Ex-Freundin die Nacht zusammen verbracht hätten. Auch am nächsten Tag hätte Boateng sich dann entschuldigen wollen. „Ich sagte ihm, dass Frauen schlagen keine Lösung ist.“ Das wisse er, deshalb sei er auch in Therapie, habe Boateng darauf entgegnet.
Auf Nachfrage der Staatsanwältin Eckert sagt die Zeugin, dass es „mehrere Vorfälle dieser Art“ gegeben habe. Zwar nicht während des Urlaubs, aber davor. Anlässlich eines Geburtstags seiner Ex-Freundin habe Boateng eine Überraschungsparty veranstaltet und ihr ein Auto geschenkt. Dann sei es zum Streit gekommen, Boateng habe sie so stark verletzt, dass sie ins Krankenhaus musste. Die Zeugin spricht dabei von einer Art Masche. „Herr Boateng hat ihr viele Geschenke gemacht und sie ihr immer wieder weggenommen.“ Während ihrer Vernehmung sitzt Boateng, wie am ersten Verhandlungstag auch, entspannt auf seinem Stuhl, trinkt immer wieder einen Schluck Wasser aus einem Pappbecher.
Am Freitag, 28. Juni, 10 Uhr, geht der Prozess in die dritte Runde. Laut Richterin Susanne Hemmerich werden die beiden Vorsitzenden der vorherigen beiden Verfahren vor Gericht aussagen. Für Freitag, 5. Juli, ist erneut die Ex-Freundin von Jérôme Boateng als Zeugin geladen. Solange es in diesem Verfahren kein rechtskräftiges Urteil gibt, gilt für Jérôme Boateng die Unschuldsvermutung.