Aktuell ist die Volkswirtin Vizepräsidentin der Bundesbank.
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Frankfurt Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch muss im Rennen um den Posten des obersten EZB-Bankenaufsehers einen Rückschlag hinnehmen. Nach einer informellen Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments (ECON) sprachen sich die Koordinatoren der Fraktionen für Buchs spanische Konkurrentin Margarita Delgado aus, wie mehrere Insider dem Handelsblatt sagten. Politico, Reuters und der Platow Brief haben ebenfalls darüber berichtet.
Ausschlaggebend sei Delgados lange Erfahrung in der Bankenaufsicht. Die Ausschussvorsitzende Irene Tingali soll das Meinungsbild bereits in einem Gespräch mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde zum Ausdruck gebracht haben. Außerdem wird sie ihr dazu noch einen Brief schreiben. EZB und Bundesbank wollten sich dazu nicht äußern.
Die Entscheidung des ECON-Ausschusses ist ein deutlicher Fingerzeig, bedeutet aber nicht automatisch das Aus für Buch. Die Entscheidung über die Personalie fällt im EZB-Rat.
Dieser wird voraussichtlich auf der geldpolitischen Sitzung am 14. September darüber abstimmen. Lagarde hat Insidern zufolge große Sympathien für Buch. Sollte sich der EZB-Rat für die Deutsche entscheiden, müsste sich Lagarde aber auf Kritik aus dem EU-Parlament einstellen.
Bereits vor fünf Jahren hatte es Proteste gegeben. Damals hatten sich mehrere Parlamentarier in einem öffentlich gewordenen Brief für die Irin Sharon Donnery ausgesprochen. Am Ende entschied sich der EZB-Rat aber für den Italiener Andrea Enria.
Proporz-Gründe könnten den Ausschlag geben
Eine wichtige Rolle spielte damals Lagardes Amtsvorgänger Mario Draghi. Er wollte, dass Donnerys Landsmann Philip Lane neuer EZB-Chefvolkswirt wird. Da eine Nominierung Donnerys dies aus Proporzgründen möglicherweise gefährdet hätte, soll er Enria unterstützt haben.
Auch bei Enrias Nachfolge könnten Proporz-Gründe wieder eine Rolle spielen: Der für Finanzstabilität zuständige EZB-Vizepräsident Luis de Guindos und der Chef der Europäische Bankenaufsichtsbehörde, José Manuel Campa, sind ebenfalls Spanier. Campas Amtszeit läuft allerdings im nächsten Jahr aus.
Die Bundesregierung hat sich – anders als das spanische Wirtschaftsministerium – bisher nicht öffentlich zu Buchs Kandidatur geäußert. Berlin hat ihre Bewerbung zwar unterstützt. Insider haben aber Zweifel, ob die Bundesregierung alle Hebel in Bewegung setzen würde, damit sie den Posten bekommt.
Manche Beteiligte argumentieren auch, dass bei einem Erfolg Buchs Deutschlands Chancen schwinden würden, 2027 einen Nachfolger für EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu nominieren.
Hinzu kommt, dass es auch in der Finanzbranche Vorbehalte gegen Buch gibt. Einige Banker und Bankenaufseher sind der Ansicht, dass Delgado besser geeignet wäre, weil sie mehr Erfahrung als Bankenaufseherin hat.
Unterstützer von Buch räumen ein, dass sie sich in die mikroprudenziellen Themen der Bankenaufsicht erst einarbeiten müsse. Sie sei jedoch eine sehr intelligente Frau, die das locker hinkriegen würde.
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