Frankfurt Auch nach der ungewöhnlich scharfen Rüge durch die Finanzaufsicht Bafin dürfen die Kunden der Postbank wohl nicht auf eine schnelle Beseitigung aller Mängel hoffen. „Bis spätestens Ende des Jahres soll sich die Situation in allen betroffenen Bereichen normalisieren“, sagte ein Sprecher der Konzernmutter der Deutschen Bank. In Finanzkreisen heißt es, dass das Geldhaus zwar auf kontinuierliche Verbesserungen hoffe, dass es aber noch Monate dauern werde, bis sich der Normalbetrieb wieder sicherstellen lasse.
Am Montagabend hatte die Bafin die Deutsche Bank wegen massiver Probleme bei ihrer Privatkundentochter Postbank gerügt. Die Aufseher beobachten „seit dem Jahreswechsel 2022/2023 „erhebliche Beeinträchtigungen bei der Abwicklung des Kundengeschäfts bei der Postbank“. Die Finanzaufsicht droht der Bank deshalb mit „aufsichtlichen Maßnahmen, wenn diese angezeigt sind“.
Denkbar ist, dass die Bafin erneut einen Sonderbeauftragten in die Bank schickt, Bußgelder verhängt oder das Neugeschäft begrenzt. Außerdem hatte die Bafin die Bank aufgefordert, „die Einschränkungen im Kundenservice schnellstmöglich abzustellen“.
Finanzkreisen zufolge ist eine hohe vierstellige Zahl an Nutzern von den Schwierigkeiten betroffen. Insgesamt zählt die Postbank zwölf Millionen Kunden. Deutschlands größtes Geldhaus hatte die Postbank-Klienten in mehreren Schritten auf die technischen Plattformen der Deutschen Bank gezogen.
„Erfolgreicher Abschluss“
Seither kämpfen zahlreiche Nutzer mit Problemen. Viele konnten sich nicht mehr einloggen, ihre Umsätze wurden nicht angezeigt und die telefonische Hotline des Instituts war oft nicht erreichbar.
„Trotzdem haben wir in einigen Serviceprozessen Bearbeitungsdauern, die unseren Ansprüchen nicht gerecht werden.“ Lars Stoy, Chef der deutschen Privatkundensparte
Anfang Juli hatte die Bank noch von einem „erfolgreichen Abschluss“ der Integration gesprochen und sich selbst für eines der „größten und komplexesten IT-Migrationsprojekte im europäischen Bankensektor“ gelobt.
Jetzt heißt es in Finanzkreisen, dass nicht die eigentliche IT-Umstellung das Hauptproblem sei, sondern die dahinterliegenden Prozesse und Kundenservices, die zum Bereich Operations gehören. Ein Insider spricht von einer „groben Fehleinschätzung, was die nötigen Ressourcen für das Handling der Umstellung angeht“.
„Wir arbeiten daran, die Situation so schnell wie möglich wieder zu verbessern“, hatte Lars Stoy, der Chef der deutschen Privatkundensparte, Anfang der Woche betont. Er räumte aber auch ein: „Trotzdem haben wir in einigen Serviceprozessen Bearbeitungsdauern, die unseren Ansprüchen nicht gerecht werden.“ Zu diesem Zeitpunkt sprach der Manager noch von „einigen Wochen, bis sich die Lage in den betroffenen Bereichen wieder normalisiert“ habe.
Zusätzliche Ressourcen
Auf die Probleme reagiert das Institut mit zusätzlichen Kapazitäten, wie ein Sprecher der Deutschen Bank nun betonte: „Wir haben in den vergangenen Wochen unsere Service-Teams um mehrere hundert Mitarbeitende aufgestockt und werden diese noch weiter ausbauen.“
Der frühere Credit-Suisse-Manager ist ein Freund schneller Entscheidungen und will sich konsequent von allem trennen, was nicht zur künftigen Strategie der Sparte passt.
(Foto: Deutsche Bank)
Inzwischen würden auch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen helfen, um die Situation bei der Postbank zu verbessern. In Finanzkreisen heißt es allerdings, dass sich die Abarbeitung der aufgelaufenen Fälle trotz dieser Maßnahmen nur begrenzt beschleunigen lasse.
Die massiven Probleme bei der Postbank sind auch für Stoy persönlich eine Hypothek. Er leitete die Postbank jahrelang, bevor er die Verantwortung für das gesamte Privatkundengeschäft der Deutschen Bank übernahm.
Zudem werfen die hartnäckigen Probleme bei der Postbank die Frage auf, wie erfolgreich Stoys Vorgesetzter, der neue Privatkundenvorstand Claudio de Sanctis, seine Pläne umsetzen kann, das Massenkundengeschäft in der Privatkundensparte zu digitalisieren.
Rückstau bei Pfändungskonten
Die harsche Rüge der Bafin entwickelt sich zusehends auch zur Belastung für den Börsenkurs der Deutschen Bank. Innerhalb einer Woche hat die Aktie knapp sechs Prozent an Wert verloren.
Am Montagabend hatte die Bafin die Bank wegen massiver Probleme bei ihrer Privatkundentochter Postbank gerügt.
(Foto: IMAGO)
Besonders prekäre Fälle will die Bank so schnell wie möglich abarbeiten. Insbesondere bei der Einrichtung und Verwaltung von sogenannten Pfändungsschutzkonten gebe es erhebliche Beeinträchtigungen, „die für die Kunden teils massive Auswirkungen haben“, hatte die Bafin moniert. Hochverschuldete Menschen haben Anspruch auf ein Pfändungsschutzkonto, das einen bestimmten monatlichen Freibetrag vor dem Zugriff vor Gläubigern schützt.
Bei der Freigabe solcher Guthaben kam es bei der Postbank aber gehäuft zu massiven Verzögerungen. Für die Inhaber von Pfändungsschutzkonten ist das gravierend, da sie sich meist in einer finanziell prekären Lage befinden und die Freiguthaben häufig ihre einzigen finanziellen Mittel darstellen.
Eine technische Lösung soll nun verhindern, dass sich der Rückstau bei der Bearbeitung dieser Fälle noch verlängert. „Durch neue Software-Lösungen können wir neue Aufträge zur Aufhebung von Pfändungen zum überwiegenden Teil automatisiert bearbeiten“, erläuterte der Sprecher. Nach Informationen des Handelsblatts summiert sich die Zahl der offenen Fälle bei Pfändungskonten derzeit auf rund 3500. Die Deutsche Bank wollte diese Zahl nicht kommentieren.
Am Dienstag hatte Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Ramona Pop die Bafin zu einer klaren Ansage gegenüber der Postbank aufgefordert. Die Aufsicht solle deutlich machen, dass „Verbraucherinnen und Verbraucher eine unkomplizierte Kompensation für ihre Schäden erwarten“.
In Finanzkreisen heißt es, dass die Bank Schadenersatzforderungen wie üblich prüfen werde. Kunden, die nachweisen könnten, dass ihnen wegen der Ausfälle und Verzögerungen bei der Postbank ein finanzieller Schaden entstanden sei, würden entschädigt.
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