Texas Instruments hält am Standort München fest.
(Foto: Texas Instruments)
Freising Als Texas Instruments (TI) sein Werk in Freising eröffnete, war Ludwig Erhard Bundeskanzler. Damals, 1966, war nicht abzusehen, dass unmittelbar vor dem Firmengelände einmal der neue Münchener Flughafen eröffnen würde.
Das Werk in der Münchener Peripherie gibt es bis heute. Und es ist die einzige Produktionsstätte des weltweit achtgrößten Chipkonzerns in Europa, wo ohnehin nur wenige US-Halbleitersteller überhaupt Standorte unterhalten.
Auch nach fast 50 Jahren ist die traditionsreiche Fabrik in Freising in ihrem Bestand nicht gefährdet, beteuert Andreas Schwaiger, Chef von TI Deutschland, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Aus dem Produktionsverbund von Texas Instruments sei sie nicht wegzudenken. Selbst wenn TI derzeit in den USA Milliarden Dollar in moderne, neue Werke steckt.
Texas Instruments produziert für die deutsche Industrie
Für die von Lieferengpässen geplagte deutsche Industrie ist das eine gute Nachricht. In Freising entstehen viele Chips, die gerade für die Abnehmer hierzulande enorm wichtig sind – Bauelemente für Autohersteller und zahlreiche andere produzierende Industrien. „Wir sind die Spezialitätenfabrik im Konzern“, erläutert Werksleiter Klaus Schimpf.
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Aus Freising kommen nicht die großen Stückzahlen, mit denen TI etwa die Computerhersteller beliefert. Stattdessen produziert der Konzern im Freistaat Bauelemente in einer für TI außergewöhnlichen, räumlich engen Symbiose zwischen Entwicklern und Fertigung.
Jedes Jahr würden die Ingenieure hier ein, zwei neue Produktionsverfahren zur Serienreife bringen, betont Schimpf. Dabei ist TI eines der wenigen Unternehmen, die überhaupt nah am Kunden arbeiten. Der Konzern unterhält 32 Niederlassungen in Europa. Andere Halbleiteranbieter beliefern nur ihre größten Abnehmer direkt.
Der Werksleiter erklärt, was die Produktion in München besonders macht.
(Foto: Texas Instruments)
In der Fertigung ist TI in Deutschland ohnehin fast allein auf weiter Flur. Von den zehn umsatzstärksten Chipanbietern weltweit produziert neben TI lediglich Qualcomm in einer eigenen Fabrik, ebenfalls in München.
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Globalfoundries betreibt in Dresden zwar einen auch im internationalen Vergleich beachtlichen Standort. Das US-Unternehmen ist jedoch als Auftragsfertiger aktiv. TI nutzt derartige sogenannte Foundries vergleichsweise wenig. „Wir wollen die Mehrheit der Chips selbst produzieren“, sagt Manager Schwaiger.
Auch darin unterscheidet sich die Firma von Wettbewerbern wie AMD, Broadcom oder Nvidia, die komplett auf eine eigene Fertigung verzichten. Anbieter wie der Dax-Konzern Infineon lassen zumindest einen nennenswerten Teil ihrer Produkte fremdfertigen.
Texas Instruments rückt näher an die Kunden heran
Texas Instruments intensiviert die Kundennähe nun weiter. So will der US-Konzern Ende 2024 ein neues Logistikzentrum in Frankfurt eröffnen. Die Käufer, darunter viele Mittelständler, sollen dann binnen 24 Stunden ihre Bestellungen erhalten. Dem Finanzinformationsdienst Bloomberg zufolge stehen auf der Kundenliste so viele Namen wie bei keinem Mitbewerber.
Der Deutschlandchef von TI erläutert die weiteren Pläne für den Standort.
(Foto: Texas Instruments)
Und laut Bloomberg ist TI seit Jahrzehnten einer der profitabelsten Chiphersteller. Zu den Gründen zählt laut den Experten, dass TI nicht dasselbe hochgezüchtete Equipment für seine Halbleiterproduktion benötigt wie etwa Intel.
Das gilt auch im Werk Freising. Hier produziert TI auf Scheiben mit 200 Millimeter Durchmesser. Standard in der Branche sind inzwischen 300 Millimeter. Auf eine 300-Millimeter-Scheibe passen mehr als doppelt so viele Halbleiter, dadurch sinken die Kosten je Chip. Allerdings ist der Bedarf bei vielen Chiptypen nicht so hoch, dass sich die größeren Scheiben rentieren würden.
Keine Angabe zum Investitionsvolumen in Deutschland
In Freising entstehen zudem Chips mit sogenannten Strukturgrößen von 35 bis 180 Nanometern. Dies sind zum Teil Technologien, die seit zwei Jahrzehnten im Einsatz sind. Die fortschrittlichsten Chips produziert etwa der Auftragsfertiger TSMC mit einem Drei-Nanometer-Verfahren. Ein Nanometer ist in etwa so groß, wie ein Fingernagel pro Sekunde wächst.
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Gleichwohl sei das Werk nicht veraltet: „Es wird kontinuierlich investiert“, sagt Deutschlandchef Schwaiger. Wie viel Geld fließt, verrät der Manager aber nicht.
Verglichen mit den Kosten für die Neubauten in den USA dürften es bescheidene Beträge sein. In Texas nimmt TI im Zeitraum von 2022 bis 2025 rund 14 Milliarden Dollar in die Hand, so die Berechnungen des Lieferkettenspezialisten Everstream.
Regelmäßig reist das Freisinger Management nach Texas, um sich mit den Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Dass sich der Münchener Airport seit mittlerweile drei Jahrzehnten in Sichtweite befindet, kommt ihnen gelegen.
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