Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
es ist das Ende einer Woche, in der alles wirken sollte wie normal, an der aber nichts wirklich normal war. Jedenfalls nicht im Bankensektor und schon gar nicht in der Schweiz. Überall, von Berlin über Zürich bis nach New York und Washington, schienen all jene, denen der Finanzmarkt zuhört, ein bizarres Schauspiel der Normalität aufzuführen – um ja nicht noch mehr kaputt zu machen.
Denn rund um den Globus herrscht mittlerweile die bittere Erkenntnis vor, dass einige Banken die Stabilität eines Kartenhauses haben, das bei jeder noch so kleinen Erschütterung zusammenbrechen könnte. Wie viele dieser fragilen Häuser es gibt, weiß man erst, wenn es zu spät ist. Doch klar ist mittlerweile: Die Stabilität im Finanzsektor ist eine Illusion – das haben die beinahe Zusammenbrüche der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse gezeigt.
Der große Handelsblatt-Wochenendtitel beschäftigt sich heute ausführlich mit der Frage, wie ein Bankensystem gestaltet sein müsste, damit es nicht immer wieder zu Krisen wie der jetzigen kommt. Am Ende der großen Analyse stehen vier ganz konkrete Empfehlungen dazu, wie das Kartenhaus des globalen Finanzsystems wieder ein solides Fundament bekommen könnte.
Das Ergebnis der Ereignisse in der vergangenen Woche war die Notgeburt eines Kolosses. Die Schweizer Großbank UBS kaufte ihre größte Konkurrentin, die Credit Suisse und schuf sich somit selbst eine Bilanzsumme doppelt so groß wie die Wirtschaftsleistung der Schweiz.
Dabei stand die UBS vor rund 15 Jahren am Rande der Existenzvernichtung und konnte nur durch die Intervention der Schweizer Nationalbank gerettet werden. Doch ein radikaler Kurswechsel weg vom Risiko hin zu mehr Stabilität brachte dem Traditionshaus wieder wirtschaftliche Erfolge.
Jetzt steht bei der UBS die wohl größte Herausforderung der vergangenen Jahre an – nach der Übernahme den einstigen Konkurrenten Credit Suisse in die eigenen Strukturen einzugliedern. Dabei ist die Schweizer Nummer eins zum Erfolg verdammt, denn ihr Scheitern hätte katastrophale Folgen – nicht nur in der Schweiz.
Doch am späten Donnerstagabend wurden bereits schlechte Nachrichten für die Großbank bekannt: US-Behörden überprüfen einem Medienbericht zufolge unter anderem die Credit Suisse und UBS im Zusammenhang mit etwaigen Hilfen für russische Oligarchen bei der Umgehung von Sanktionen.
Fazit: Der neue Schweizer Koloss muss sich wohl erstmal mit der Vergangenheit beschäftigen, bevor er sich voll und ganz der Zukunft widmen kann.
Krise, welche Krise? Die Frage kann man sich mit Blick auf die Bilanzen der Dax-Konzerne stellen, die mittlerweile veröffentlicht sind. Mit 117 Milliarden Euro Nettogewinn haben die 40 Unternehmen 2022 ihr zweitbestes Ergebnis der Geschichte eingefahren.
Doch vieles spricht dafür, dass der wirtschaftliche Höhenflug vorbei sein könnte. Schon Ende des vergangenen Jahres deutete sich mit einem Gewinnrückgang von zehneinhalb Prozent ein beginnender Sinkflug an, der sich in diesem Jahr noch fortsetzen dürfte. Mathieu Meyer, Partner bei der Unternehmensberatung EY, prognostiziert: „2023 wird ganz im Zeichen einer hohen Inflation, hoher Zinsen und erheblicher geopolitischer Spannungen stehen.“
Neben diesen Problemen wird sich wohl auch die Bankenkrise negativ auf die Gewinne der Konzerne auswirken. Denn dadurch bestehen größere Risiken für die Finanzmarktstabilität, die sich auch auf die Realwirtschaft auswirken könnten. Bisher ist das zwar noch nicht eingetreten, doch die Unsicherheit über die Zukunft ist auch im Dax deutlich zu spüren.
Es ist ein Merkmal unserer vernetzten Welt, dass ein Ereignis auf einem Kontinent enorme Auswirkungen auf Menschen auf einem ganz anderen Kontinent haben kann. Wer hätte zum Beispiel noch 2019 gedacht, wegen eines Wildtiermarktes im chinesischen Wuhan einmal sehr viel Zeit im eigenen Wohnzimmer verbringen zu müssen.
Doch in diesem Kapitel soll es nicht um das Coronavirus gehen, sondern um das kleine Städtchen Port Arthur im US-Bundesstaat Texas, das wegen dem Ende der russischen Energieexporte in viele Länder einen regelrechten Boom erlebt. Bauarbeiter zimmern Häuserblöcke in der fast verwaisten Innenstadt zusammen, denn ganz in der Nähe steht eine Anlage des größten US-Flüssiggaskonzerns Cheniere, bei dem momentan viele Menschen Arbeit finden.
Während in Deutschland das amerikanische Flüssiggas die Menschen davor bewahrt, zu frieren, verschafft es in den USA einer ganzen Region neuen Aufschwung. Handelsblatt-US-Korrespondentin Katharina Kort hat sich den Boom rund um den Energieexport genauer angesehen. Im Zentrum ihres Berichts steht die Kleinstadt Port Arthur, die mittlerweile die Neueröffnung von Restaurants und Kinos plant.
Zum Abschluss bleiben wir noch kurz in den USA. Dort schafft es ein Thema derzeit, die sonst so zerstrittenen Republikaner und Demokraten zu einen: ein mögliches Verbot der chinesischen Videoplattform Tiktok. Denn in Washington gibt es Bedenken, dass die chinesische Regierung über Tiktok Daten beschlagnahmen oder Fehlinformationen verbreiten könnte.
Um diese Sorgen zu beschwichtigen, war der CEO des Unternehmens, Shou Zi Chew, in die USA gereist. Doch die Aktion ging gehörig nach hinten los. Bald werde es nicht mehr möglich sein, sensible Nutzerdaten in den USA aus China abzurufen, versprach er zwar, fügte dann aber kleinlaut hinzu: „Heute gibt es noch einige Daten, die wir löschen müssen.“
Eine rhetorische Taktik, von der sich Tiktok-Nutzer durchaus etwas abschauen können. Wenn ein Teenager gefragt wird, ob er sein Zimmer aufgeräumt hat, sollte die Antwort lauten: „Bald wird mein Zimmer ordentlich sein. Heute gibt es noch einige Dinge, die aufgeräumt werden müssen.“
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag, an dem Sie nichts auf später verschieben.
Ab Montag begrüßt Sie in gewohnter Manier und Qualität an dieser Stelle wieder mein geschätzter Kollege Christian Rickens.
Herzliche Grüße
Ihre
Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt