Düsseldorf Am vergangenen Montag hatte der ADAC den „teuersten Tag aller Zeiten“ an der Zapfsäule ausgerufen. Dieser Rekord, so viel steht inzwischen fest, battle nicht von langer Dauer: 1,965 Euro kostete der Liter Tremendous E10 laut Angaben des Automobilclubs am Sonntag im Bundesdurchschnitt, 1,984 Euro der Liter Diesel. Das toppte die Werte vom Wochenbeginn (1,816 bzw. 1,737 Euro) noch einmal deutlich – beim Diesel sogar um mehr als zehn Prozent.
Seit Wochen jagt an der Zapfsäule ein Preisrekord den nächsten. Durchschnittlich ist eine Tankladung heute mehr als ein Viertel teurer als vor einem Jahr. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen gegen Russland könnten die Spritpreise weiter steigen lassen.
Umso mehr, wenn ein Importstopp von russischem Öl beschlossen würde, über den die USA und die EU in diesen Tagen beraten wollen. Denn der wichtigste Preistreiber an der Zapfsäule ist der Ölpreis – und Russland steht für etwa zehn Prozent der weltweiten Erdölförderung.
Hauptursachen für die „dramatischen Preisentwicklungen“ der letzten Tage seien zum einen „die Erwartung, dass die westlichen Länder auch die Ölexporte sanktionieren könnten“, sagt Ulrich Leuchtmann, Leiter des Analysis-Bereichs Devisen und Rohstoffe bei der Commerzbank. Zum anderen habe es auch bereits eine moralisch motivierte „Vorwegnahme der möglichen westlichen Sanktionspolitik durch die Abnehmer von Erdöl“ gegeben. „Unabhängig davon, was authorized möglich ist oder nicht, hatten russische Ölproduzenten zuletzt Schwierigkeiten, Abnehmer zu finden“, sagt Leuchtmann.
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Dabei battle Deutschlands Abhängigkeit von russischem Öl im internationalen Vergleich zuletzt besonders stark ausgeprägt. Noch im vergangenen Jahr stammte laut Zahlen des ADAC intestine ein Drittel des hierzulande bezogenen Rohöls aus Russland. Dies sei in der derzeitigen Lage „für die Spritpreise extrem belastend“, hieß es von dem Automobilclub in der vergangenen Woche. Seinerzeit battle der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent innerhalb weniger Tage um rund vier Greenback auf knapp über 100 US-Greenback gestiegen – eine Entwicklung, die sich am Wochenende bereits an der Zapfsäule bemerkbar machte.
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Inzwischen liegt der Preis für ein Brent-Barrel noch deutlich höher: In Folge der Diskussion um einen möglichen Importstopp von russischem Öl stieg er in der Nacht zum Montag zeitweilig auf 139 Dollar. Damit näherte er sich sogar seinem Allzeithoch von 150 Greenback aus dem Jahr 2008 an. Kein Wunder additionally, dass sich auch am Montag wieder „eine klar steigende Tendenz an den Tankstellen“ abzeichnete, wie es von ADAC-Kraftstoffmarktexperte Jürgen Albrecht gegenüber der „dpa“ heißt. Wenn die Zwei-Euro-Marke an der Zapfsäule überschritten werde, dürfte das nun niemanden mehr überraschen, so Albrecht.
Neue Höchststände zu erwarten
Sollten die Ölexporte aus Russland jetzt gänzlich wegfallen, dürften die Ölpreise noch weiter klettern – und damit auch die Benzin- und Dieselpreise. Rohstoff-Analyst Ulrich Leuchtmann glaubt, dass ein Embargo auf russisches Öl „mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit am Ölmarkt eingepreist wird“. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Ölpreise ihre Höchststände vom Montagmorgen in den kommenden Tagen noch einmal übersteigen würden. Das Hauptproblem seien weniger die hohen Ölpreise an sich – schließlich habe es in der Vergangenheit auch schon einmal höhere gegeben – als die „Geschwindigkeit des Preisanstiegs, die die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft doch auf eine harte Probe stellt“.
Zwar könnte im Gegenzug bald der Iran wieder deutlich mehr Erdöl exportieren, zumindest schien zuletzt eine entsprechende Einigung mit den USA in Reichweite. Doch selbst eine Rückkehr iranischen Öls auf den Weltmarkt würde vermutlich nicht ausreichend Ersatz für ausbleibende Öllieferungen aus Russland schaffen: Der Iran könne höchstens 2,5 Millionen Barrel Rohöl professional Tag exportieren, die russischen Rohölexporte beliefen sich jedoch auf 4,6 Millionen Barrel täglich, rechnete Ulrich Leuchtmanns Analystenteam am Montag vor.
Dennoch: „Auf lange Sicht glaube ich nicht, dass die Preise an der Zapfsäule auf diesem hohen Niveau bleiben werden“, sagt Leuchtmann. Entweder, vermutet er, werde es gar kein Embargo für russisches Öl geben. „Und auch die moralische Selbstsanktionierung russischer Anbieter auf dem Ölmarkt wird nachlassen.“ Oder aber Saudi-Arabien werde dafür sorgen, das sich die Ölpreise wieder normalisieren. „Die hätten genügend freie Kapazitäten, um den Ölpreis wieder zu drücken. Und ein derart hoher Ölpreis kann nicht in ihrem langfristigen Interesse sein.“ Beide Optionen würden dafür sorgen, dass „die Ölpreise und damit auch die Spritpreise wieder sinken – wenn wohl auch nicht ganz auf das Niveau, das wir vor ein paar Monaten noch gewohnt waren“, sagt Leuchtmann.
Hoffnung auf die Politik vergebens
Den Preisanstieg an der Zapfsäule eingrenzen könnte auch die Bundesregierung – etwa mit einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe, wie diese mehrere Oppositionspolitiker zuletzt gefordert hatten. Denn Mehrwertsteuer, Energiesteuer und Kohlendioxid-Preis machen derzeit einen großen Teil des Endpreises für Benzin und Diesel aus. Allerdings hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Steuersenkungen für Treibstoff jüngst explizit ausgeschlossen. Eine solche Maßnahme bedeute neue Schulden, sagte Lindner am Sonntag bei „Bild TV“. Er sei dagegen, „dass wir für die gegenwärtig gestiegenen Spritpreise gewissermaßen bei unseren Enkeln einen Kredit nehmen“.
Solange die Spritpreise auf ihrem derzeitigen Niveau verharren, rät der ADAC Autofahrern dazu, Tankstellenpreise mit einschlägigen Apps zu vergleichen und besser abends als morgens zu tanken. Das könne eine Ersparnis von bis zu 7 Cent bringen. Auch Tipps zum „Hamstern“ von Kraftstoff gibt der Automobilclub neuerdings auf seiner Webseite.
Ob sich das bei den derzeitigen Preisen wirklich noch lohnt, allerdings ist fraglich: „Jetzt noch den Tank vollzumachen, ist eine Wette darauf, dass neue Sanktionen kommen und die Preise noch weiter steigen“, sagt Rohstoff-Analyst Ulrich Leuchtmann. „Ich würde nicht dazu raten, sich jetzt 20 Literkanister mit Kraftstoff in den Keller zu stellen.“