New York Zinshoffnungen und steigende Kurse bei den Chip-Konzernen haben die Wall Street am Donnerstag ins Plus gehievt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss rund ein Prozent höher auf 34.907 Punkten. Der technologielastige Nasdaq rückte 0,8 Prozent auf 13.926 Punkte vor. Der breit gefasste S&P 500 legte 0,8 Prozent auf 4505 Punkte zu.
Die Hoffnung auf ein Ende der geldpolitischen Straffung in Europa verstärkte Analysten zufolge auch die Zinsgipfel-Erwartungen der US-Anleger. Die meisten Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Zinserhöhung der EZB am Donnerstag zunächst die letzte sein wird. Zugleich erwarten sie, dass die US-Notenbank Fed bei ihrer nächsten Sitzung am 20. September eine Pause einlegt.
„Wenn eine große Zentralbank beschließt, den Fuß vom Gas zu nehmen, machen alle mit“, sagte Michael Green, Chefstratege beim Vermögensverwalter Simplify. „Es herrscht im Moment das allgemeine Gefühl, dass der Zinserhöhungszyklus vorerst abgeschlossen ist.“
Auch enttäuschende Konjunkturdaten konnten die Laune der Anleger nicht trüben. Die US-Erzeugerpreise, die als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation gelten, stiegen im August schneller als erwartet an. Die Fed versucht, mit Zinserhöhungen die Teuerungsrate zu dämpfen. Analysten zufolge nahmen die Anleger die Zahlen gelassen hin, weil diese auf einen Preisanstieg bei Energie zurückzuführen waren.
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Auch steigende Kurse bei den Halbleiter-Firmen nach dem erneuten Börsengang des Chip-Designers Arm hellten die Laune der Investoren auf. Die Aktien erschienen bei 56,10 Dollar erstmals auf den Kurszetteln der US-Technologiebörse Nasdaq nach rund sieben Jahren Börsen-Abstinenz zehn Prozent über dem Ausgabepreis. Die Anteilsscheine gingen mit einem satten Kursplus von 24,6 Prozent auf 63,59 Dollar aus dem Handel.
„Das Spiel ist wieder im Gange. Die Kapitalmärkte sind wieder offen für Geschäfte. In den nächsten zwölf Wochen wird es so viele IPOs geben, dass einem schwindelig wird“, sagte Thomas Hayes, Vorsitzender der Private-Equity-Firma Great Hill Capital. „Die Börsen haben anderthalb Jahre Eiszeit hinter sich, und dies markiert den Beginn besserer Zeiten.“
Die Anteilsscheine von Halbleiter-Herstellern wie Micron, Marvell und Broadcom gewannen in Arms Kielwasser zwischen 0,4 und 2,2 Prozent.
Ölpreise weiter im Aufwind
Eine pessimistische Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) zur globalen Rohölversorgung führte unterdessen dazu, dass sich die Nordsee-Sorte Brent und die leichte US-Sorte WTI um jeweils zwei Prozent auf 93,75 beziehungsweise 90,32 Dollar pro Barrel (159 Liter) verteuerten. Öl war damit so teuer wie seit November 2022 nicht mehr.
Die von Saudi-Arabien und Russland bis Ende 2023 verlängerten Ölförderkürzungen würden im vierten Quartal zu einem erheblichen Marktdefizit führen, warnte die IEA am Mittwoch. Gleichzeitig blieben die Aussichten für den globalen Verbrauch im laufenden und im kommenden Jahr weitgehend unverändert.
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Auch die Nachfrage in China, dem größten Ölimporteur der Welt, bleibe trotz seines wirtschaftlichen Abschwungs „erstaunlich konstant“. Dabei werde jede weitere abrupte Abschwächung der Industrietätigkeit und der Ölnachfrage in der Volksrepublik wahrscheinlich auf die ganze Welt übergreifen. „China ist die wichtigste Wildcard“, hieß es im IEA-Bericht.
Blick auf weitere Einzelwerte:
Visa: Verhandlungen von Visa über eine mögliche Aktienumwandlung schicken die Titel auf Talfahrt. Die Papiere bröckeln um 2,5 Prozent ab. Der US-Kreditkarten-Anbieter hat mitgeteilt, er sei in Gesprächen mit seinen Klasse-B-Aktionären über eine Umwandlung ihrer Anteilsscheine in Aktien der Klasse A oder C. Eine Zustimmung der Aktionäre würde Analysten zufolge zu einer erhöhten Anzahl der Klasse-A-Aktien führen und ihren Wert drücken.
AMC Entertainment: Die Aktien der Kinokette fielen um 1,21 Prozent. AMC hatte zuvor mitgeteilt, dass das Anfang des Monats angekündigte Aktienangebot abgeschlossen sei. Das Unternehmen gab bekannt, dass es 40 Millionen Aktien zu einem Durchschnittspreis von 8,14 Dollar verkauft und damit etwa 325,5 Millionen Dollar eingenommen hat.
Etsy: Die Aktien des E-Commerce-Händlers legten um 3,28 Prozent zu, nachdem Wolfe Research die Aktie auf „Outperform“ hochgestuft hatte. Wolfe nannte drei Gründe für die Heraufstufung: eine Erholung der Verbraucherausgaben, das Potenzial für Margenverbesserungen und eine stärkere Betonung des Hauptgeschäftsbereichs von Etsy.
HP: Die Aktien des Drucker- und PC-Herstellers fielen um 1,8 Prozent, nachdem Berkshire Hathaway, das Investmentunternehmen von Warren Buffett, einen Teil ihrer Anteile verkauft hatte. Das Konglomerat verkaufte etwa 5,5 Millionen HP-Aktien im Wert von rund 158 Millionen Dollar.
Sie reduzierte damit ihre Beteiligung auf 3,27 Milliarden Dollar, was 11,7 Prozent aller HP-Aktien entspricht. Vor der Veräußerung hielt sie einen Anteil von 12,2 Prozent. Berkshire Hathaway kaufte die Aktien des Technologieunternehmens erstmals im April 2022 und wurde damit zum größten Anteilseigner des Unternehmens.
Exxon Mobil, Chevron: Exxon Mobil und Chevron legten zwischen ein und zwei Prozent zu, da die Ölpreise mit über 93 Dollar pro Barrel der Sorte Brent ihren höchsten Stand in diesem Jahr erreichten. Occidental Petroleum und Devon verzeichneten am frühen Morgen (Ortszeit) ebenfalls Kursgewinne.