Tokio Mit Mühe hat einer der größten Tech-Investoren der Welt einen Rekordverlust abwenden können. Das japanische Unternehmen Softbank, was gleich zwei milliardenschwere Finanzierungsfonds unterhält, hat am Mittwoch zwar ein Minus von umgerechnet 6,6 Milliarden Euro auf Jahressicht verkündet. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Verlust damit aber um 43 Prozent verringert.
Der Buchverlust bei den international in rund 400 Spitzen-Start-ups investierten Softbank Vision Fund 1 und 2 summierte sich auf 5,3 Billionen Yen – 36 Milliarden Euro. Wettmachen konnten die Japaner das zumindest in weiten Teilen durch den Verkauf von Aktienpaketen. So hat Softbank große Pakete am chinesischen Online-Handelsriesen Alibaba sowie der Telekom-Tochter T-Mobile US versilbert.
Der Investor befindet sich seit August 2022 im Verteidigungsmodus, bereits das zweite Mal seit Ausbruch der Coronapandemie. Softbank-Gründer Masayoshi Son kündigte damals an, Investitionen drastisch zu senken, Personal zu entlassen – und eben bestehende Anteile zu versilbern, um Bargeld zum Ausgleich drohender Wertverluste von Start-ups und Unternehmen im Portfolio einzunehmen.
Inzwischen hat Finanzchef Yoshimitsu Goto das operative Geschäft übernommen. Ende vergangenen Jahres übergab Son die Leitung an seinen Vertrauten, auch die Bilanzpräsentation obliegt jetzt ganz ihm. Auch Goto spricht von einer „totalen Defensive“ – hat dabei aber auch das schwierige Marktumfeld im Blick.
Gerade die Finanzierung und die Bewertung von Start-ups litten unter steigenden Zinsen, dem Ukrainekrieg und den wachsenden Spannungen zwischen China und den USA. Das traf auch die größten Investoren, selbst Warren Buffetts Berkshire Hathaway schrieb 2022 einen Verlust in Höhe von 22 Milliarden Dollar.
Der Abschied von Chinas Alibaba soll Softbanks Neuanfang einleiten
Gotos Ausführung der Verteidigungsstrategie traf auch eins der bekanntesten Investments der Softbank: Alibaba. Seit Son im Jahr 2000 20 Millionen Dollar in das damals unbekannte Start-up investierte, entwickelte sich der Onlinehändler zum Weltkonzern – und damit lange zu Softbanks finanziellem Rettungsanker. Wann immer Son Geld brauchte, verkaufte er Anteile.
Doch nun hat Softbank fast alle Restpositionen verkauft oder durch Termingeschäfte versilbert, erklärte Goto. Dadurch sank der Anteil von Alibaba am Wert der Japaner innerhalb von zwei Jahren von 43 auf fünf Prozent (März 2023).
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Allein diese Verkäufe erlösten im vergangenen Bilanzjahr 31 Milliarden Euro. Weitere 6,5 Milliarden Dollar brachten die Verkäufe von Aktien bereits börsennotierter Start-ups aus dem Vision Fund ein, 2,4 Milliarden US-Dollar der Verkauf der T-Mobile-Aktien.
Das Geld nutzte Softbank, um die Schulden um 15 Milliarden Euro zu reduzieren. Damit sank die Verschuldungsrate im Vergleich zum Nettowert Softbanks von 20,4 auf elf Prozent. Außerdem kaufte das Unternehmen Aktien im Wert von fast zehn Milliarden Euro zurück, um attraktiver für Anleger zu werden. Den Bargeldbestand erhöhte Softbank um 72 Prozent auf 34,6 Milliarden Euro.
Softbank bereitet sich auf neue Investitionen in Künstlicher Intelligenz vor
Goto deutete nun ein Ende der „totalen Defensive“ an. Bereits im laufenden Jahr soll es weitergehen: Softbank will den britischen Chipdesigners ARM an die Börse bringen, den das Unternehmen 2016 übernommen hatte. Fast alle Chips von Mobilgeräten und ein schnell wachsender Teil von Computerchips beruht auf ARMs Design, darunter die neuen Chips des US-Konzerns Apple.
Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) nutzen ebenfalls oft das Know-how der Briten. Acht Milliarden Dollar erhofft sich Softbank daher von ARMs IPO. Insgesamt schätzte Goto den Wert möglicher Börsengänge von Portfoliofirmen auf 37 Milliarden Dollar.
Inzwischen hat Finanzchef Yoshimitsu Goto das operative Geschäft übernommen. Ende vergangenen Jahres übergab Son die Leitung an seinen Vertrauten.
Die „Financial Times“ meldete diese Woche überdies, dass die Japaner auch die amerikanische Fortress Investment Group für drei Milliarden Dollar an den Mubadala, den Staatsfonds der Vereinigten Arabischen Emirate, verkaufen wird. Zugleich gibt es Zeichen einer Wende am Aktienmarkt.
„Wir streben ein Gleichgewicht zwischen Verteidigung und Angriff an“, umschrieb Goto die neue Strategie. Im vergangenen Jahr habe man nur noch ein Zehntel früherer Summen investiert und viele Gelegenheiten aus Vorsicht verstreichen lassen. Dieses Jahr wolle das Unternehmen Gelegenheiten eher nutzen, gerade beim Thema KI.
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Der Boom von ChatGPT von dem US-Start-up OpenAI würde Softbanks Gründer Son begeistern, erzählte Goto. Der spricht seit Jahren von einer bevorstehenden KI-Revolution und fokussierte seine Investitionen zuletzt auf Unternehmen, die KI anwenden.
Die Frage, ob Softbank auch mit ChatGPT-Entwickler OpenAI gesprochen habe, ließ Goto unkommentiert. Allerdings prüft der Konzern neue Investitionen in diesen Bereich, erklärte Navneet Govil, der Softbanks Vision Fund leitet. „Wenn wir Investitionsmöglichkeiten finden, die wir sehr attraktiv finden, werden wir investieren.“