San Francisco An vielen Schulen und Hochschulen ist das KI-basierte Textprogramm ChatGPT verboten. Einige fürchten gar, dass die Künstliche Intelligenz vor allem genutzt werden könnte, um bei Hausaufgaben und Prüfungen zu betrügen.
OpenAI-Gründer Sam Altman ist da ganz anderer Meinung: Die Potenziale für Schule und Bildung seien besonders groß, sagt der Unternehmer, dessen Unternehmen mit ChatGPT den Hype um die Künstliche Intelligenz neu entfacht hat.
Vor allem Start-ups wollen die neue Technologie nutzen, um das Lernen leichter machen zu können. Christian Byza hat dafür in San Francisco das Start-up Learn.xyz gegründet. Bei Learn.xyz können Nutzerinnen und Nutzer nahezu jedes Thema eintippen, und das System generiert eine passende Schulungseinheit. Texte, Bilder und Übungsaufgaben werden von KI-Systemen erstellt.
„Um Fehler zu vermeiden, prüfen sich mehrere KI-Systeme gegenseitig“, sagt Gründer Byza, der vorher für das Karrierenetzwerk LinkedIn tätig war. Menschen prüfen die erstellten Lerneinheiten. Texte erhält das Start-up aus den KI-Systemen von OpenAI und vom Facebook-Konzern Meta. Bilder kommen vom System Openjourney. „Lernen soll nicht langweilig sein. Wir wollen mit Spaß das Allgemeinwissen verbessern“, sagt Byza.
Für ihr Projekt haben Byza und sein Team zuletzt drei Millionen Dollar von Investoren eingesammelt. Mittelfristig will die Firma auch Lehrinhalte für Firmen anbieten, die Mitarbeitende fortbilden wollen. Das System sei in der Lage, auch spezifische Firmeninhalte zu nutzen und zu vermitteln.
Weltweit sind es vor allem jüngere Nutzerinnen und Nutzer, die ChatGPT verwenden. Laut einer weltweiten Erhebung von Enterprise Apps Today ist mehr als ein Drittel der Nutzer im Alter von 25 bis 34 Jahren. Zudem sind nur rund ein Drittel der Nutzer weiblich, während zwei Drittel männlich sind.
ChatGPT beschert Bildungsfirma Chegg Börsencrash
Schülerinnen und Schüler gehörten zu den Ersten, die den Nutzen von KI-Textrobotern wie ChatGPT erkannt haben. Mithilfe von KI-Tools lassen sich Hausaufgaben innerhalb von Sekunden erledigen. Lehrer bezweifeln immer öfter, ob Aufgaben noch von Schülerinnen und Schüler erledigt wurden, oder doch von KI-Assistenten. Der Schulverbund von New York, der größte öffentliche Schulverbund der Vereinigten Staaten, hat ChatGPT auf allen Geräten verboten und den Zugriff aus Schulen blockiert.
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Auch viele Unternehmen sind verunsichert. Der Bildungskonzern Chegg aus Kalifornien bietet unter anderem Hausaufgabenhilfe an. Gegenüber Analysten im Mai räumte CEO Dan Rosensweig ein, dass die Nutzerzahlen zuletzt zurückgegangen seien, weil immer mehr Schüler lieber ChatGPT als den kostenpflichtigen Dienst von Chegg nutzen.
Daraufhin hatte sich der Börsenwert von Chegg halbiert und sich bis heute kaum erholt. Zur Hochphase der Coronapandemie waren die Papiere von Chegg mehr als 100 Dollar wert. Zuletzt rangierten sie bei rund zehn Dollar.
KI-Start-up Synaptiq will Ärzte fortbilden
Dabei könnte die Künstliche Intelligenz helfen, Wissen zu vermitteln, sagen Experten. Die Technologie habe das Potenzial, hochwertige Bildung zu nahezu allen Menschen der Welt zu bringen, sagte kürzlich der Professor für Bildungstechnologie an der Stanford Universität in Palo Alto, Daniel Schwartz.
Ryan Phelps kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Für seine medizinische Zulassungsprüfung an der University of California in San Francisco hat er Künstliche Intelligenz zur Vorbereitung genutzt. „Ich habe als einer der Besten meines Jahrgangs bestanden“, sagte Phelps. Sein System will er nun anderen Ärzten zugänglich machen und hat dafür das Start-up Synaptiq gegründet.
Bücher als Lerngrundlage seien heute oft veraltet. „Künstliche Intelligenz kann ganz gezielt Wissenslücken erkennen und füllen“, sagt Phelps. Er und seine Co-Gründer werden mit ihrem Unternehmen von der renommierten Start-up-Schmiede Y Combinator unterstützt.
App Studdy: Foto von Matheaufgabe liefert Lösungsweg
Das Start-up Studdy hilft Schülern dabei, Matheaufgaben zu lösen. Bislang ist die App nur für Smartphones verfügbar. Nutzer können die Matheaufgabe fotografieren. Das KI-System analysiert die Aufgabe und erklärt den Lösungsweg Schritt für Schritt.
„Unsere App ist erst seit vier Wochen verfügbar, aber wir haben schon 34.000 Lerneinheiten erstellt“, sagt Gründer Michael Lam. Noch konzentriere sich das Team auf Matheaufgaben. Ziel sei es aber, Studdy zu einem KI-Assistenten zu machen, der Schüler durch ihre gesamte Schulzeit begleitet.
„Wir werden alles bieten – von Hausaufgaben über Klausurvorbereitungen bis hin zur Vorbereitung auf ein Uni-Studium“, sagt Lam. Wie Synaptiq wird auch Studdy vom Y Combinator unterstützt.
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Das Start-up Flint will dagegen den Datenschutz mithilfe von KI verbessern Die Firma will einen Zugang zum Textroboter ChatGPT ermöglichen, bei dem alle Daten sicher sind. OpenAI, die Firma hinter ChatGPT, nutzt eingegebene Daten, um ihre Algorithmen zu trainieren. Für Schüler sei das Portal damit kaum nutzbar, ohne persönliche Daten preiszugeben, sagt Flint-Gründer Sohan Choudhury. Sein Start-up schaltet sich dazwischen.
Choudhury richtet sich mit seinem Angebot an Schulen. Sie sollen Zugang zu den leistungsstärksten KI-Modellen von OpenAI bekommen, dabei aber volle Kontrolle darüber haben, was ihre Schüler machen. Daten seien so sicher. Zu den ersten Partnern des Start-ups zählen Privatschulen aus US-Bundesstaaten wie Hawaii, Pennsylvania und Georgia.