Frankfurt Der Desinfektionsmittelhersteller Schülke wird Finanzkreisen zufolge von seinem Eigentümer aus der Private Equity für einen Verkauf vorbereitet. Der Finanzinvestor EQT hat die Investmentbank Bank of America beauftragt, Optionen für die rund 1,5 Milliarden Euro schwere Firma zu prüfen, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten.
Schülkes Geschäft war während der Covid-Pandemie stark gewachsen, EQT ist selbst erst seit 2020 Eigentümer. Als mögliche Käufer gelten vor allem andere Finanzinvestoren. EQT und die Bank of America lehnten Stellungnahmen ab. Das Unternehmen aus Norderstedt bei Hamburg selbst war zunächst nicht erreichbar.
Ob der Verkaufsprozess noch vor der Sommerpause starten kann, ist aktuell unklar: Das herausfordernde Finanzierungsklima an den Märkten erschwert die Kreditsuche für potenzielle Interessenten.
Unter der Ägide von EQT hat Schülke sein Betriebsergebnis (Ebitda) in etwa verdoppelt, auf erwartete rund 100 Millionen Euro in diesem Jahr. Der Umsatz liegt bei etwa 400 Millionen Euro, die Beschäftigtenzahl bei mehr als 1250.
Bei einem Verkauf könnte Schülke mit mehr als dem 15-Fachen seines Ebitda bewertet werden, sprich gut 1,5 Milliarden Euro, hieß es in Finanzkreisen. Wettbewerber Ecolab handelt an der Börse zum 17-Fachen seines erwarteten Ebitda.
Mit Sagrotan gestartet, dann die Marke verkauft
Schülke verkauft zum einen Endkunden-Produkte wie die Hautdesinfektionsmittel der Marke Octenisept. Teils des Geschäfts sind aber auch Infektionspräventionsmittel für den medizinischen Bereich oder für die pharmazeutischen Industrie und Lebensmittelverarbeitungsbetriebe.
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Die Firma Schülke & Mayr wurde 1889 in Hamburg als einer der ersten Desinfektionsmittelhersteller gegründet und verkaufte ab 1913 Produkte unter der Marke Sagrotan. Ab 1966 war Schülke Teil verschiedener Konzerne – erst von den US-Firmen Sterling Drug und Eastman Kodak, dann der britischen Reckitt & Colman (heute Reckitt Benckiser) und ab 1996 vom französischen Gase-Konzern Air Liquide. Die Marke Sagrotan ging 1997 an den Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser.
Air Liquide beschloss kurz vor Ausbruch der Pandemie die nicht mehr zum Kerngeschäft zählende Tochter abzugeben und verkaufte Schülke 2020 für gut 900 Millionen Euro an EQT. Unter der Ägide des Private Equity Eigentümers verkaufte Schülke dann 2021 sein Geschäft mit Körperpflegeprodukten für 262 Millionen Euro an den amerikanischen Chemiekonzern Ashland.
Nach langen Boom-Jahren der Private Equity hat sich der Markt für Firmenkäufe durch Finanzinvestoren zuletzt deutlich abgekühlt. Bei diesen Deals kaufen Beteiligungsfonds Konzernteile oder Mittelständler, bauen sie um und verkaufen sie nach mehreren Jahren weiter oder bringen sie an die Börse.
Doch die rasante Zinswende der Notenbanken hat in der Branche große Folgen. Fremdkapital für solche Deals ist nur noch schwer zu bekommen oder nur zu Konditionen, die es den Finanzinvestoren schwer machen, die erwünschten Renditen von um die 25 Prozent zu erreichen.
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